Amyris

Amyris Homme 2012 Eau de Toilette

Hektor
12.02.2017 - 12:18 Uhr
10
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft

Ein Duft im unteren Bewertungssegment? Das MUSS was für mich sein!

Was ich mich in all den Stunden, die ich in meinem Leben bislang hier verbracht habe, verbringe und noch verbringen werde, immer wieder frage, ist, warum manches Parfüm hier dermaßen über den grünen Klee gelobt wird. Ich könnte Unmengen von Düften aufzählen, die ich voller Vorfreude als Abfüllung oder, weil es ihn gerade günstig zu erwerben gab, als Blindbuy im Flakon besorgt habe und die dann nichts als eine einzige Enttäuschung waren.

Fast immer blieb ich mit einem ratlosen Gesicht zurück. Liegt es am vielen Kaffee, den andere trinken, ich aber nicht? Oder rauchen sie so viel und haben daher eine getrübte Wahrnehmung? Wer weiß?

Ich!

Denn das Rauchen beeinträchtigt ebenso wie der übermäßige Verzehr von Kaffee maßgeblich die Hautrezeptoren, Geschmacksnerven und damit auch das Riechorgan. Das ist wissenschaftlich erwiesen! Die Lehren, die ich daraus gezogen habe, sind, dass

die meisten Sachen, die andere über die Maßen toll finden, für mich nichts sind und
die meisten Sachen, die andere schlecht oder durchschnittlich finden, mir sehr gefallen.

Damit wären wie bei Amyris, einem Duft, der beim Durchschnittsparfumo ganz im Schatten der "großen Würfe" des Hauses steht: Eine magere 7.4 bei 116 Bewertungen (Stand: 12.02.2017, 17:22 Uhr). Wer in klassischen Schwarmintelligenz-Systemen denkt und nach Algorithmen sein Handeln ausrichtet, wird denken: Uiuiui, das ist bestimmt ein ganz übles Wässerchen. Und dann das Smartphone weglegen, aber vorher noch schnell über Spotify ein wenig Charts hören. "Herrlich, diese tolle Musik! Wenn die in den Charts ganz oben ist, muss es ja schließlich so sein." Und dazu dann ordentlich Interlude Man auflegen. "Hach, wie ist das schön. Der Duft hat eine Durchschnittsnote von 8.1 bei 315 Bewertungen (Stand: 12.02.2017, 17:32 Uhr), also MUSS der gut sein. Nicht wahr, Schatz? Warum bist du denn auf einmal so blass? Einen Moment, Schaaatz! Ich lege gleich noch was nach!"

Nachlegen sollte man allerdings, doch bei Amyris rümpft der durchschnittliche Parfumo unverständlicherweise die Nase. Dabei ist Amyris für mich eine der besten Kreationen aus dem Hause Kurkdjian.

Im Auftakt entfaltet sich Amyris für mich wunderbar süß-mandarinig. Die Kopfnote lässt zudem schon leicht freundliches Holz erahnen, das aber erst später in der Basis so richtig zur Geltung kommen wird. Zudem schlägt hier ebenfalls schon der Duft der namensgebenden Blüte der Amyris schön durch, die gleich der Holznote dem gesamten Duftverlauf ihren Stempel aufdrückt. Diese Phase dauert bei mir ziemlich lange an, jenseits der zwei bis drei Stunden und ich würde den Duft bislang als fruchtig-blumig-süß einordnen.

Was mich ein wenig wundert, ist der in der Pyramide fett gedruckte Hinweis auf Iris. Wenn hier wirklich Iris drin sein soll, dann nur in winzig kleiner Dosis. Den Duft der Iris habe ich bislang immer ganz anders wahrgenommen, zumeist verleiht er Düften in kleinerer Beigabe wohl eine gewisse "Pudrigkeit". Der als Iris-Referenz gehypte und wohl hauptsächlich danach duftende "Iris Silver Mist" von Serge Lutens roch für mich jedoch nicht pudrig, sondern wieder ganz anders. Ein irgendwie muffig-karottiger, für mich nicht tragbarer Konzeptduft und alles andere als schön und anschmiegsam.

Die Adjektive "schön" und "anschmiegsam" passen ja auch viel besser zu Amyris. Nach der oben beschriebenen Phase, wobei nahezu die gesamte Pyramide einer verlängerten Kopf- und Herznote (hier vor allem Amyrisnote) gleicht, kommen langsam mehr und mehr die Hölzer aus der Basis durch. Ich tue mich aber schwer damit zu sagen, was stattdessen in den Hintergrund tritt; am ehesten noch die Mandarine. Es ist also eher die Gesamtheit der eben von mir beschriebenen Duftnoten, die sich zu Gunsten der Holznote zurückzieht, allerdings nur ein bisschen. Man könnte auch sagen, dass der Duftverlauf im Ganzen ziemlich eindimensional ist, wobei die Basisnote "Hölzer" mit der Zeit dominanter wird. Hier wäre der Duft für mich süß-blumig-fruchtig-holzig.

Nach fast acht Stunden kann ich den Duft kaum noch wahrnehmen, aber er ist definitv immer noch da. Die Sillage ist in den ersten Stunden so, dass man gut wahrgenommen wird, allerdings nicht raumfüllend. Sie ist also ganz so, wie ich es gern habe.

Amyris ist für mich die gute Sommerlaune im Flakon, ein perfekter Begleiter für Tage mit 20° aufwärts. Wer Amyris also noch nicht unter der Nase hatte, darf gerne einmal testen. Gerade in Zeiten, in denen man einem der berühmtesten Armenier nachsagt, er erfinde das Rad auch nicht immer neu und mache nur noch so "lala"-Sachen (Stand: 12.02.2017, 18:15 Uhr).
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