10.02.2019 - 17:40 Uhr
Anarlan
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Anarlan
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39
Der Mensch im Tier
Mit Inbrunst zu stinken und aneinander herumzuschnüffen ist dem Tier erlaubt, der Mensch, der sich für kultiviert hält untersagt jedoch sich und seinen Zeitgenossen dieses animalische Vergnügen.
Ende der Neunziger traf ich auf einer Party an der Ostküste eine überkandidelte ältere Amerikanerin, die mir mit offensichtlich wohligem Grausen von ihren Europareisen in den Sechzigern und Siebziger erzählte. Sie fand es ungemein amüsant, mir augenrollend davon zu berichten, wie smelly und funky die Europeans aus ihrer Sicht damals gerochen hätten. Das war mir gegenüber nicht nur unsensibel, sondern traf mich irgendwie auch persönlich. In den Neunzigern waren die globalen Standards der Körperhygiene mittlerweile so vereinheitlicht, dass zumindest bei den meisten Mitmenschen körperliche Produkte ihrer Duftdrüsen - und davon hat der Mensch relativ gesehen mehr als jedes andere Säugetier - täglich zuverlässig weggeduscht und wegdesodoriert wurden, von individuellen Abweichungen mal abgesehen. Auch gehörte der Gebrauch von Parfüm zur täglichen Körperhygiene, und für mich war es eigentlich selbstverständlich, täglich - sparsam - zum Flakon zu greifen.
Aber da liegt der stinkende Hund ironischerweise begraben.
Mit der Herstellung von Parfüm hat der Mensch einen listigen und ästhetischen Weg gefunden, seine archaischen Düfte in raffiniert transformierter Form als Kulturprodukt zu präsentieren und seine Lust an körperlichen und sexuellen Gerüchen in gesellschaftlich akzeptierter Weise zu befriedigen. Nach Schweiß zu stinken ist shocking, ein Parfüm zu benutzen, das auf geschickte Weise Wohlgeruch mit schwitzigem Untenrum verbindet - und keiner merkt´s! - kann hingegen von nämlichen Sauberkeitsaposteln als totally amaaaaazing empfunden werden.
Glaubt man gefühlten achtundachzig Prozent der Kommentare und Statements auf Parfumo, hat man in APLS ein Ausbund an sinnlicher Unerhörtheit und Animalik vor sich.
Ich nehme das nicht so wahr. Dazu sei gesagt, daß ich in letzter Zeit den Spaß hatte, ein paar extremere Vertreter der Gattung „animalische Düfte“ kennen zu lernen, die diese Bezeichnung vollumfänglich verdienen, den Spendern sei Dank. Insofern ist meine Wahrnehmung da wahrscheinlich kein geeigneter Maßstab. Fakt aber ist: In APLS gibt es keine Piselkatze, keine schmalzigen Tiersekrete, kein heisser schwitziger Moschusatem, kein feuchtes dampfendes wildes Zotteltier, keine indolischen Verdauungsprodukte jedweder Art. Es gibt hingegen Cumin aka Kreuzkümmel, staubig trocken, massiv würzig, hart, so trocken, dass es mir im Hals kratzt. Cumin wird individuell sehr unterschiedlich wahrgenommen, manche erinnert es stark an Schweissgeruch, mir geht das nicht so. Ein bisschen schweissiger finde ich seinen Einsatz im hier ebenfalls hochgelobten Lumière Noire pour Homme von MFK, aber auch nicht wirklich so, dass die Bezeichnung „Schweissgeruch“ auch nur ansatzweise gerechtfertigt wäre. Bei APLS wird über diese ganze Schüssel voll staubig zermahlenem Kreuzkümmel in Unmengen Honig gegossen, waldiger, harziger, herbsüßer Honig. Dazu vanillig süßes Benzoeharz, was ich in Düften häufig gut erkenne. Die Geschichte dazu ist, dass Benzoetinktur aufgrund ihrer wundheilenden und hautpflegenden Eigenschaften früher in Südamerika bei bestimmte chirurgische Verbände verwendet wurden, was ich im Rahmen eines viele Jahre zurück liegenden beruflichen Austauschs, der fast ein Jahr dauerte kennen lernen durfte. Den Geruch der Benzoetinktur habe ich geliebt und nie wieder vergessen. In APLS veranstaltet die Verbindung von Honig mit Benzoeharz im Kontrast zum staubig trockenen Cumin ein lautstarkes Duett, das seinen Reiz hat, die übrigen Bestandteile sehe ich eher untergeordnet. Ich nehme das bestenfalls als eine abstrakte Art von Schein-Animalik wahr, die aus dem Kontrast von süß-honigartig-weich und scharf-trocken-hart entsteht. Das Endprodukt - in minimalen Mengen dosiert - ist ordentlich kuschelig und anziehend, aber mir fehlt ein wenig die Rafinesse, die womöglich das Cologne pour le Soire besitzt, ich kenne es leider noch nicht. APLS ist zweifellos attraktiv, recht laut, für mich nur bedingt animalisch, aber das ist denke ich stark von der eigenen Wahrnehmung abhängig.
Ich danke Ergoproxy für die Probe.
Ende der Neunziger traf ich auf einer Party an der Ostküste eine überkandidelte ältere Amerikanerin, die mir mit offensichtlich wohligem Grausen von ihren Europareisen in den Sechzigern und Siebziger erzählte. Sie fand es ungemein amüsant, mir augenrollend davon zu berichten, wie smelly und funky die Europeans aus ihrer Sicht damals gerochen hätten. Das war mir gegenüber nicht nur unsensibel, sondern traf mich irgendwie auch persönlich. In den Neunzigern waren die globalen Standards der Körperhygiene mittlerweile so vereinheitlicht, dass zumindest bei den meisten Mitmenschen körperliche Produkte ihrer Duftdrüsen - und davon hat der Mensch relativ gesehen mehr als jedes andere Säugetier - täglich zuverlässig weggeduscht und wegdesodoriert wurden, von individuellen Abweichungen mal abgesehen. Auch gehörte der Gebrauch von Parfüm zur täglichen Körperhygiene, und für mich war es eigentlich selbstverständlich, täglich - sparsam - zum Flakon zu greifen.
Aber da liegt der stinkende Hund ironischerweise begraben.
Mit der Herstellung von Parfüm hat der Mensch einen listigen und ästhetischen Weg gefunden, seine archaischen Düfte in raffiniert transformierter Form als Kulturprodukt zu präsentieren und seine Lust an körperlichen und sexuellen Gerüchen in gesellschaftlich akzeptierter Weise zu befriedigen. Nach Schweiß zu stinken ist shocking, ein Parfüm zu benutzen, das auf geschickte Weise Wohlgeruch mit schwitzigem Untenrum verbindet - und keiner merkt´s! - kann hingegen von nämlichen Sauberkeitsaposteln als totally amaaaaazing empfunden werden.
Glaubt man gefühlten achtundachzig Prozent der Kommentare und Statements auf Parfumo, hat man in APLS ein Ausbund an sinnlicher Unerhörtheit und Animalik vor sich.
Ich nehme das nicht so wahr. Dazu sei gesagt, daß ich in letzter Zeit den Spaß hatte, ein paar extremere Vertreter der Gattung „animalische Düfte“ kennen zu lernen, die diese Bezeichnung vollumfänglich verdienen, den Spendern sei Dank. Insofern ist meine Wahrnehmung da wahrscheinlich kein geeigneter Maßstab. Fakt aber ist: In APLS gibt es keine Piselkatze, keine schmalzigen Tiersekrete, kein heisser schwitziger Moschusatem, kein feuchtes dampfendes wildes Zotteltier, keine indolischen Verdauungsprodukte jedweder Art. Es gibt hingegen Cumin aka Kreuzkümmel, staubig trocken, massiv würzig, hart, so trocken, dass es mir im Hals kratzt. Cumin wird individuell sehr unterschiedlich wahrgenommen, manche erinnert es stark an Schweissgeruch, mir geht das nicht so. Ein bisschen schweissiger finde ich seinen Einsatz im hier ebenfalls hochgelobten Lumière Noire pour Homme von MFK, aber auch nicht wirklich so, dass die Bezeichnung „Schweissgeruch“ auch nur ansatzweise gerechtfertigt wäre. Bei APLS wird über diese ganze Schüssel voll staubig zermahlenem Kreuzkümmel in Unmengen Honig gegossen, waldiger, harziger, herbsüßer Honig. Dazu vanillig süßes Benzoeharz, was ich in Düften häufig gut erkenne. Die Geschichte dazu ist, dass Benzoetinktur aufgrund ihrer wundheilenden und hautpflegenden Eigenschaften früher in Südamerika bei bestimmte chirurgische Verbände verwendet wurden, was ich im Rahmen eines viele Jahre zurück liegenden beruflichen Austauschs, der fast ein Jahr dauerte kennen lernen durfte. Den Geruch der Benzoetinktur habe ich geliebt und nie wieder vergessen. In APLS veranstaltet die Verbindung von Honig mit Benzoeharz im Kontrast zum staubig trockenen Cumin ein lautstarkes Duett, das seinen Reiz hat, die übrigen Bestandteile sehe ich eher untergeordnet. Ich nehme das bestenfalls als eine abstrakte Art von Schein-Animalik wahr, die aus dem Kontrast von süß-honigartig-weich und scharf-trocken-hart entsteht. Das Endprodukt - in minimalen Mengen dosiert - ist ordentlich kuschelig und anziehend, aber mir fehlt ein wenig die Rafinesse, die womöglich das Cologne pour le Soire besitzt, ich kenne es leider noch nicht. APLS ist zweifellos attraktiv, recht laut, für mich nur bedingt animalisch, aber das ist denke ich stark von der eigenen Wahrnehmung abhängig.
Ich danke Ergoproxy für die Probe.
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