Gentle Fluidity

Gentle Fluidity (Silver) 2019

RobGordon
11.03.2019 - 16:45 Uhr
29
Top Rezension
9
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
8.5
Duft

Nimm zwei!? (von der Silberrücken-Edition!)

Aus einem zuletzt gelesenem Interview mit F. Kurkdjian ist mir in guter Erinnerung, dass er von sich selbst behauptete in Marketing-Angelegenheiten eine Null zu sein. Hierfür hätte er eine rechte Hand, so schreibt er, die in Marketing-Metier aus meiner Sicht so zaubert, wie er selbst bei manchen seiner Rezepturen.

Mit einem Parallel-Release zweier Flanker von sich selbst, die mit ihrer indirekt proportionalen Groß- und Klein-schreibung zu Fehlkäufen anstiften werden, verwirrt man, so scheint es, auch diejenigen, welchen bei jedem neuen Release das Lied: "schon wieder ein Flanker!" anstimmen.

Von Layern hab ich im Vorfeld beider gentle-Wässerchen gelesen. Das Gold & Silber Fluid-Dingens soll man Layern können. Layern kann man bekanntlich alles, aber davon, wie das Ergebnis riecht, steht nichts geschrieben.
Und vorweg, ich würde es nicht tun. Schade um den Schatz im Silbersee.

Um Kurkdjians Gentle-Goldmarie zu düpieren: "Sprühen ist Silber, (ver)souken ist Gold!" Manchmal verbirgt sich hinter Goldglanz einfach eine verkohlte Plastikvanille, die wie bei Aktionskünstlern aus Kübeln über eine fertigen Komposition geschüttet wird.

Unter Aktionskunst würde ich diesmal auch die Nennung der Pyramide verorten. Irgendwie hat einer im Haus MFK eine Wette verloren und musste sich trauen eine Pyramide zu erfinden, die gar nichts mit dem Duft zu tun hat. Hierbei wurden Zutaten-Schnipsel stochastisch aus einem Hut gezogen.

Deswegen habe ich für euch heute primär ein Duftbild, das sich bei der Duftbeschau jedes Mal von neuem zeigt. Ich sehe eine schneebedeckte Bergspitze (repräsentativ für die sauberen Anteile) im Frühjahr, bei der sich Einstreuungen grüner schneefreier Flecken (feinwürzige Anteile) zeigen. Und in den ersten 10 Minuten sehe ich auch einen Einkehrschwung mit hochprozentigem Alkohol (mit Eigennote), den ich bei MFK Düften so nicht gewohnt bin.

Es wäre auch schade um jeden Papierstreifen. MFKs Silver-Surfer "Gentle fluidity" mag Papier nicht. Duftverlauf wird um Stunden verzögert und bleibt hinter seinen Möglichkeiten. Und gute 10 Minuten sollte man dem Duft auch auf der Haut geben, bis er sich geordnet hat. In der Zeit sind oft schon 5 Statements verfasst!

Müsste ich den Duft in Zutaten rahmen, sähe die Rezeptur wie folgt aus:

Ein Berg voll beta-Damascenone (sorgt für grün-würzige, florale, fruchtige Facetten mit einer Bandbreite von Johannisbeere bis Rose) Deutlich mehr als davon in Aventus enthalten ist. Ein Hauch von Jasmin um das sanft floral-süße zu unterstreichen (zwischen Kopf-und Herznote blinzeln ein paar mal dezent aber doch verräterische leicht indolische Wellen durch) Und zur Basis hin wird die Komposition in strahlend halbcremigem Moschus getunkt und mit Ambroxan Flügel verleiht.

Vom Test am Papier kann ich noch einen Tropfen zitroniges beisteuern, der auf der Haut im Alkohol-Nebel untergeht. Auch bleibt ein verräterischer hartnäckiger Duftbelag von ISO-E-Super zurück, wenn der gute Stoff längst verdampft ist.

Hier werden keine Berge versetzt. Es beginnt grün-alkoholisch, geht über in grün-floral-lieblich-würzig-aromatisch und endet damit, dass der grandiosen Herznote wieder die Luft ausgelassen wird und das zurückbleibende grün-würzige in ein Leintuch aus Moschus fällt.

Rein von der Pyramide her, das muss erwähnt werden, hätte ich mir einen völlig anderen Duft erwartet. Etwas fein-würzig holziges vielleicht. Der Parfumeur hat aber damit bereits für eine Überraschung gesorgt und mich am linken Nasenflügel erwischt.

Wacholder-Wässerchen, mit beliebigem Gürtel aus Küchengewürz, die in Kunstholz ersticken, gibt es selbst in der Nische zuhauf. Chemie ist kein Alleinstellungsmerkmal des "Mainstream", der immer wieder zur Charakterisierung eines Duftes herhalten muss. Ich kann beim besten Willen nichts generisches entdecken und wenn "Frische" alleine bereits für diesen Eindruck sorgt, soll das so sein. Das fiese ist nur, Orientalische Themen gibt es auch im Mainstream. Sei es wie es sei, mir ist jedenfalls noch kein Duft untergekommen, der mit direkt vergleichbaren Proportionen an Zutaten arbeitet wie dieser, nicht einmal bei MFK selbst.

Für einen Duft mit wenig Bewegung halte ich das Ergebnis für sehr gelungen. Noch lieber wäre es mir jedoch gewesen, wenn man die Herznote eingefroren und in die Basis gerettet hätte, bzw. wirklich den Weg von betontem Holz (gerne staubig/spänig) gegangen wären. Auf die genannte Vanille wurde zu meinem Vorteil zumindest in meiner Abfüllung verzichtet (wohl alles für die goldenen Flaschen draufgegangen!)

Fazit: Ein wunderbar runder, leicht zu tragender Grünling, der durch subtil eingesetzte Vielfalt in Erscheinung tritt und so ein angenehmer Begleiter für Sie und Ihn in der wärmeren Jahreszeit ist. Seine Performance macht ihn auch zum verlässlichen Begleiter und die hierfür eingesetzte Chemie nehme ich gerne in Kauf. Einen Kritikpunkt habe ich aber doch. Es gab öfter beim Tragen, so im Bereich der Stunde 6-7 einen Moment, in welchem mir meine Nase kommuniziert, alles schön und gut, aber jetzt brauch ich Erholung. "Anstrengend sauber", wäre meine Umschreibung hierfür. Und diesen Aspekt möchte ich trotz meiner Lobesworte für diesen Duft nicht schuldig bleiben.

Eine besonders üppige Abfüllung "Gentle fluidity" wurde mir von @Flanker zur Verfügung gestellt. Vielen Dank hierfür!

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