Monsieur
02.01.2012 - 20:38 Uhr
27
Top Rezension
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft

Gletscherprise oder: Koks für Arme

Eigentlich hab ich mir Bang im September schon vorgenommen und wollte da dann auch schob etwas zu schreiben – da hatte ich eine intensive Phase, in der ich mal wieder auf einen richtig fiesen Verriss aus war und den hatte ich als fiese chemische Keule vom Aufsprühen in der Drogerie in Erinnerung, so dass er als ein ideales „Opfer“ schien... *fg*
Nun gut: das ganze musste dann verschoben werden, weil: erstens kommt es anders und zweitens als man denkt...

Wie gewohnt hole ich allerdings vorher noch ein wenig aus und erzähle diesmal ein paar Schwänke aus der Jugend:
Vor ca. 20 Jahren war unter uns bajuwarischen Burschen nicht nur das heimlich rauchen, trinken und Papas zu schlecht versteckte Filmchen [die von den anderen Papas, meiner hatte sowas (leider) nicht] kucken populär, sondern auch noch eine durch Zufall wiederentdeckte uralte Sitte: das Schnupfen.
Nein, damals haben wir KEIN Kokain geschnupft und waren auch noch weit davon entfernt, mal die BWLer von später zu werden!!! Wie es genau dazu kam, kann nicht mehr rekonstruiert werden – ob bei ner Shopping-Tour im Tabakladen oder durch einen der Alten, die das damals noch intensiv betrieben haben: jedenfalls haben wir einige Jahre gern auch Schnupftabak genommen...
Das war durchaus praktisch, da man das überall machen konnte und nicht sonderlich aufpassen musste: im Unterricht, Bus, zu Hause, egal wo – im Unterschied zum Rauchen ging das total einfach; im Unterricht hat sich das nur später einer mal getraut zu rauchen, daheim musste man auf den Balkon oder hinter die Hecke und im Bus ging‘s einfach gar nicht. Aber auch beim Schnupfen durfte man es nicht zu sehr übertreiben: zu schnell kann es einen im Kopf drehen lassen, weil schon sehr viel Nikotin sehr schnell direkt über die Schleimhäute ins Blut gehen kann; ein Kumpel hat es damals deswegen auch einmal im Physiksaal geschafft, sich ins Waschbecken übergeben zu müssen...
(die richtigen Helden haben es sogar fertig gebracht, die Drehrichtung im Kopf zu ändern; nur wird einem dann umso schneller schlecht, wenn man das echt häufig hintereinander tut...)
Einige Zeit später ist das dann aber unter uns Jugendlichen dann doch endgültig verschwunden und heutzutage hat man nur noch halb eingetrocknete Restbestände irgendwo zu Hause rumstehen – ganz selten nimmt man noch einmal eine Prise, wenn z.B. der Vater eines alten Spezels auf einen trifft, der immer einen dabei hat (und sogar in seinem Stammwirtshaus einen auf nem Spezialplatz deponiert hatte).
Was hat man damals alles geschnupft? Fast alles hauptsächlich von Pöschl (ein niederbayerisches Unternehmen, von dem ich 15 Jahre später sogar schon einmal Lehrlinge unterrichten durfte), der wohl noch der einzig verbliebene Anbieter ist und andere Marken unter seinen Konzern mit aufgenommen hat. Im Sortiment gibt es alles Mögliche von dunklem Brasiltabak über mit Früchten oder Kräutern atomisierten Sorten bis zu den Mentholvarianten, von denen die Gletscherprise mit seiner hohen Dosis Menthol [es gibt aber noch extremere] und Columbia-Öl der absolute Marktführer ist.
Wie ist es, Gletscherprise zu schnupfen? Also: Häufchen auf den Handrücken aus der Packung rausklopfen, zurechtrücken und direkt rein mit der Nase ins Vergnügen (nein, da nimmt man keine Geldscheine und zieht keine Linien...)
Zuerst merkt man neben dem Nikotinkick auch gleich das Menthol, das einem sofort nach oben steigt und die Nebenhöhlen frei macht. Das ganze kribbelt dann etwas in der Nase und führt neben der Schärfe des Tabaks dazu, dass man oft zu Beginn schon niesen muss; es ist auch leicht scharf und wenn man den Tabak so weit hochzieht, dass im Mundhöhlenraum wieder etwas herauskommt (und wenn’s nur ein paar winzige Körnchen sind), dann kann das auch zu Hüsteln führen, wenn man es nicht gewohnt ist...

Nun kommen wir aber wieder zurück zu Bang von Marc Jacobs: eigentlich wollte ich das Ding ja richtig bösartig verreißen – mich hat der normale Men ja schon so furchtbar angewidert, den ich mir in einem schwachen Moment mal von einer wahrscheinlich böswilligen Verkäufertante aufsprühen hab lassen und der Nachfolger war ja im Geschäft auch so ein seltsamer Vogel gewesen, da war die Erwartungshaltung, als es an die Pröbchen ging: das wird was (richtig fieses)... ;-)
(ich erinnere an die zuvor durchlittenen LR-Tests)
Nun gut: aufgesprüht, dran geschnuppert und: gleich ein heftiges Kribbeln in der Nase bei latentem Niesreiz; bei noch näherem Rangehen und vorherigem Ausatmen, um das ganze wieder richtig warm und intensiv zu kriegen, kam dann auch was an den Gaumen, das dort weiterkribbelte – und das ganze erinnerte mich dann plötzlich total an Gletscherprise; das ist nichts anderes als Prise (also die Mentholhaltigen und nicht die Brasil-Schmalzler) zum Aufsprühen!!!
Das hält bei mir ne ordentliche Zeit an und wird dann nach weit über einer Stunde milder.
Wie ist Bang, nachdem er milder geworden ist? Ich kann da nichts Besonderes aus der Duftpyramide herausriechen; das Ganze ist und bleibt wohl synthetisch und mit Pfeffer kann man eben das gut titulieren, was da in den Schleimhäuten rumkribbelt. In dem Moment wo das nachlässt, krieg ich hauptsächlich das zu riechen, was andere unter Pfeffer verstehen und wesentlich milder ist: der Pfeffer aus der Hermèssence-Reihe, als den Poivre Samarcande und zwar nur den Pfeffer darin, ohne das ganze Komplimentierende darin; entweder die haben tatsächlich den gleichen synthetischen Rohstoff dabei verbaut und das ist dann eine der drei bei Bang angegebenen Pfeffersorten oder es ist einfach verdammt ähnlich...
Somit bekommt man für deutlich kleineres Geld zuerst eine ordentliche Ladung sprühbarer Gletscherprise PLUS als Zuckerl noch einen Hauch Hermèssence (und zwar in der noch minimalistischeren Variante als es Ellena schon gemacht hat: Pfeffer ohne viel drumrum)
Das stimmte mich dann doch sanft und bewog mich dann, keinen Verriss zu schreiben und das Thema stattdessen erst einmal ruhen zu lassen, bis aufgrund der 100-Tage-Regel mal wieder ein Kommentar fällig wird...
(alleine die Schnupftabakassoziation ist ja schon aller Ehren wert)
Für was ist Bang geeignet? Ich finde ihn nicht unbedingt tragbar – für was auch?! In der Arbeit oder beim Sport etc. möchte ich nicht so ein konstantes Kribbeln für paar Stunden haben; zum Abschleppen ist er denkbar ungeeignet, im Konzert sicherlich auch; in einer Disco wäre er wohl sogar zu unauffällig...
Einzig als Spaß für zuhause ist er eine tolle Sache... :-D

*schnieeeeef* Ich habe gesprochen.
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