Yours Madly
Madly
2011

Inala
05.03.2012 - 09:15 Uhr
28
Top Rezension
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft

Unfassbar

Madly fordert heraus. So wie ein jeder Duft ohne großartige Angabe von Duftnoten herausfordert.

Auch ich drücke mich vor einem Kommentar, seit Madly vor einiger Zeit, als Teil der Trilogie "Truly, Madly, Deeply" von MariaLux, auf den Markt kam. Ein jeder denkt bei sich: Sollen doch die Anderen sich erst mal die Nasen verbrennen, ähm, die Finger natürlich. Wieviel leichter ist es eben doch, immer der Duft-Pyramide nach zu schreiben, anstatt der Nase nach. Ich sags ja, das ist eine Herausforderung.

Und Madly ist eine ganz besonders schwierige Aufgabe.

Denn Madly ist ein wenig wie ein Traum. Wie jener unwahrhaftige Traum, der durch Milchglas geträumt ist.

Wie jene flirrende Szene am Strand, an einem wolkenverhangenem frühen Morgen, durchs Lensbaby fotografiert.

Dazu passt auch die ordentliche Dosis Melancholie, die Madly verströmt und in die dieses Parfum getaucht ist. Nein, keine Traurigkeit, bei weitem nicht. Aber diese ganz bestimmte bitter-zarte Melancholie, mit wissendem, mildem Lächeln, den Blick auf die eigene Seele gerichtet...

Einer Seele, die reich blühender und duftender nicht sein könnte! Hier blüht nichts zartes, nichts leichtes, hier blüht das pure Leben, bebildert mit kräftiger Tuberose und Jasmin. Keine schwülstig fette Tuberose, keine Kaugummi-Tuberose, eher eine - tja, was für eine denn nun?! Eine melancholische Tuberose, eine nach der man greifen möchte, die man aber nicht zu fassen bekommt. Eine fleischige Tuberose, dabei jedoch mit dieser unsüsse Cremigkeit, die man selten findet. Eine stolze Tuberose, die bewundert werden will, sich aber nicht berühren lassen möchte, viel lieber ist sie es, die berühren will. Samtweich ist sie und überaus betörend.

Durch eine edle, unknötterige Holzigkeit (ich tippe auf Zedern- und Sandelholz, vielleicht noch Wendge), die sich trocken, warm, irgendwie samtig warm anfühlt, bekommt diese vibrierende Blüten-Seele genug Kraft und Standhaftigkeit, um sich dann noch etwas Pudrigkeit leisten zu können. Keine zart-fluffige Baby-Puder-Assoziation bitteschön! Erwachsener Puder, kostbarster, voll-weiblicher Puder, aufgetragen mit dicken Quasten an wenigen auserkorenen Körperstellen! Diese spannende Mischung aus Holz und Puder ist sinnlich, sehr sinnlich sogar. Diese Sinnlichkeit offenbart sich jedoch nicht augenblicklich, sie möchte nicht sofort entdeckt werden. Es ist eine Mischung aus Unschuld und Verruchtheit, besser noch, Verruchtheit, die sich durch Unschuld tarnt!

Apropos Verruchtheit: Um diesen Eindruck zu unterstreichen mischt hier ziemlich sicher auch allerfeinstes, weiches Leder mit! Nicht so animalisch wie in Keiko Mecheris "A Fleur de Peau", eher was wildldernes, zerknautschtes, körperwarmes, wie vielleicht in "Cuir Fétiche". Schön ist das, sehr weich-würzig, raffiniert und geheimnisvoll. Gleichzeitig auch wohlig-vertraut.

Irgendwo ganz hinten, weit hinten in der Wahrnehmung, entdecke ich möglicherweise einen Hauch von Ambrette-Samen, der sich dann auch für diesen leichten schmutzig-anrüchigen Touch verantwortlich zeigen dürfte.

Und dann ist da noch diese subtile Schärfe, vielleicht vom Ingwer, der dann auch für diesen Hauch Spritzigkeit sorgen könnte, den zu keiner Zeit wird Madly schwer und schwülstig . Möglicherweise ist es aber doch eine zarte Pfefferschärfe, ich bin unsicher. Und dann ist da noch dieser Hauch von Zimt. Eher Nelken-Zimt. Vielleicht durch die Verwendung von Zimtblättern, statt Zimtrinde? Vielleicht ist der Zimt auch die Schärfe, die ich meine wahrzunehmen

Madly ist ein femininer und strahlender Duft, der (so denke ich) der Frauenwelt vorbehalten sein wird.

Die Haltbarkeit ist selbst auf duftfressender Haut sehr lang anhaltend und ausdauernd und verdient wirklich 100%.

Madly sehe ich als tiefgründiges und präsentes Ganzjahres-Parfum. Zu tragen wann immer einem der Sinn nach seelischem Tiefseetauchen steht. Wann immer man jene spezielle Stimmung hervorrufen möchte, die bei Madly mitschwingt.

Beim Erinnern an eine schmerzlich unerfüllte Liebe, die im verborgenen blühte.
Beim Gedenken an die heimliche Geliebte, die niemals diese Liebe leben wird.
Vielleicht eine unerlaubte Liebe, wie in Marguerite Duras "Der Liebhaber".

Oder doch nur um sich bewusst zu machen, wie facettenreich und schön die Liebe und das Leben sind.

So ist Madly. Ein bißchen zumindest. Denn so ganz fassbar wird Madly nicht für mich...
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