Avant-Garde
Avant Garde
2006

Mareike
22.08.2015 - 01:50 Uhr
24
Top Rezension
5
Sillage
5
Haltbarkeit
9
Duft

Mein seltsamer Begleiter

"Hä?"
Das war meine erste Reaktion, als ich Avant-Garde vor zwei Jahren erstmals unter die Nase bekam. Ich wusste überhaupt nix mit diesem Duft anzufangen. Was soll das jetzt sein? Ein grüner Gourmand? Ein weiblicher Puderduft? Ein Sportduft für den Herren? Ich war heillos überfordert. Ich konnte direkt so viele Duftnoten ausmachen, die ich in dieser Kombination so noch nicht kannte, und ich war weit davon entfernt, begeistert zu sein.
Kakao in Kombination mit Tabak, okay. Aber mit Grapefruit? Und dann lag da noch so einer weicher, zartgrüner 90er-Jahre-Unisex-Schleier drüber. Der dem ganzen so eine leichte Duschgelnote gab. Nein, nein. Das beste wäre abwaschen, jetzt gleich, ordentlich schrubben, weg mit dem Teufelszeug.
Und doch. Diese schöne, saubere Iris (doch, die rieche ich ganz deutlich). Die passt da ja eigentlich ganz gut rein. Und zarter Rauch. Ganz kühl. Wie Schneeflocken, die auf einer fiebrigen Stirn schmelzen. Wie eine freundliche Geste. Eine Ahnung von Kakao, der gerade in der Küche gekocht wird. Trost an einem verregneten Novembertag. Nein, nicht abwaschen.
Und doch. Irgendwas stimmt mit ihm nicht. Er verändert sich zu schnell, ist auf einmal verschwunden, will sich bereits nach einigen Minuten nicht mehr zeigen, nur um dann nach ein paar Stunden unvermittelt wieder aufzutauchen.
"Puh", sagt mein Freund. "Du riechst aber komisch heute. Irgendwie säuerlich, nach Mundgeruch." Er wollte nicht glauben, dass dieser Ekelduft aus dem selben Hause stammen sollte wie "Mon Parfum" oder "Ananda", zwei verlässliche Pantydropper, jedenfalls, was seine Pantys angeht. "In meinen Augen ist das einfach ein ekliger Herrenduft. Für eklige Herren." So befand er schon damals und ist zu meinem Unglück dabei geblieben. Immer wieder hab ich ihm ein Stück mit Avant-Garde beduftete Haut unter die Nase gehalten. Teilweise mit Monaten dazwischen. In den unterschiedlichsten Momenten und Stimmungen. Ich wollte mir sein Wohlwollen ertricksen. Es klappte nicht. Er erkannte ihn nie wieder, fand ihn aber stets außerordentlich scheußlich.
Deswegen werde ich mir den Duft wohl nie in fullsize kaufen. Die kleine Miniatur, die ich mir mittlerweile zum zweiten Mal besorgt habe, reicht mir, sie wohnt ganz unten in meiner Handtasche, ganz versteckt. Sie ist mein geheimer Begleiter und kommt nur zum Einsatz, wenn ich partnerlos unterwegs bin, allein, einsam möglicherweise, wenn ich vielleicht Trost brauche, eine freundliche Geste - oder einfach mal seltsam riechen möchte.
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