Seerose
Top Rezension
3
kühler März
An einem grauen Novembermorgen für mich genau das Richtige, dachte ich: "Tokyo smile" .
Eine scharfe Yuzu- und Grapefruitböe macht mich munter. Es erinnert mich: Ein heller aber noch frostiger früher Morgen im März im Florenz, ich stehe fröstelnd an der Bushaltestelle und warte auf den Bus der mich ins Zentrum zur Sprachschule bringen wird. Trocken ist es den ganzen Monat den ich dort verbringe. Sobald ich jedoch "da Il Duomo" aussteige und überall Menschen vorbei eilen wird es schon wärmer. In der Schule die nette junge Grazia, unsere Lehrerin, sehr schön, chic, groß, schlank, elegant. Wie alle Frauen in Florenz zu sein scheinen. Und freundlich aber distanziert sind sie auch. Signora, die vielen Touristen...Und so verhält sich auch Tokyo-Smile. Es bleibt kühl und frisch, -deutlich frisch aber doch distanziert. Eine bis zum Schluss wahrnehmbare grüne Note von der Passionsfrucht beginnt sich zu entwickeln, der Pfirsich duftet etwas. Und dann schimmern zurückhaltend die exquisiten Champakas (einen Duft den ich daran erkenne, weil ich ihn noch nie gerochen habe), lieblich-zarte Magnolien durch und sehr zarte Rosen beginnen zu erblühen - mit einen "smile". Sie übernehmen nicht die Führung, die bleibt bei den beiden Zitrusfrüchten bis zum Schluss.
Es ergibt sich nach kurzer Zeit einerseits eine Duftmischung die bis zum Schluss konstant bleibt. Die sich jedoch zunächst noch in der Intensität verstärkt. Um bei Florenz im März zu bleiben. Die Sonne gewinnt an Kraft und es wird über 20 °, die Sonne bleibt dennoch seltsam blass. Überall sieht man üppig blühenden Blauregen an den sonst noch unbegrünten Häuserwänden aus ocker-braun-gelbem Naturstein. Mimosen werden frisch angeboten.
Ich entscheide, welches Museeum ich diesen Tag besuchen werde, nachdem wir 5 volle Stunden Unterricht hatten. Dazu gehe ich zu Fuß in den mir schon bekannten Straßen und Gassen, am Arno entlang, er hat noch kaum Wasser. Ich habe ja Zeit. Nachdem die Museen geschlossen haben werde ich zum Haus laufen in dem ich ein Zimmer gemietet habe und noch Hausaufgaben machen und lesen.
Tokyo smile bleibt nun über viele Stunden gleich in seiner Dufttextur. Textur weil es ein ganzheitlicher Duft bleibt und ich dennoch die einzelnen verwobenen Ingredienzen unterscheiden kann. Das bleibt auch so beim nach Stunden sich immer weiter entfernenden Duft.
Wie sich Florenz für mich von Flugzeug aus in den ersten Apriltagen in der Ferne verlor: Ich konnte lange die markanten Bauwerke die architektonische Struktur der Stadt erkennen, durch die ich so oft gegangen war.
Bekannt, eine wenig vertraut und dennoch fremd geblieben.
Ein kühler schöner Duft, der eher an den Vorfrühling erinnert. Es fehlt ein wenig ein Leuchten, die Vorfreude, alles bleibt zen-minimalistisch kultiviert, zurückhaltend, neutral ohne Leidenschaft und ja, ohne Wärme. Dennoch, es gibt Ereignisse und Gelegenheiten in denen man genau so einen Duft braucht. Wo man genau jedes Detail bedenken muss: Nicht zu viel Weiblichkeit, keine erotische Ausstrahlung, Gepflegtheit und Frische, Wachheit und geistige Präsenz.
Schön eine kurzes Weilchen in Florenz gelebt zu haben, schön Tokyo smile zu kennen