Taurus
Hilfreiche Rezension
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Teil 2: Das Beste oder nichts – Benz goes Drugstore
Gut informierte Parfumos wissen es schon längst: seit ein paar Jahren mischt auch Mercedes-Benz bei den Autobauern mit, die sich mit einem mehr oder weniger eigenen Duft auf dem Parfum-Markt behaupten wollen. Schließlich darf die Marke mit dem Stern und den Mondpreisen den Anschluss an Bentley, Bugatti, Ferrari, Jaguar, Lamborghini, Maserati, Porsche und mittlerweile sogar Volkswagen nicht verlieren.
2012 erschien Mercedes-Benz for Men, danach folgten bis dato 12 weitere Düfte, darunter drei für Damen.
Ganze fünf Herrendüfte gibt es unter der exklusiven Reihe VIP Club. Dazu haben die Schwaben (oder war es doch ein Lizenznehmer?) anscheinend viel Geld in die Hand genommen und für jedes einzelne Eau de Toilette einen bekannten Parfumeur engagiert. Bisher konnte nichts davon im Einzelhandel sehen, selbst bei der riesigen Mercedes-Benz Niederlassung in Düsseldorf war Fehlanzeigen (und die MB-Homepage gibt ebenfalls nichts dazu her). Immerhin haben einige Online-Parfümieren die VIP Club Düfte im Programm. Allerdings wird es mit dem Probeschnuppern wohl etwas schwierig – doch zum Glück gibt es ja Rezensionen!
Nachdem ich bereits schon aus der Reihe das lila Addictive Oriental auf Herz und Nieren prüfte, muss nun Pure Woody im adretten petroleumfarbenen Flakon dran glauben. Parfumeur ist hier Harry Frémont. Der ist zwar nun nicht gerade der allerbekannteste seiner Zunft, konnte aber immerhin mit Düften wie CK One für Calvin Klein, Very Valentino for Men, Tuscan Leather für Tom Ford oder Polo Sport für Ralph Lauren große Erfolge feiern. Bis dato gehen 122 Kreationen auf sein Konto. Fleißig, fleißig – doch bei Pure Woody hätte er m. E. mehr Sorgfalt ausüben können.
Der Duft knallt sportlich los mit einer frischen Würzigkeit, wobei die Apfelnoten für meinen Geschmack etwas zu viel Überhand gewinnen. Da kommt der versprochene Ingwer leider viel zu kurz. Ich hatte es schon befürchtet, denn Düfte mit Apfel in der Inhaltsliste sind meistens nicht mein Ding, schnuppern sie in der Regel doch zu beliebig bzw. billig nach Duschgels aus dem Drogeriemarkt.
Ein wenig später driftet Pure Woody mehr ins süßliche ab, teilweise mit einigen würzig warmen Noten, die dem Ganzen mehr Gehalt geben. Das gefällt mir schon wesentlich besser, aber irgendwie hat sich dabei auch eine schwitzige Komponente, evtl. an Kreuzkümmel erinnernd, reingemogelt. Dadurch wirkt das Eau de Toilette einen Tick herber sowie erwachsener, aber dafür etwas unrunder.
Zum Ende wird es dann mit Ambernoten oder was auch immer wieder gefällig weich, aber irgendwie fragt man sich, wie man dazu kommt den Duft Woody zu taufen. Nein, holzig ist hier überhaupt nix. Selbst in der Pyramide wird es noch nicht mal vorgegaukelt. Dennoch hat man den Eindruck, dass man statt eines Mercedes Benz dufttechnisch einen betagten Opel Astra in der Basisversion vorgesetzt bekommen hat.
Ja, würzig frisch mag für Pure Woody zutreffen – aber das können in dieser Form viele Düfte aus der Drogerie genauso, nur halt wesentlich preiswerter (und diese kommen eventuell bei ähnlichem synthetischen Aufbau mit mehr Haltbarkeit und Projektion). Wer sich dennoch mehr aus einem Mercedes-Stern als eventuell fünf Parfumo-Sternen macht, ist hier vielleicht richtig. Vernunftmenschen nehmen Pure Woody besser nicht ernst!