20.07.2010 - 14:22 Uhr
Apicius
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Apicius
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23
Pure Archaik
Kein Mensch kennt Teck. Ich bis vor kurzem auch nicht. Gefunden habe ich diesen Duft auf der Global Arts of Perfume Messe im April diesen Jahres. Molinard war vertreten. An dem am Publikumstag ganz verlassenen Stand konnten in Vitrinen Preziosen vergangener Tage besichtigt werden. Auf einer Vitrine stand Aktuelleres: einige dieser merkwürdigen oben abgerundeten Flakons, allesamt altmodisch. Einen Designer-Preis wird Molinard damit nicht gewinnen.
Aber es zählen die inneren Werte, und die stimmen. Ich habe wirklich einiges durchprobiert an jenem Sonntag, aber meine Entdeckungen waren Jicky von Guerlain und eben Teck von Molinard. Damit möchte ich klarstellen, in welcher Liga ich diesen übrigens mittelpreisigen Duft sehe (gut 50 € für 100 ml).
Würde ich auf Basenotes und auf englisch schreiben, hätte ich die passende Bezeichnung. Teck ist ein „Eighties Powerhouse“- ein aussagekräftiger Macho Duft in der Nachbarschaft von Marbert Man, Trussardi Uomo, Azzarro und Aramis! Als solcher kam er 1989 etwas zu spät auf den Markt. Auch heute scheint er im Molinard Sortiment nur so mit zu laufen. Wenn, dann werden die stilvollen Herrenparfums Molinard I, II und III in den Vordergrund gerückt. Immerhin ist er seit kurzem bei Ausliebezumduft erhältlich. Oder aber für wirklich kleines Geld im Online-Shop von Molinard, wo allerdings skurilerweise ein zweistelliger Betrag für Versand anfällt.
Wenig ist über die Duftkomponenten bekannt; auch Herr Wuchsa verrät uns nur Gewürze, Leder, Pinie, Rosmarin. Das kann es bei weitem nicht gewesen sein. Ob ich mit Moschus wohl richtig liege? Für mich ist Teck der Prototyp eines natürlich wirkenden, animalisch-männlichen Moschusduftes. Die vielen Duftstoffe, die heute als Moschus bezeichnet werden, lassen viele Ausprägungen zu. Von moschustypischer Seifigkeit ist etwas, von den femininen Aspekten des Moschus – Breite und Cremigkeit – ist nichts zu spüren. Eine typische Süße bereichert den Duft. Gewürze, Leder, Rosmarin und Pinie mögen sein, aber wenn, dann gut integriert. Als ich den Duft endlich hatte, war ich doch etwas erschrocken über diese dreckige Note, die er beinhaltet. Ich vermute hier etwas wie Kreuzkümmel, der oft, wenn er verwendet wird, ein Parfum richtig verdirbt. Aber überraschenderweise rieche ich nicht nach Curry-Schweiß, nur halt irgendwie dreckig. Vielleicht liege ich ja auch falsch damit. Eventuell lässt sich auch die Bezeichnung Chypre auf diesen Duft anwenden, denn der hat diese dunklen, bitteren Aspekte. Übrigens ist Teck recht eindimensional, also mit wenig Entwicklung.
Wie lässt sich Teck beschreiben? Es ist Archaik pur. Ich stelle mir eine heiße, vorzeitliche Gegend vor; der Boden erdröhnt vom Lärm der tausend Hufe einer Herde Moschushirsche, die in wilder Flucht vor einem Rudel Säbelzahntiger durch die staubige Steppe galoppieren. Einen derart animalischen Duft habe ich selten gehabt.
Natürlich kann man sich fragen, ob das alles noch zeitgemäß und nicht furchtbar over the top ist. Mag sein, aber was solls? Mir gefällt das, weil es sehr gut gemacht ist.
Als ich Teck in meine Sammlung auf Parfumo aufnahm, hat mich Profumo angesprochen und um meine Meinung gebeten. Ich habe erst mal abgewunken, weil sich Teck nicht so einfach abarbeiten lässt. Profumo erwähnte noch, dass es von Molinard einen ähnlichen, mit Vanille angereicherten Duft namens „Vaniteck“ gegeben habe. Das brachte mich auf die Idee, es mal mit Layering zu versuchen, also dem Übereinandertragen zweier Parfums. Und etwas Vanille könnte ich mir gut vorstellen, um diesen Macho zu bändigen.
Einen ausreichend eindimensionalen Vanilleduft hatte ich nicht zur Hand; also griff ich zum Myrrhe Ardente von Annick Goutal, der neben rauchiger Myrrhe vor allem sehr viel von der vanilleähnlichen Tonkabohne enthält. Doch das Ergebnis ging gar nicht zusammen. Entweder dominierte Myrrhe Ardente, oder eben Teck – je nachdem, von welchem ich gerade mehr aufgesprüht hatte. Die Düfte stießen sich geradezu magnetisch ab.
Doch Teck ist so Macho, der kann was vertragen. Wenn schon nichts Vanilliges, wie wäre es also mit Blumen? Wie der Zufall so spielt, hat mir Eternity gerade nochmals eine Probe des schönen Blondinenparfums Bryant Park von Bond No. 9 geschenkt. Ob die Blondine es wohl mit dem Macho aushält? Na ja, zunächst fliegen ganz schön die Fetzen, Bryant Park zickt mächtig rum, auch hier scheint erst mal nichts zusammenzugehen. Doch nach einer halben Stunde und der richtigen Portionierung ergibt sich – oh Wunder – ein einheitliches Bild. Die schönen, floral-frischen Noten des Bryant Park bereichern nun Teck, die Moschusaspekte von BP gehen erwartungsgemäß unter. Sehr gut, ich habe einen Weg gefunden, das gar nicht so schlechte BP für Männer tragbar zu machen! Allerdings – am Ende siegt doch die Blondine mit ihrer klebrigen Aufdringlichkeit.
Die Idee, Teck mit Floralem einen zusätzlichen Kick zu geben, ließ mich schließlich zu Neil Morris’ Flowers for Men: Gardenia greifen. Ich mag Gardenien, und diese Gardenie ist ein wirklicher Ausnahmeduft. Jedoch entspricht sie mit ihrer grasigen, herben und eher hellen Art nicht ganz meiner Vorstellung eines schweren floralen Duftes für Männer.
Im Unterschied zu Bryant Park wird sofort deutlich, dass beide Düfte sich auf Augenhöhe begegnen. Gleichstarke Kämpfer, die sich nichts schenken. Aber sie verkeilen sich sofort ineinander, wobei die Gardenie in ihrer Prägnanz etwas die Oberhand behält. Ohne ihren Charakter ganz aufzugeben, wird die Gardenie nun deutlich rauer, sperriger, kräftiger. Ich denke, im Vergleich zum puren Gardenien-Duft von Neil Morris ist das ein Gewinn. Auf diese Kombination werde ich gerne mal zurückkommen. Vielleicht wird es weitere Paarungen geben.
Es ist alles gesagt. Als eines von ganz wenigen Parfums bekommt Teck von mir 100 Punkte.
Nachtrag: Wie ich gerade sehe, hat Herr Wuchsa nun doch komplette Noten veröffentlicht. Demnach läge ich mit meinem Moschus-Eindruck ziemlich daneben:
Kopfnote: Zitrone, Minze, Bitterorange
Herznote: Salbei, Zypresse, Sandelholz, Mastix
Basisnote: Vetiver, Patchouli
Merkwürdigerweise unterscheidet sich der Beschreibungstext, denn da werden weitere Noten erwähnt: Benzoeharz, Amber, Jasmin, Lavendel, Bergamotte, Basilikum.
Aber es zählen die inneren Werte, und die stimmen. Ich habe wirklich einiges durchprobiert an jenem Sonntag, aber meine Entdeckungen waren Jicky von Guerlain und eben Teck von Molinard. Damit möchte ich klarstellen, in welcher Liga ich diesen übrigens mittelpreisigen Duft sehe (gut 50 € für 100 ml).
Würde ich auf Basenotes und auf englisch schreiben, hätte ich die passende Bezeichnung. Teck ist ein „Eighties Powerhouse“- ein aussagekräftiger Macho Duft in der Nachbarschaft von Marbert Man, Trussardi Uomo, Azzarro und Aramis! Als solcher kam er 1989 etwas zu spät auf den Markt. Auch heute scheint er im Molinard Sortiment nur so mit zu laufen. Wenn, dann werden die stilvollen Herrenparfums Molinard I, II und III in den Vordergrund gerückt. Immerhin ist er seit kurzem bei Ausliebezumduft erhältlich. Oder aber für wirklich kleines Geld im Online-Shop von Molinard, wo allerdings skurilerweise ein zweistelliger Betrag für Versand anfällt.
Wenig ist über die Duftkomponenten bekannt; auch Herr Wuchsa verrät uns nur Gewürze, Leder, Pinie, Rosmarin. Das kann es bei weitem nicht gewesen sein. Ob ich mit Moschus wohl richtig liege? Für mich ist Teck der Prototyp eines natürlich wirkenden, animalisch-männlichen Moschusduftes. Die vielen Duftstoffe, die heute als Moschus bezeichnet werden, lassen viele Ausprägungen zu. Von moschustypischer Seifigkeit ist etwas, von den femininen Aspekten des Moschus – Breite und Cremigkeit – ist nichts zu spüren. Eine typische Süße bereichert den Duft. Gewürze, Leder, Rosmarin und Pinie mögen sein, aber wenn, dann gut integriert. Als ich den Duft endlich hatte, war ich doch etwas erschrocken über diese dreckige Note, die er beinhaltet. Ich vermute hier etwas wie Kreuzkümmel, der oft, wenn er verwendet wird, ein Parfum richtig verdirbt. Aber überraschenderweise rieche ich nicht nach Curry-Schweiß, nur halt irgendwie dreckig. Vielleicht liege ich ja auch falsch damit. Eventuell lässt sich auch die Bezeichnung Chypre auf diesen Duft anwenden, denn der hat diese dunklen, bitteren Aspekte. Übrigens ist Teck recht eindimensional, also mit wenig Entwicklung.
Wie lässt sich Teck beschreiben? Es ist Archaik pur. Ich stelle mir eine heiße, vorzeitliche Gegend vor; der Boden erdröhnt vom Lärm der tausend Hufe einer Herde Moschushirsche, die in wilder Flucht vor einem Rudel Säbelzahntiger durch die staubige Steppe galoppieren. Einen derart animalischen Duft habe ich selten gehabt.
Natürlich kann man sich fragen, ob das alles noch zeitgemäß und nicht furchtbar over the top ist. Mag sein, aber was solls? Mir gefällt das, weil es sehr gut gemacht ist.
Als ich Teck in meine Sammlung auf Parfumo aufnahm, hat mich Profumo angesprochen und um meine Meinung gebeten. Ich habe erst mal abgewunken, weil sich Teck nicht so einfach abarbeiten lässt. Profumo erwähnte noch, dass es von Molinard einen ähnlichen, mit Vanille angereicherten Duft namens „Vaniteck“ gegeben habe. Das brachte mich auf die Idee, es mal mit Layering zu versuchen, also dem Übereinandertragen zweier Parfums. Und etwas Vanille könnte ich mir gut vorstellen, um diesen Macho zu bändigen.
Einen ausreichend eindimensionalen Vanilleduft hatte ich nicht zur Hand; also griff ich zum Myrrhe Ardente von Annick Goutal, der neben rauchiger Myrrhe vor allem sehr viel von der vanilleähnlichen Tonkabohne enthält. Doch das Ergebnis ging gar nicht zusammen. Entweder dominierte Myrrhe Ardente, oder eben Teck – je nachdem, von welchem ich gerade mehr aufgesprüht hatte. Die Düfte stießen sich geradezu magnetisch ab.
Doch Teck ist so Macho, der kann was vertragen. Wenn schon nichts Vanilliges, wie wäre es also mit Blumen? Wie der Zufall so spielt, hat mir Eternity gerade nochmals eine Probe des schönen Blondinenparfums Bryant Park von Bond No. 9 geschenkt. Ob die Blondine es wohl mit dem Macho aushält? Na ja, zunächst fliegen ganz schön die Fetzen, Bryant Park zickt mächtig rum, auch hier scheint erst mal nichts zusammenzugehen. Doch nach einer halben Stunde und der richtigen Portionierung ergibt sich – oh Wunder – ein einheitliches Bild. Die schönen, floral-frischen Noten des Bryant Park bereichern nun Teck, die Moschusaspekte von BP gehen erwartungsgemäß unter. Sehr gut, ich habe einen Weg gefunden, das gar nicht so schlechte BP für Männer tragbar zu machen! Allerdings – am Ende siegt doch die Blondine mit ihrer klebrigen Aufdringlichkeit.
Die Idee, Teck mit Floralem einen zusätzlichen Kick zu geben, ließ mich schließlich zu Neil Morris’ Flowers for Men: Gardenia greifen. Ich mag Gardenien, und diese Gardenie ist ein wirklicher Ausnahmeduft. Jedoch entspricht sie mit ihrer grasigen, herben und eher hellen Art nicht ganz meiner Vorstellung eines schweren floralen Duftes für Männer.
Im Unterschied zu Bryant Park wird sofort deutlich, dass beide Düfte sich auf Augenhöhe begegnen. Gleichstarke Kämpfer, die sich nichts schenken. Aber sie verkeilen sich sofort ineinander, wobei die Gardenie in ihrer Prägnanz etwas die Oberhand behält. Ohne ihren Charakter ganz aufzugeben, wird die Gardenie nun deutlich rauer, sperriger, kräftiger. Ich denke, im Vergleich zum puren Gardenien-Duft von Neil Morris ist das ein Gewinn. Auf diese Kombination werde ich gerne mal zurückkommen. Vielleicht wird es weitere Paarungen geben.
Es ist alles gesagt. Als eines von ganz wenigen Parfums bekommt Teck von mir 100 Punkte.
Nachtrag: Wie ich gerade sehe, hat Herr Wuchsa nun doch komplette Noten veröffentlicht. Demnach läge ich mit meinem Moschus-Eindruck ziemlich daneben:
Kopfnote: Zitrone, Minze, Bitterorange
Herznote: Salbei, Zypresse, Sandelholz, Mastix
Basisnote: Vetiver, Patchouli
Merkwürdigerweise unterscheidet sich der Beschreibungstext, denn da werden weitere Noten erwähnt: Benzoeharz, Amber, Jasmin, Lavendel, Bergamotte, Basilikum.
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