Greyland

noirceur
02.02.2016 - 13:02 Uhr
7
Top Rezension
6.5
Duft

Eine Hommage an das Wundpflaster

Greyland hatte ich nach dem erstmaligen Tragen etwas vorschnell wie folgt kategorisiert: Kopf: Avignon. Basis: Memoir Man. Nicht nur im Sinne dieser Einschätzung empfehle ich uneingeschränkt den wundervollen Kommentar meines Vorredners Reckoner.

Sowohl Comme des Garcons‘ als auch Amouages Werk schätze ich sehr. Und während mir die südfranzösische Gemeinde eine Spur zu krass und der Vertreter aus dem Sultanat Oman etwas zu teuer waren, weckte der Montale die Hoffnung das Beste aus beiden Welten in sich vereinen zu können. Und so musste eine Abfüllung her.

Nachdem ich Geyland nun einige Male getragen habe und auch Zeit hatte mich näher mit ihm zu beschäftigen, betrachte ich ihn heute deutlich differenzierter – was ihm in diesem Fall jedoch nicht unbedingt zugutekommt.

In der Kopfnote erkenne ich heute nur noch entfernt Gemeinsamkeiten mit Avignon. Zwar startet Greyland ebenfalls hell, (weih)rauchig und mit einer großzügigen Portion Pfeffer, in Sachen Minimalismus, Kühle und Stringenz aber kann dem Series 3-Duft einfach nicht das Wasser gereicht werden. Darüber hinaus erahne ich beim Montale noch eine kontrastierende Nuance. Nach einem Spicken in der Duftpyramide würde ich mich wohl für Ingwer entscheiden.

Sobald sich der Pfeffer etwas legt, habe ich bei Greyland jedoch immer und immer wieder die gleiche skurrile Assoziation: Nämlich … Wundpflaster! Ich bin ziemlich sicher, dass hierfür Zedernholz verantwortlich ist, denn hin und wieder identifiziere ich einen recht ähnlichen Akkord auch bei anderen Düften, und allen ist das Zedernholz gemein. Dennoch, so klar wie bei Greyland ist mir dieser Eindruck bisher nicht untergekommen. Ich habe Greyland mal mehrere Tage hintereinander getragen. Auch mal bewusst wochenlang gar nicht und dann doch wieder gesprüht. Egal in welcher Situation - er erinnert mich einfach immerzu an den charakteristischen Geruch von zuschneidbarem 1mx6cm orange-braunen Wundpflastern. Nun finde ich diesen Geruch keineswegs unangenehm, aber es irritiert mich doch sehr, wenn ich es selbst bin, der danach riecht.

Das Wundpflaster dominiert Greyland bei mir über die gesamte Dauer, wenngleich der Duft sich über die Zeit im Hintergrund durchaus dem Memoir Man annähert, ohne jedoch jemals dessen subtile Finesse zu erreichen.

So ist Greyland für mich heute in der Tat ein ziemlich schräger Duft, der einerseits komplett auf staubtrocken setzt, dabei aber andererseits bloß dumpf im Hintergrund spielt. Von diesem Blickwinkel aus finde ich auch den Namen Greyland zwar höchst treffend, aber eben wenig schmeichelhaft. Der Duft ist keineswegs unangenehm, aber er taugt für mich als Parfüm nicht. DaveGahan101 hat das sehr treffend als „unfertig“ bezeichnet. Nach anfänglicher Begeisterung muss ich mich diesem harten Urteil jetzt leider anschließen.

Letztlich gekauft habe ich dann übrigens doch Amouages Memoir Man.
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