Absinth 2007 Extrait de Parfum

NuiWhakakore
04.07.2022 - 09:20 Uhr
26
Top Rezension
7
Preis
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft

Absinth im Cyberspace

Der Stecker klickt. Direkte Verbindung in den Cortex. Volle Bandbreite. Die Nullen und Einsen fließen, überreden Neuronen zum Tanz. Bilder formen sich vor geschlossenen Augen. Geometrische Formen aus grünem Neon. Dahinter tanzt der Code, bildet Wellen auf der Oberfläche. Bräunliche Funken flirren zwischen den Gebilden. Informationen rasen, zu schnell um sie wahrzunehmen. Blühen auf und vergehen in einem Augenblick. Blitzen auf zwischen den Synapsen. Rasend, immer schneller, pulsierend. Ein Knistern wie Gewürze in der heißen Pfanne. Der Prozessor ist bei 110%.

Etwas glitcht. Der Himmel ist komisch. Er hat die Farbe eines Fernsehers, der auf einen toten Kanal gestellt ist. Der Geruch von Rauch. Schmorende Schaltkreise. Brennender Chrom. Die Formen zerfließen. Öffne die Augen. Jetzt.

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Gualtieri macht es einem allgemein und speziell mit seinem Label Nasomatto nicht ganz leicht. Die Bandbreite geht über lustig-eklig (Fantomas) bis solide-langweilig (Duro), aber ich gestehe, ich bin (noch) nicht der große Nasomatto-Kenner. Inhaltsstoffe werden nicht angegeben, interpretiert selbst rein, was ihr meint. Hier also mein Interpretation zum bis dato schönsten Nasomatto (zumindest für mich):

Er startet leicht säuerlich. Irgendwelche Zitrusfrüchte scheinen da involviert zu sein, welche genau kann ich nicht erkennen. Kräuter sind auch dabei, alles eher hell und leicht süßlich. Minze meine ich zu erkennen, aber das ist sicher nicht alles. Würzig ist er durchaus auch, weißer Pfeffer und mehr, Anis aber für meine Begriffe eher nicht. Eine leicht alkoholische Note ist auch da, aber in Kombination würde ich da nicht auf Absinth kommen, wenn er nicht so heißen würde. Das alles ist recht synthetisch, aber sehr angenehm. Auch bereits zu Beginn gesellt sich ein heller Rauch dazu und eine leichte Gumminote. Vielleicht Vetiver, von dem auch die Säure kommen könnte, wobei ich den normalerweise recht zuverlässig erkenne.
Im weiteren Verlauf wird er dezent holzig und dadurch weicher. Als Gegenpart nehme ich florale Noten wahr, leicht indolisch. Könnte Jasmin sein. Später kommen noch ein paar süßliche Harze und das war es dann für meine Nase. Sowohl die Haltbarkeit als auch die Silage sind für Nasomatto-Verhältnisse relativ gering, was ich sehr begrüße.

Meiner Meinung nach macht es keinen Sinn, sich den Nasomatto-Düften über vermeintliche Inhaltsstoffe zu nähern. Obiger Versuch mag dem einen oder anderen aber vielleicht einen Eindruck vermitteln, auch wenn er natürlich rein subjektiv ist. Ich betrachte Nasomatto-Düfte eher als Gesamtkunstwerk. Dieser ist dabei für mich maximal eine Simulation von Absinth und als solche natürlich gescheitert, zumindest, wenn die Simulation ein möglichst exaktes Abbild der Natur sein soll. Das dürfte allerdings nicht das Ziel von Gualtieri gewesen sein und als Abstraktion ist Absinth sehr gelungen. Als Duft sowieso und tragbar ist er dazu auch noch, wenn auch sicherlich nicht von jedem. Wie immer bei Nasomatto gilt, erst einmal möglichst unvoreingenommen testen, wobei das ja für alle Düfte gilt...
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