Absinth 2007 Extrait de Parfum

Igraine
29.09.2010 - 06:06 Uhr
7.5
Flakon
5
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft

Dreckiger Heuschober

Nasomattos schräge Düfte sollen ja zum wilden Assoziieren einladen. Insofern ist es vermutlich nicht verwunderlich, wenn seine Düfte bei jedem andere Bilder erzeugen. Egal wie diese Bilder aussehen - das Kopfkino ist garantiert, wenn man sich darauf einläßt. Zudem ist mir schon mehrfach aufgefallen, dass sich diese Düfte hautabhängig sehr unterschiedlich entwickeln können. Welche Bilder das eigene Kopfkino hervorbringt, zeigt also nur der tapfere Selbstversuch und nicht das Lesen der Beschreibung anderer.

Ich liebe ja Absinth wie auch den Geruch von Wermutkraut, aber mit beiden hat dieser Duft für mich nicht allzuviel zu tun. Zu Beginn meine ich mal kurz Wermut zu riechen, aber das ist kaum erwähnenswert.
"Absinth" ist für mich ein riesiger Heuschober an einem Acker in der Mittagshitze eines Spätsommertages. Trocken, staubig, dunkelgrün, ein bißchen dreckig. Ich hatte selten einen so authentischen Heu-Duft in der Nase, außer in echt. Das Heu ist ganz frisch und duftet nach Unmengen von Coumarin - schwer, süß, vanilleartig, betäubend. Herbe bittere Kräuter sind auch darunter. Der aromatische, trance-erzeugende Heuduft mischt sich mit dem Geruch der Erde der trockenen, abgeernteten Felder in der flirrenden Hitze. Der hechelnde Wolfshund neben einem dünstet ein wenig animalisch.
Während man so faul und berauschten Sinnes stundenlang im Heu herumliegt, sinkt die Sonne tiefer, und mit den sinkenden Temperaturen wird der Geruch nach Erde, Gras und Moos stärker. Der schwere, sirupartige aromatische Coumarin- und Wiesenkräuterduft zieht sich zurück und läßt dem Vetiver immer mehr Raum - in diesem Falle von der dunkelgrünen, sehr erdigen Sorte. Sehr markant, aber meiner Meinung nach völlig damentauglich.
Ich tippe mal stark, dass hier auch ein winziges bißchen Zibet oder Castoreum beteiligt ist. Diese beiden Variationen von animalisch-dreckig kann ich eigentlich gar nicht ab. Sobald ich sie herausrieche, kann ich nur mit großer Mühe und für begrenzte Zeit das dringende Verlangen nach einer Dusche unterdrücken. Hier stört mich die leichte "dreckige" Note manchmal gar nicht, manchmal nur ein wenig - sie paßt irgendwie zum Heu und der Erde und macht diesen urtümlichen Duft noch authentischer.

"Absinth" ist ganz sicher nicht zu jeder Zeit und zu jeder Gelegenheit tragbar. Aber ich muß bekennen: Ich bin süchtig nach dem Zeug, wenn ich in der passenden Stimmung bin.
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