Miniature Art Collection

Wūlóng Chá 2014 Extrait de Parfum

EsterEverest
30.12.2021 - 03:11 Uhr
28
Top Rezension
8
Preis
8
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft

Der Schwarze Drache....

Oolong Tee, oder auch wūlóng chá in der Beamtensprache Chinas bedeutet übersetzt "Schwarzer Drache". Es ranken sich viele Geschichten darum, wie es zu diesem Namen gekommen ist. Manche behaupten, der Name des Bauern, der die Blätter versehentlich verstreut und erst trocken wieder gefunden hat, war Sulong. Durch eine Fehlinterpretation wurde daraus Wulong. In einer anderen Geschichte heißt der Mann sogar selbst Wūlóng Chá weil er ein gefährlicher Typ war, während er in einer Dritten von einem schwarzen Drachen über die Felder gejagd wird. Auf seiner Flucht vor dem Untier verliert der Bauer den Beutel mit den frisch gepflückten Teeblättern, einer teuren Oolong Sorte. Als er sich nach Tagen des Wartens zurück traut um seine, wie er glaubt, verdorbene Ernte wiederzuholen, entströmt dem Beutel der angenehmste Duft. Den Tee nennt er nach dem Monster, das ihn gejagt hat.
Nach der "Wuyi"-Theorie wurde der Oolong-Tee erstmals im 16. Jahrhundert in der Ming-Dynastie im Wuyi-Gebirge in der Provinz Fujian erfunden. Eine Geschichte aus dieser Region lässt sich in etwa folgendermaßen übersetzen:

Im 15. Jahrhundert
wurden die Teefelder aufgegeben
als einige der Felsentees zu wachsen begannen
sie lieben es, wenn der Nordwind an einem sonnigen Tag weht
aber nicht der Südwind oder Regen
sich der Duft verflüchtigt
das schöne Pflaumen- und Orchideenaroma
kommen vom letzten trocknen

Und in einer letzten heißt der Tee so, weil die getrockneten Blätter aussehen wie kleine, schwarze Drachen.

Allein der Name des Duftes hat also bereits so viele verschiedene Facetten, dass so manche Bücher damit füllen könnten. Ich nicht, ich bin aber auch wegen des Duftes hier, nicht für eine heiße Tasse Tee.

Vorweg muss ich sagen - ich mag Tee. Und ich mag den Duft von Tee. Ich mag auch Kaffee, auch den Duft, aber Tee macht mich immer ein wenig ruhiger während Kaffee mich eher anregt. Egal welchen Tee ich trinke. Oolong ist schließlich kein Einschlaftee, sondern ein herrliches Getränk für den ganzen Tag. Aber Tee ist für mich Ruhe, Kaffee Aktivität.

Den Wūlóng Chá habe ich vor wenigen Tagen erst in einem Sharing bekommen (Danke Scentemer!) nachdem ich drüber gestolpert bin und den Duft alleine schon wegen der vielen positiven Kommentare hier testen wollte.

Die Tage hier sind aktuell vor allem zwei Dinge: Nass und Dunkel. Da sind gute Laune Düfte um so dringender und von dieser Kreation aus dem Haus Nishane habe ich mir genau das erhofft. Am Tag als der Duft angekommen ist war es auch noch furchtbar kalt und viel zu tun. Der Duft ist in der Mittagspause gelandet.
Schnell also zum Briefkasten gehuscht als ich das Postauto wegfahren habe sehen und tatsächlich, da war er.
Der erste Eindruck: Frisch, zitrisch, fröhlich. Ein Crowdpleaser, auch wenn er, wenn man sehr eng an die Haut geht etwas leicht stechendes, herbes hat. Ich vermute, das ist die Mischung aus Mandarinen und Bergamotte, die ich schon häufiger als etwas herb wahrnehme. Es kann auch die Litsea Cubeba sein, die mit Citral ja auch einen starken Zitrusduft liefert. Dieser Eindruck hält sich auch sicherlich eine gute Stunde - also körpernah ein wenig herb, nicht unendlich feminin, Unisex im allerbesten Sinne. Um einen herum entfaltet sich der Duft jedoch weicher und sehr elegant.
Der Tee breitet sich aus, zusammen mit einer wärmeren Würze, die vermutlich vom Muskat kommt. Direkt herausriechen kann ich ihn persönlich nicht, aber die Wärme muss ja irgendeine Quelle haben. Der Moschus lässt auch nicht viel länger auf sich warten und die Duftaura, die einen am Ende umgibt, hat für mich eine helle gelb grün orange Farbe.

Der Duft selbst hat, wie viele hier schreiben und ich ihnen nur recht geben kann, für so einen frischen Kandidaten eine hammer Performance. Und auch wenn ich den reinen Duft von Zitrusfrüchten liebe, habe ich bislang wenig Parfums gefunden (oder getestet), die mir am Ende wirklich gefallen haben, liebe ich jede zitrische Note davon. Armani Light Blue als DER Sommerfreshy hat bei mir im Vergleich nur ein müdes Schulterzucken hervorgerufen. Zu Synthetisch, zu Parfum, leider nicht gut auf mir.
Der Wūlóng Chá dagegen ist ein anderes Kaliber.
Frisch, weich, sauber, fröhlich. Diese vier Worte assoziiere ich damit. Dabei würde ich den Duft jahreszeitlich gar nicht einengen wollen. Aktuell leistet er mir hervorragende Winterdienste, im Frühjahr und Sommer freue ich mich, wenn er mit Wärme in Kontakt gerät. Er macht mich ruhig, entspannt Muskeln von denen ich nicht merke, das ich sie angespannt habe. Vor allem den Geist. Er ist ein Fokusduft, einer fürs Büro oder auch für Zuhause zum ausarbeiten neuer Themen und finden neuer Ideen. Kein Kuschelduft für die Couch, auch kein Abends Essen gehen Duft. Mein Mann mag ihn nicht so gerne wie ich, weil er ihn als zu stechend und herb empfindet (er mag es aber auch deutlich süßer, ist ein riesen Fan von K´bridge Club von Xerjoff an mir und mehr der Kaffeetrinker). Für mich ist er der perfekte Duft für anstrengende Zeiten, in denen ich mentale Kraft brauche.
Zu meinem (finanziellen) Unglück ist er gerade sogar zu einem bezahlbaren Angebotspreis zu haben. Deswegen ging gestern die Bestellung für einen Flakon raus.
Weil dieser schwarze Drache wird mich ein gutes Stück begleiten.
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