Vert Reseda 2014

First
26.11.2020 - 11:24 Uhr
15
Top Rezension
7
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft

Zu Tale

Stellen wir uns einen Sommertag vor, einen Sommertag, an dem ich aufwache und feststelle: Ich bin in einer kleinen Pension. Alleinlage! Natur! Urlaub!
Nach dem Frühstück sehe ich mir die Umgebung an. Ich trete erwartungsvoll hinaus. Nur ein kleiner Rucksack ist mein Begleiter mit einer Wasserflasche, Geld, Sonnenbrille und Sonnencreme.
Es ist noch früh, aber die Sonne steht schon am Himmel. Ich sauge die Luft ein. Welche Blüten duften denn hier so herrlich hell, leicht und freundlich? Könnten das Freesien sein? Ich schaue mich um. Die kleine Pension hat einen großen, wohlkonzipierten Garten. Man sieht, dass er professionell angelegt wurde und sich weit nach links hinter das Haus erstreckt. Im Vordergrund blühen weiße Lilien vor frischem Buchsbaum. Sie duften und sehen wundervoll aus.
Den Garten kann ich später, wenn ich zurückkomme, noch genauer anschauen, denke ich, und wende mich dem kleinen Wanderpfad zu, der direkt am Haus beginnt. Kaum bin ich ein paar Meter gegangen, kommt ein süßlicher und leicht gammeliger Geruch in meine Nase. Schon sehe ich die Ursache: Ein Komposthaufen für den Gartenschnitt und offensichtlich auch für den zu entsorgenden Blumenschmuck der Pension. Hier welken die anfangs wahrgenommenen Freesien mit ihren glitschigen Blumenwasserstängeln auf allerlei anderem Verblühten und grünem Heckenschnitt. Ich gehe weiter. Der Geruch der vergehenden Blumensträuße und ihrem Wasser nimmt ab.

Als ich um die nächste Kurve biege, öffnet sich ein schöner Ausblick über weite Wiesen, zu denen sich der Weg harmonisch hinabschlängelt. Wohlgemut schlage ich ihn ein. Ich stelle fest, dass ich nun hinten an dem großen Garten vorbeikomme und erneut steigt mir der Duft von Blumen in die Nase, anderer Blumen. Nur welcher? Eigentlich riecht es nach Chrysanthemen. Aber ist es dafür nicht noch zu früh im Jahr? Nein, offensichtlich nicht. Eine riesengroße Anpflanzung sonnengelber, senfgelber, flieder- und magentafarbener Chrysanthemen erstrahlt unter dem blauen Himmel. Beeindruckend!

Nun entfernt sich der Weg von dem Garten, und schlängelt sich durch Wiesen hinab ins Tal. Der Chrysanthemenduft begleitet mich noch lange, aber ich merke auch, dass es hier unten immer feuchter wird. Ich schaue auf die Uhr: Wie schnell die Zeit vergeht! Ich bin schon fast eine Stunde unterwegs.
Um mich herum wird es nun immer sumpfiger. Rechts und links sehe ich die typischen braunen Pompesel der Rohrkolben und an anderen Stellen blühen sogar gelbe Sumpflilien. Erneut steigt auch ein Geruch nach Vergänglichkeit in meine Nase, diesmal jedoch anders: Es ist der typische Geruch von einem sumpfigen See, nicht erdig-modrig oder wirklich gammelig, sondern eben nach Wasserpflanzen in überwiegend stehendem Süßwasser.
Die Sonne steht nun hoch. Ich bin froh darüber. Gen Abend wird es hier mit Sicherheit Mücken geben.
Ich hole die Sonnencreme raus und creme mir die nackten Arme und die Schultern ein. Eine andere Sonnencreme nehme ich fürs Gesicht. Ich trinke etwas Wasser und lasse mich am See nieder. Es ist menschenleer. Von Ferne höre ich das leise und sanfte Plätschern eines Zuflusses oder Bächleins. Ab und zu platscht auch etwas ins Wasser. Sind das Frösche? Ich sehe nichts. Es raschelt. Kleine Lebewesen gehen wieder ihrer Wege, nachdem ich mich so still verhalte als sei ich nicht mehr da und ein leiser Windhauch streift meine Haut. Ich schließe die Augen und hänge meinen Gedanken nach.
Nun bin ich schon einige Stunden lang weg. Nicht mehr allzu lange und ich werde hungrig werden. Also beschließe ich umzukehren. Nun geht es leicht bergauf. Spontan schlage ich jedoch einen anderen Weg als den Hinweg ein. Er führt mich nicht wieder an dem Garten vorbei, sondern macht einen großen Bogen, um auf der anderen Seite der Pension wieder anzukommen. Noch sehr lange habe ich den Geruch des Süßwassers und der Flora unten am Teich in der Nase mit einem Hauch meiner Sonnencreme.
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