22.06.2018 - 14:26 Uhr
FvSpee
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FvSpee
Top Rezension
15
Luxusuhr mit Armband aus dem Kaufhaus, oder: Fragen über Fragen
Omega Aqua Terra ist als 10-ml-Taschezerstäuber-Abfüllung als Geschenk eines sehr geschätzten und großzügigen Mitparfumos unter mein Dach gekommen. Ich habe ihn gestern und heute ausprobiert (und mit mir das Näschen an meiner Seite), und zwar ohne von dem Duft jemals gehört oder hier nach den Bewertungen und sonstigen Informationen geschielt zu haben. Im Ergebnis wollte ich hier ein (wahrscheinlich zu langes) Statement verfassen, das in etwa so gelautet hätte:
"Synthetischer Aquate. Schlicht und unprätentiös. Nicht besonders originell oder wertig, aber harmonisch und trotz allem irgendwie rundum sympathisch. Dezenter fruchtiger Einschlag und gewisse Trockenheit (vielleicht Holz). Haltbarkeit mäßig".
Ich mochte den recht gern, Frau von Spee auch. Ich hätte 7,5, vielleicht gut gelaunt 8 Punkte vergeben.
Nachdem ich hier nun recherchiert habe, was es mit diesem Elixier auf sich hat, muss ich meine Rezension allerdings ganz anders beginnen. Vielleicht so:
Neulich waren wir einen Teppich für unser Wohnzimmer kaufen. Der Teppichverkäufer in einem hiesigen renommierten Großhandel, der Teppiche aller Preisklassen feilbietet, war ein verschmitzter älterer Herr (an sich bereits in Rente, aber in Teilzeit reaktiviert), mit dem wir ins Plaudern kamen, Thema unter anderem: Seine Erlebnisse in einem langen Berufsleben. So erzählte er uns auch von dem Kunden, der einen Perserteppich für etliche Tausend Euro (oder noch D-Mark) erworben hatte und dann darum bat, diesen in eine bestimmte unregelmäßige Form zuzuschneiden. Das verwirrte Gesicht des Verkäufers quittierte er mit der Erklärung, der Teppich sei für den Kofferraum seines neuen Ferraris, in so einen Wagen gehöre schließlich keine Auslegware aus dem Baumarkt.
Die Position des Ferrarifahrers mag sehr snobistisch sein, meine Position ist sie schon deshalb nicht, weil ich keinen Ferrari fahre und mir wohl auch keinen leisten könnte bzw. wollte. Aber konsequent, stimmig und daher für mich letztlich eher sympathisch als empörend ist sie schon: Luxus zu Luxus!
Aus mir unerfindlichen Gründen verfahren die Inhaber teurer Gebrauchsgütermarken, wenn sie Düfte als Begleitprogramm auf den Markt werfen, praktisch immer gegenteilig. Da mag der Personenkraftwagen mindestens 100.000 Euro, die Armbanduhr mindestens 10.000 Euro und das mikroskopisch kleine Damentäschchen mindestens 1.000 Euro kosten - die Düfte, die unter dem gleichen Label den Verbraucher beglücken sollen, sind meist in ihrer Machart alles andere als exklusiv: gehobener Durchschnitt und oft nicht mal das. Nun könnte man einwenden, an so manchem teuren Herren- oder Damenaccessoire sei das einzig exklusive ja auch der Preis; aber witzigerweise sind die Nobelmarken-Düfte oft auch nicht überteuert, es handelt sich um Mittelklassequalität zu Mittelklassepreisen.
Und ähnlich verhält es sich bei Omega Aqua Terra: Der Klassiker Aqua Terra der Uhrenmarke Omega ist preislich gesehen (was die Qualität betrifft, fehlt mir die Fachkunde) zwar kein absolutes High-End-Produkt des Chronometer-Marktes, aber immerhin: die verschiedenen Ausführungen sind so im Bereich von 2.000 bis 10.000 Euro zu haben. Der Duft hingegen ist, wie schon aus meinem obigen Statement-Entwurf hervorgeht, absolut massentauglich und dezidiert unoriginell. Und die handwerkliche Qualität einer Schweizer Uhr passt nicht zu den aus meiner Sicht durchaus dominierenden, wenngleich in der Duftpyramide nicht aufscheinenden synthetisch-aquatischen Noten.
Da für mich zum Genuss eines Duftes immer auch die Gesamtkomposition gehört, was den Namen, den Flakon, ja unter Umständen sogar die Umstände des Kaufs einschließt (ich bin allerdings so frei, da nach Belieben auch Ausnahmen zu dekretieren), und da das alles hier genauso wenig zusammenpasst wie ein Automatikchronograph für 5.000 Euro zu einem (durchaus hübschen) No-Name-Uhrenarmband aus dem Kaufhaus für 29,99 Euro, ziehe ich auch einen Punkt in der Gesamtwertung ab.
Es bleiben die Fragen:
1. Warum haben teure Mode-, Auto- und ähnliche Marken überhaupt den Ehrgeiz, Düfte unter ihrem Namen herauszubringen? Ist die Marge in ihrem Kerngeschäftsmodell denn wirklich so gering, dass sie diesen Zusatzgewinn brauchen?
2. Wenn sie schon Parfüms auf den Markt werfen, warum dann keine wirklich herausragenden, mutigen, besonderen, exquisiten Kompositionen, über die man redet so wie über den neuen X-Schlitten oder das neue Y-Chronometer? Warum olfaktorisch nur Massentaugliches?
3. Wenn die Düfte schon in der Machart konventionell sein müssen, warum verhökert man sie dann nicht wenigstens für 500 Euro den Flakon, um damit mindestens über den Preis die Illusion eines Nobelprodukts zu generieren (und nebenbei satten Zusatzprofit einzustreichen), statt sich mit Preisschildchen wie auf einem einfachen (nicht den Exklusivserien angehörenden) Dior- oder Guerlain-Produkt das Nobelimage zu bekleckern?
4. Was zum Geier hat dieser Duft, vielleicht abgesehen vielleicht vom Design des Flakons, mit der gleichnamigen Uhr zu tun?
"Synthetischer Aquate. Schlicht und unprätentiös. Nicht besonders originell oder wertig, aber harmonisch und trotz allem irgendwie rundum sympathisch. Dezenter fruchtiger Einschlag und gewisse Trockenheit (vielleicht Holz). Haltbarkeit mäßig".
Ich mochte den recht gern, Frau von Spee auch. Ich hätte 7,5, vielleicht gut gelaunt 8 Punkte vergeben.
Nachdem ich hier nun recherchiert habe, was es mit diesem Elixier auf sich hat, muss ich meine Rezension allerdings ganz anders beginnen. Vielleicht so:
Neulich waren wir einen Teppich für unser Wohnzimmer kaufen. Der Teppichverkäufer in einem hiesigen renommierten Großhandel, der Teppiche aller Preisklassen feilbietet, war ein verschmitzter älterer Herr (an sich bereits in Rente, aber in Teilzeit reaktiviert), mit dem wir ins Plaudern kamen, Thema unter anderem: Seine Erlebnisse in einem langen Berufsleben. So erzählte er uns auch von dem Kunden, der einen Perserteppich für etliche Tausend Euro (oder noch D-Mark) erworben hatte und dann darum bat, diesen in eine bestimmte unregelmäßige Form zuzuschneiden. Das verwirrte Gesicht des Verkäufers quittierte er mit der Erklärung, der Teppich sei für den Kofferraum seines neuen Ferraris, in so einen Wagen gehöre schließlich keine Auslegware aus dem Baumarkt.
Die Position des Ferrarifahrers mag sehr snobistisch sein, meine Position ist sie schon deshalb nicht, weil ich keinen Ferrari fahre und mir wohl auch keinen leisten könnte bzw. wollte. Aber konsequent, stimmig und daher für mich letztlich eher sympathisch als empörend ist sie schon: Luxus zu Luxus!
Aus mir unerfindlichen Gründen verfahren die Inhaber teurer Gebrauchsgütermarken, wenn sie Düfte als Begleitprogramm auf den Markt werfen, praktisch immer gegenteilig. Da mag der Personenkraftwagen mindestens 100.000 Euro, die Armbanduhr mindestens 10.000 Euro und das mikroskopisch kleine Damentäschchen mindestens 1.000 Euro kosten - die Düfte, die unter dem gleichen Label den Verbraucher beglücken sollen, sind meist in ihrer Machart alles andere als exklusiv: gehobener Durchschnitt und oft nicht mal das. Nun könnte man einwenden, an so manchem teuren Herren- oder Damenaccessoire sei das einzig exklusive ja auch der Preis; aber witzigerweise sind die Nobelmarken-Düfte oft auch nicht überteuert, es handelt sich um Mittelklassequalität zu Mittelklassepreisen.
Und ähnlich verhält es sich bei Omega Aqua Terra: Der Klassiker Aqua Terra der Uhrenmarke Omega ist preislich gesehen (was die Qualität betrifft, fehlt mir die Fachkunde) zwar kein absolutes High-End-Produkt des Chronometer-Marktes, aber immerhin: die verschiedenen Ausführungen sind so im Bereich von 2.000 bis 10.000 Euro zu haben. Der Duft hingegen ist, wie schon aus meinem obigen Statement-Entwurf hervorgeht, absolut massentauglich und dezidiert unoriginell. Und die handwerkliche Qualität einer Schweizer Uhr passt nicht zu den aus meiner Sicht durchaus dominierenden, wenngleich in der Duftpyramide nicht aufscheinenden synthetisch-aquatischen Noten.
Da für mich zum Genuss eines Duftes immer auch die Gesamtkomposition gehört, was den Namen, den Flakon, ja unter Umständen sogar die Umstände des Kaufs einschließt (ich bin allerdings so frei, da nach Belieben auch Ausnahmen zu dekretieren), und da das alles hier genauso wenig zusammenpasst wie ein Automatikchronograph für 5.000 Euro zu einem (durchaus hübschen) No-Name-Uhrenarmband aus dem Kaufhaus für 29,99 Euro, ziehe ich auch einen Punkt in der Gesamtwertung ab.
Es bleiben die Fragen:
1. Warum haben teure Mode-, Auto- und ähnliche Marken überhaupt den Ehrgeiz, Düfte unter ihrem Namen herauszubringen? Ist die Marge in ihrem Kerngeschäftsmodell denn wirklich so gering, dass sie diesen Zusatzgewinn brauchen?
2. Wenn sie schon Parfüms auf den Markt werfen, warum dann keine wirklich herausragenden, mutigen, besonderen, exquisiten Kompositionen, über die man redet so wie über den neuen X-Schlitten oder das neue Y-Chronometer? Warum olfaktorisch nur Massentaugliches?
3. Wenn die Düfte schon in der Machart konventionell sein müssen, warum verhökert man sie dann nicht wenigstens für 500 Euro den Flakon, um damit mindestens über den Preis die Illusion eines Nobelprodukts zu generieren (und nebenbei satten Zusatzprofit einzustreichen), statt sich mit Preisschildchen wie auf einem einfachen (nicht den Exklusivserien angehörenden) Dior- oder Guerlain-Produkt das Nobelimage zu bekleckern?
4. Was zum Geier hat dieser Duft, vielleicht abgesehen vielleicht vom Design des Flakons, mit der gleichnamigen Uhr zu tun?
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