2. Nawab of Oudh Parfum 2012

Zewana
21.08.2017 - 15:55 Uhr
9
Top Rezension
9
Flakon
7
Sillage
9
Haltbarkeit
8.5
Duft

Von Nawab, den Herrschern des Oudh`s und Herr Schöns Genialität.

Der Duftverlauf ist Spannung pur, es bedarf hier keiner Geschichte.

Das ist der 4. Ormonde Duft den ich testen darf (Dank der lieben Cafenoir). Auch dieser Duft ist spannend, überraschend und trotz bekannter und oft interpretierter Duftpyramide, so ganz anders. Für mich ein kleines Kunstwerk, der auch seine Schmiede klar erkennen lässt.

Los geht`s :)
Die Kopfnoten eröffnen den Duft wirklich ungewöhnlich, spritzige Bergamotte, und natürliche, sonnengereifte Orangenoten sind klar vernehmbar. Aldehyde und irgendwas Grünes, nicht wie Gras, eher wie die saftigen Blätter die eines alten, erwürdigen Baumes, zudem bindet ein Klecks Kardamon den Duft würzig ab. Mal was anderes, ungewohnt, aber sehr interessant. Ich hatte ab und zu den Eindruck Spuren von Minze wahrzunehmen. Klar, hell und dennoch so richtig schön balsamisch.

Der Übergang zum Herzen, nach ungefähr 40 Minuten, ist ein gelungener Kunstgriff und es macht Spaß dem zu folgen. Im tiefen Herzen bleibt`s auch weiterhin balsamisch. Es ist wirklich schwer die einzelnen Noten auszumachen. Insgesamt eine recht außergewöhnliche Interpretation von blumig, grüner, würziger Frische. Eine verspielte Rose nimmt eine zentrale und dennoch untergeordnete Rolle ein. Man kann sich das Ganze wie ein eng gebundener Strauß vorstellen, bei dem man die einzelnen Ingredienzien zwar betrachten kann, also wahrnimmt, aber für die Nase immer das ganze Bouquet zur Verfügung steht. Ich bilde mir ein, dass ich die Magnolie etwas stärker rieche als die Rose und immer wieder blitzten etwas unscharfer, warmer Zimt und würzige Myrtheprodukte hervor, um die Blüten nicht zu üppig werden zu lassen. Nichts ist laut, nichts ist stechend, nichts ist störend und es ist irgendwie auch kein Blumenduft.

Das weiche Moschus Samtbett, auf dem das Bouquet ruht, lässt sich auch schon im Herz ab und an erahnen. Nach ca. 2-3 Stunden präsentiert sich das Herz des Duft wieder etwas anders, irgendwie verspielter ohne den Ernst seiner Erwachsenen Aura zu verlieren.

Auch die Basis ist ungewöhnlich dicht verwoben. Oudh kann ich deutlich wahrnehmen, aber es ist so ganz anders eingebunden. Nicht dunkel und harzölig und irgendwie penetrant, sondern edel, trocken, tanzend, graugrün leuchtend. So mag ich Adlerholz. Flankiert von Moschus und Vetiver, verliert es hier jede Düsterheit und verbindet sich hervorragend mit Labdanum. Ambra spielt hier fast keine Rolle, außer dass es die Basis irgendwie geschmeidig abrundet.

Doch Herr Schöns Kunstfertigkeit überrascht nicht nur im Vorgenannten. Mit Nachlassen der Basis, nach ca. 8 Stunden, leitet der Duft noch ein unerwartetes und wunderschönes Fadeout ein. Nach und nach entwickelt sich ein wundervolles, zartes, fragiles, hellrosa Blumengebinde mit einer ausgesprochenen sauberen Cremigkeit. Wunderbar!

Dieser Duft ist ein wahres Kunsterk an Wandelbarkeit, Ernsthaftigkeit und trotzdem in Anteilen verspielt und jugendlich. Haltbarkeit locker 10 Stunden, wobei er in der meisten Zeit körpernah wärmt, hebt, tröstet und dennoch fordert. Er wirkt außergewöhnlich edel und eignet sich als gut Signaturduft. Für mich eher ein Damenduft.

Spiegelt der Duft Indien für mich wieder? Nein, denn dafür ist er mir eine Spur zu leise. Wenn ich an die großen Städte Indiens denke, fehlen mir hier die kräftigen Farben und das geschäftige Treiben. Wenn ich allerdings ins Hinterland schaue, kann ich die stolzen Herrscher finden, die diesen außergewöhnlichen Duft tragen. Ein bisschen wie Sonnenuntergang hinter fruchtbaren Feldern, knochigen Bäumen und entspannten und glücklichen Menschen die Ihre Heimat lieben.

Gefällt mir sehr, sehr gut. Allerdings ist das Preis-Leistungsverhältnis in meinen Augen etwas schwach. Dafür fehlt mir dann doch der WOW - den muss ich unbedingt haben Effekt. Add to List "Nice to have, oder like Abfüllung" :)

#cremig #balsamisch #würzig
3 Antworten