Ambra Nera 2011 Eau de Parfum

Serenissima
12.01.2019 - 13:00 Uhr
19
Top Rezension
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft

problemlos und absolut liebenswert

Schwarzer Amber und Weihrauch: wie alt musste ich werden, um die Schönheit dieser Duftnoten in all ihren Facetten so genießen zu können!
Langjährige Bekannte sind immer noch erstaunt, dass ich zierliches, blondes "Blumenwesen" mich für diese - häufig sehr wuchtigen - Duftkreationen begeistern kann und wie gut diese trotzdem zu mir passen.
Natürlich lässt mir meine angeborene Neugier auch keine Ruhe; welche Mutter hat noch eine tolle Duft-Tochter?

In den unterschiedlichsten "Abreise-/To go"-Ordnern stöbernd, fand ich "Ambra Nera".
Der sizilianische Hersteller hat sich bereits bei der Wahl der Flacons einiges einfallen lassen: man schaut doch zweimal hin. "Hallo, wer bist denn Du?"
Ich kenne Siracusa zwar nur von einem Tagesausflug von Malta her. Damals, an einem 21. Dezember, kam ich mit einem Katamaran von Valetta nach Sizilien - 90 Kilometer über das Meer in einem Gefährt, dessen Passagierkabine eine Neigung von ca. 90° zur Wasseroberfläche aufweist: die Haltestangen überall sind notwendig!
Ein besonderes Erlebnis der Mittelmeer-Überquerung mitten im Winter!
Dass Siracusa nicht nur eine der übliche, reizvollen Altstädte und den "Archäologischen Park" aufzuweisen hat, in dem Zitrusfrüchte in Massen zum Aufheben und Mitnehmen auf den Wegen liegen, sondern auch einen feinen Parfumzauberer, wusste ich bis heute nicht.
Erst Yatagan machte mich durch seine Antwort auf mein Statement darauf aufmerksam - vielen Dank!
Denn dem Unternehmen Ortigia und Lorenzo Villoresi gelingt es, aus verhältnismäßig wenigen Duftnoten einen sehr liebenswerten Duft zu kreieren.
Bitte: "liebenswert" ist nicht abwertend gemeint!

"Ambra Nera" überrascht durch einen Auftakt von gut abgelagerten Hölzern, nicht sonderlich exotisch, sondern wohl eher von heimischer Herkunft. Das kleine Näschen registriert das erfreut!
Von den pauschaliert aufgeführten "Gewürzen", erkenne ich einen feinen Hauch von Muskatnuss; eine Duftnote, die ich sehr mag - nicht nur in der Küche!
Auch wurden wohl ein wenig Lorbeer und ein paar Blättchen Basilikum hinzugefügt: meine Sinne signalisieren mir das! Sizilien - ich erkenne Dich!
So ist das erste Kennenlernen schon erst einmal gelungen: wir beide mögen uns!
Das erdige Dunkel von Vetiver (in meiner Vorstellung ist es immer ein sehr dunkles, leicht feuchtes Dunkelgrün mit bemooster Oberfläche!) trifft auf würzige Zeder - was brauche ich also mehr, um angerührt zu werden?
Die Zeder! Nicht nur, dass deren Holzspäne hervorragend gegen Motten helfen - bei meiner Woll- und Kaschmirkollektion ein Segen! -: ihr Duft entführt mich sofort in den Süden - Richtung gefühlter Heimat!
Denn, dass ich hiervor Jahrzehnten in den "falschen Schornstein" geworfen wurde, ist ja inzwischen hinlänglich bekannt!
Patchouli, diese golden flimmernde, immer leicht schwebende Duftschönheit, beschließt dieses doch recht außergewöhnliche Herz eines Duftes: Gewürze und Hölzer; typische Vertreter einer satten Basisnote - was kommt jetzt noch?
Bisher entzückt mich der Duftverlauf: so ganz einfach und geradeaus - ohne Wenn und Aber, von natürlicher Anmut!
In "Ambra Nera" treffe ich eine problemlose, einfach nur schöne Duftkreation, die Freude macht.
Die hier erwähnte Basisnote weckt Erwartungen: was wird sich mir darbieten?
Aber ja: Labdanum - meine so geschätzte Zistrose, enttäuscht mich auch als Harz nie!
Ein Seelenschmeichler ganz besonderer Art: ein Lächeln kehrt zurück; der die Tage beherrschende Kummer scheint für einen Augenblick vergessen.
Welch ein Kraut - welch ein Harz!
Galbanum ist auch hier ein gleichberechtigter Partner: beide zusammen ergeben einen harmonischen Abschluss dieses charmanten, wenn auch ungewöhnlichen Duftgeflechtes.
Auch ist es gelungen, Moschus so geschickt dosiert einzusetzen, dass eine Melange entsteht, die durchaus geglückt ist: sie erschlägt nicht - sie beglückt nur.

Für mich ist die Bekanntschaft mit "Amber Nera" ein Gewinn.
Gerade, weil es ein Duftwesen ohne die erwartete Wucht und Kraft ist, ist es mir so sympatisch.
"Ambra Nera" schützt und wärmt, umarmt und tröstet - ohne selbst große Ansprüche zu stellen.
Mit einer Haltbarkeit, die zu der Leichtigkeit passt; sie entspricht meinen Erwartungen.
Eine gute, handwerklich gekonnte Duftkomposition muss nicht stundenlang um mich herum wabern: manchmal reicht eine Umarmung, die einige Stunden präsent ist und einfach nur umschmeichelt.

Ich kann mir vorstellen, dass "Ambra Nera" ein gelungener Einstieg in diese "dunklere Seite" der Düfte sein könnte. Wer ihn wagt, geht kein großes Risiko ein.
Es fordert nicht - es gibt!
Es ist nicht laut - nein, leichtfüßig und leise!
Es dominiert nicht - umarmt stattdessen!
Dabei doch vollmundig und mit viel Einfühlungsvermögen komponiert: ein Freund, der da ist, wenn man ihn braucht!
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