Bergamask von Orto Parisi

Bergamask 2014

FLUidENTITY
02.03.2015 - 17:16 Uhr
23
Top Rezension
8Duft 10Haltbarkeit 7.5Sillage 7.5Flakon

Gerade noch die bizarre Kurve gekriegt

Allessandro Gualtieri ist eine schillernde Figur, das steht außer Frage und genau das macht ihn interessant. Auch wenn er polarisiert, bin ich jemand, der seine Kreationen mag und schätzt, weil es einfach so herrlich unkonventionell ist. So verhält es sich logischerweise auch bei seiner Orto Parisi Linie.

Während Stercus den Geist eines Black Afgano atmet, fällt Boccanera gemäßigter aus und mit Viride ist wieder der Gipfel des Bizarren erreicht. Wie ist Bergamask nun einzuordnen? Auf den ersten Riecher harmlos, aber der Schein trügt, Bergamask hat es faustdick hinter den Löffel.

Der Auftakt und die erste Halbzeit des Duftverlaufs ist beängstigend, weil erstmal nicht der typische Gualtieri zu entdecken ist, sondern ein angedeuteter Gualtieri. Er präsentiert sich ein wenig durch die Blume, um über die Hintertür ins Haus zu fallen. Das vermeintlich nette Zitrische ist gar nicht so nett, wie es tut. Es ist eine anstrengende Frische, die den Hang zum Pöbeln hat, und einen irgendwie schräg und kompliziert angrinst. Ein frischer Gualtieri mit Zitrone, der an ein Cologne erinnern will? Ja, aber ziemlich bald nein, denn die Frische ist verstörend wie der Drive eines Stercus oder Viride. Man kann die Frische auch als unangenehm empfinden, als deplaziert und eigentlich aufdringlich, penetrant und schlicht unerwünscht. Entweder es kommt zu einem Zerwürfnis zwischen dem Träger und dem Duft (oder zwischen dem Träger des Duftes mit den Mitmenschen oder zwischen den Mitmenschen und dem Duft) oder man ist total auf einer Linie miteinander. Die erste Halbzeit ist definitv spannungsgeladen und provokant. Ich würde den Duft definitv tragen, aber vielleicht ist er nicht jeder Nases Sache. Die Ästhetik des Hässlichen ist hier der casus cnaxus, mit der man rechnen und sie in Kauf nehmen muss, wenn man sich mit dem Duft auseinandersetzt. Auf jeden Fall haben wir bis hierher einen Ausreißer Gualtieri, der in der Orto Parisi Reihe bis hierher ein Solitär ist.

Doch Alessandro Gualtieri wäre nicht Alessandro Gualtieri, wenn er nicht eine original Gualtieri Wendung einläuten würde. Unter der frischen Zitrone lauert ein Stercus, ein Black Afgano, ein Cuirs, ein Black Oud oder wie sie alle heißen diese Vertreter. Es ist ein Augenzwinkern Gualtieris, dass er genau weiß, dass er den Träger wieder an der Nase entlang geführt hat. Auch in entlegendsten Gefilden, zaubert er sich wieder ins Zentrum des Geschehens. Die Black Afgano Handschrift ist eine Machtdemonstration. Was Gualtieri anpackt, das kann auch genauso werden, wie er es eben will und vermeintlich haben wollte. Ein Black Afgano durch die Hintertür, nach einem so frischen, zitrischen Auftakt.
5 Antworten
TiffyTiffy vor 8 Jahren
Genau auf den Kopf! So habe ich es auch erlebt!
DaveGahan101DaveGahan101 vor 11 Jahren
Schöner Duft..muss ich aber nicht haben! Kann aber keinerlei Parallelen zu Nasomatto erkennen, erst recht nicht zum Black Afgano!
AdanAdan vor 11 Jahren
Bergamask --> Mandarinen-Öl + Javanol/Ebanol/Polysantol
Black Afgano --> Cashmeran + Texas-Zedernholzöl + Syrupsüße
Die Düfte sind konzeptuell so grundverschieden, dass ich nur den Kopf schütteln kann.
GanduinGanduin vor 11 Jahren
Kommentare sind ja auch keine Informationsbroschüre.
Safin23Safin23 vor 11 Jahren
Schade, dass du so wenig über den Duft selbst schreibst und so viel über die Person, die ihn gemacht hat bzw. die den Duft trägt. Wenn man nur diesen Kommentar liest, ohne die anderen Düfte zu kennen, ist Gewinn an Erkenntnis ziemlich klein.