Stercus Orto Parisi 2014
35
Top Rezension
Griffith Park
Es gibt ein paar Parfums, die haben - aus ganz verschiedenen Gründen - einen Ruf wie Donnerhall. Chanels N°5 etwa oder Creeds Aventus und Paco Rabannes 1 Million - man sieht, es können völlig unterschiedliche Arten von Düften sein. Stets sind es jedoch solche Düfte, die stark polarisieren (bei den genannten: All time-Classic vs. tantig, Mr. Success vs. neureich, Schlüpferstürmer vs. Vorstadtprolet). Eine Parfumfamilie, die traditionell besonders stark polarisiert, ist die der 'Stinker', also der pointiert animalischen Düfte - und so etwas wie deren heimlicher König ist Orto Parisis bzw. Alessandro Gualtieris Stercus - der, dessen Name ganz prosaisch 'Scheiße' heißt.
Vor kurzem saß ich in einen wunderbaren Nachmittag lang in einem Park - einem sehr schönen - dem Griffith Park in Los Angeles. Kurz zuvor hatte es dort - für diese Jahreszeit und für Südkalifornien - erstaunlich ergiebig und lange geregnet. Das Wasser hatte den Boden aufgeweicht, und es lag ein erdiger Geruch in der noch immer feuchten Luft, durchzogen vom jungen Grün der Gräser und der Frühlingsblumen. Und es war eine Ahnung von Dung mit in der Luft - als habe irgendwo nicht weit entfernt ein fürsorglicher Gärtner den Kiefern und den Rhododendren ein kleines Extrafrühstück gönnen wollen. Und er war unendlich gut und schön, dieser Geruch.
Torfig ist er, der Geruch von Stercus - und irden mit einer nur vagen - und erstaunlicherweise gar nicht abstoßenden - Ahnung von Fäkalaromen darin. Feuchtes Tierfell ist dabei - und so etwas wie verwitterte Rinde oder Mulch. Er ist ein ehrlicher und wahrhaftiger Duft, als habe Alessandro Gualtieri ihn direkt aus dem Herzen der Erde extrahiert - unverfälscht, fruchtbar, lebendig. Ein Duft so wie die lehmige Krume zwischen unseren Händen, das morsche Holz eines umgestürzten Baumes, die Losung eines liebestollen Junghirsches in seinem ersten Frühling mit Geweih - und wie die warme Luft im Griffith Park nach dem Regen. Und gar nicht 'scheiße'.
Fazit: Los Angeles ist keine der Städte, die ihren Charme gleich beim allerersten Mal versprühen. Im Gegenteil sind viele Leute nachgerade enttäuscht nach ihrem ersten Besuch in der Stadt der Engel - so sehr mitunter, dass es zu keinem Zweitbesuch mehr kommt. Kommt man jedoch ein zweites oder ein drittes Mal hierher, entdeckt man wunderbare Stadtviertel und Landschaften in der Umgebung, verliebt sich in den kühlglitzernden Pazifik - und findet viel Schönheit jenseits von Hollywood Boulevard und Chateau Marmont. Und sitzt vielleicht einen Nachmittag lang im Griffith Park - wo nach einem warmen Frühlingsregen die Erde ihr Herz ganz weit öffnet.
Vor kurzem saß ich in einen wunderbaren Nachmittag lang in einem Park - einem sehr schönen - dem Griffith Park in Los Angeles. Kurz zuvor hatte es dort - für diese Jahreszeit und für Südkalifornien - erstaunlich ergiebig und lange geregnet. Das Wasser hatte den Boden aufgeweicht, und es lag ein erdiger Geruch in der noch immer feuchten Luft, durchzogen vom jungen Grün der Gräser und der Frühlingsblumen. Und es war eine Ahnung von Dung mit in der Luft - als habe irgendwo nicht weit entfernt ein fürsorglicher Gärtner den Kiefern und den Rhododendren ein kleines Extrafrühstück gönnen wollen. Und er war unendlich gut und schön, dieser Geruch.
Torfig ist er, der Geruch von Stercus - und irden mit einer nur vagen - und erstaunlicherweise gar nicht abstoßenden - Ahnung von Fäkalaromen darin. Feuchtes Tierfell ist dabei - und so etwas wie verwitterte Rinde oder Mulch. Er ist ein ehrlicher und wahrhaftiger Duft, als habe Alessandro Gualtieri ihn direkt aus dem Herzen der Erde extrahiert - unverfälscht, fruchtbar, lebendig. Ein Duft so wie die lehmige Krume zwischen unseren Händen, das morsche Holz eines umgestürzten Baumes, die Losung eines liebestollen Junghirsches in seinem ersten Frühling mit Geweih - und wie die warme Luft im Griffith Park nach dem Regen. Und gar nicht 'scheiße'.
Fazit: Los Angeles ist keine der Städte, die ihren Charme gleich beim allerersten Mal versprühen. Im Gegenteil sind viele Leute nachgerade enttäuscht nach ihrem ersten Besuch in der Stadt der Engel - so sehr mitunter, dass es zu keinem Zweitbesuch mehr kommt. Kommt man jedoch ein zweites oder ein drittes Mal hierher, entdeckt man wunderbare Stadtviertel und Landschaften in der Umgebung, verliebt sich in den kühlglitzernden Pazifik - und findet viel Schönheit jenseits von Hollywood Boulevard und Chateau Marmont. Und sitzt vielleicht einen Nachmittag lang im Griffith Park - wo nach einem warmen Frühlingsregen die Erde ihr Herz ganz weit öffnet.
9 Antworten
UntermWert vor 4 Jahren
Sehr schön und mit so viel Zugewandtheit geschrieben. Ich teste ihn gerade anleinen Sommerabend nach einem Tag heftigster Hitze. Ich rieche gar nichts fäkales, sondern süßlich holzig erdiges. Fast ärgert mich der Name… der Duft ist sehr freundlich. Ich hatte etwas viel heftigeres erwartet.
DonDonDon vor 8 Jahren
Sehr gut! Da gehe ich mit, schöne Geschichte :-)
Skjomi vor 8 Jahren
Wunderschön geschrieben und herzerwärmend beim Lesen! Ich rieche schon die fäkale Note, aber zauberhafterweise auch alles andere, was du beschreibst.
Jumi vor 9 Jahren
Wunderschön beschrieben! Und gar keine Scheisse weit und breit :) Für mich auch ein Tier mit warmem Fell in seiner natürlichen Umgebung (Jungle)
Azahar vor 9 Jahren
Wunderbarer Kommentar, habe ich gerne gelesen und macht neugierig auf den Duft!
Seejungfrau vor 9 Jahren
Eine Stimme für Stercus,schön beschrieben!Ich trage diesen Duft sehr gerne-weil er für mich wunderschön ist.
Rookie82 vor 9 Jahren
Nach meinem Eindruck kommt für ungeübte Nasen , insbesondere beim Erstkontakt, schon deutlich eine fäkale Note durch. Von mal zu mal gefällt er mir aber besser in seiner "herzhaften" Art.
M3000 vor 9 Jahren
So viel Herz konnte ich Stercus nicht entgegen bringen. Schön zu lesen!
Hofnärrin vor 9 Jahren
was für ein poetischer Kommentar!

