MonsieurTest
30.09.2021 - 07:04 Uhr
36
Top Rezension
10
Preis
8
Flakon
4
Sillage
5
Haltbarkeit
8
Duft

Ode an Apfelsine. Lied auf den Lehmann

Apfelsine. Allmächtige komm vom Äther herab …
Zu deinem Tempel. Einst von Harry erbaut.
Hinten auf der Kantstrasse im Westen Berlins.
Wo sie Duft-Opfer bringen für die Parfumos.
Brauen heut noch die kühlenden Colognes selbst
Ganz ohne Weihrauch.
Saftig tropft hier Orange. Mit Grünzeug verschattet.
Den Baum ganz hinein und gar noch ein wenig an Erde.
Dass ich voll Seligkeit, sobald ich mich forsch besplashe, Frische erhasche.
Drüben. Dort auf der Wiese tummeln sich Freunde.
Fummeln im Klee und in den reifenden Ähren.
Süßer Geruch ohn Blumen weht von der Wiese
Hierher zu mir.
Göttin der Zitrik! Empfange mein Blumengebinde.
Komm und erscheine uns. Fülle die orangen Schalen.
Misch Deine Frische mit Grünholz und schenk uns eine
Himmlische Freude.
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Was mir die Sappho hier als Muse einhauchte, will sagen:
Harry (oder: Lutz) Lehmann hat mit 'Boston' ein wunderbar orangig frisches Cologne gebraut; unterlegt mit grünen, holzigen und erdigen Noten. Es fühlt sich tatsächlich aufgrund seiner tendenziell unveredelten Rohheit an, als würde hier einfach (und das Einfache ist in der Kunst bekanntlich das Schwerste…) ein Orangenhain mit Ästen, Stiel und Stumpf verarbeitet. Mit Stil!
Sillage und Haltbarkeit bleiben colognetypisch moderat: wenige Handbreit strahlt es ab und erfreut uns wenige Stunden.
Das Ganze passt eher in den ländlichen oder heimisch gartenhaften Bereich. Es wirkt nicht überpoliert. Dabei scheint es mir durchaus heutig, urban und understatementhaft cool. Eher Berlin als München, denk ich.
Es wirkt ein wenig retro, aber das ist gut so.

(Mein Dank für Inspiration und Versmaß geht an die olle Sappho und ihre „Ode an Aphrodite“!)
33 Antworten