11.06.2016 - 10:24 Uhr
Yatagan
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Yatagan
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Der könnte schon mal ein Anfang sein
Unkommentierte Düfte No. 78
Sie sind jung? Sie sind naiv? Sie haben ihre Düfte bisher in Kaufhäusern und Drogerien gekauft und waren eigentlich immer zufrieden, bis ihre besten Freunde Sie auf Parfumo aufmerksam gemacht haben? Ihr Konto ist überzogen und für teure Düfte reicht es grad nicht? Sie waren sowieso schon immer der Meinung, dass exorbitant teure Düfte dekadent sind? Dann könnten die Düfte von Harry Lehmann, für die ich nun aber bald genug geworben habe, genau das Richtige für Sie sein!
Und ja: Nicht alles, was Lutz Lehmann macht, ist wirklich rundum gut. Außerdem sind einige seiner Kreationen wirklich olfaktorisch betagt (im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie stammen von Vaters oder Großvaters Rezeptblock aus der Zeit der Gründung dieser Firma: 1926 und kurz danach). Macht aber nix. Bei diesen moderaten Preisen kann man sich ohne Sorgen durchs ganze Sortiment testen, was ich inzwischen auch fast getan habe. Außerdem lassen sie sich durch Mischen (macht Lehmann für Sie) oder durch Layern (machen Sie, in dem Sie zwei oder mehr Lehmann-Düfte übereinander sprühen) beliebig zu einer ganzen Parfum-Sammlung mit unendlich vielen Kombinationsmöglichkeiten erweitern und pimpen.
Lotus ist dabei tatsächlich ein interessanter Tipp im Portfolio von Lehmann. Gefolgt bin ich dabei dem Hinweis von Ohderberlin (danke, Mann!), der mich auf den Gedanken des Layerns mit Lotus brachte (s. sein gutes Statements unten).
Tatsächlich ist dieser Duft sowohl einzeln als auch gemixt tragbar - und das mit vielen anderen Lehmann-Düften, die sich wirklich und wahrhaftig gut kombinieren lassen, wie ich inzwischen weiß - und mir ganz nebenbei die Aversion gegen's Mischen und Layern ein bisschen ausgetrieben haben. Das aber nur nebenbei.
Erst mal zum Duft in Reinform: Lotus ist grün. Klar, was sonst. Ziemlich grün sogar und auch moosig, wie Ohdeberlin ganz richtig bemerkt. Auch etwas Helleres meine ich zu bemerken. Doch ein Spritzer Bergamotte oder Zitrone? Das Grün aber, dass dann in voller Breite wuchert (bämm!), ist grün im engeren Sinne des Wortes, so grün, dass es an ein Gewächshaus, an den Eintritt in einen Dschungel, an ein Bett auf der Wiese in der Nähe eines kühlen Bachs im Sommer erinnert. Das allein ist schon mal so schön, dass ich den Duft auch gerne allein trage. Da ist also von Layern noch gar nicht die Rede.
Welcher Lotus da nun gemeint ist, ist mir nicht so ganz klar. Ergänzungen von Pflanzenkenner/innen sind erwünscht: Hornklee? Lotos (das Zeug, das z.T. auf Wasser wächst)? Ein belgisches Karamellgebäck (heißt auch Lotus, können wir aber ausschließen, süß ist hier nichts)?
In jedem Fall hat der Duft auch etwas Florales. Ein sanfter Blütenduft schimmert durch, jedoch ohne jemals schwül und stark zu wirken: keine Verwandtschaft mit Jasmin, Ylang-Ylang, Rosen... Zum Glück! Das bleibt alles hellgrün, licht, wässrig, grasig, moosig, ein wenig erinnert es auch an frisches Heu. Als wir noch Kaninchen hatten, habe ich gelegentlich Bergblumenheu, das sie so mochten, im Beutel gekauft. Kurz nach dem Aufreißen roch es so. Glaube ich. Jetzt haben wir eine Katze. Die Zeit der Kaninchen ist vorbei, so wie die Zeit, als unsere Kinder noch klein waren. Die Erinnerung, auch an Gerüche, bleibt.
Das Grün des Duftes wirkt bei längerer Tragedauer fast ein wenig kühl-frisch, so dass man dem Irrtum aufsitzen könnte, es handele sich um einen aquatischen Duft, was aber nicht der Fall ist. Vielleicht erinnert die Aura des Duftes die Umgebung des Trägers aber an Meer oder See. Das könnte sein und wäre ja auch ganz schön.
Die Vermutung Ohdeberlins, dass auch Moschus in der Basis enthalten sein könnte, erscheint mir nachvollziehbar, wirkt hier aber nicht schwer, sondern hell und nur wenig pudrig.
Nun zum Kombinieren und Layern: Sehr gut geht das mit "Feige" von Lehmann, auch wenn die schöne Kombination aus frisch-grün (Lotus) und fruchtig-süß (Feige) nur eine Weile anhält und dann die Süße von Feige eher noch unterstreicht.
Erwartungsgemäß auch ganz hübsch macht sich die Kombination mit Neroli: Orangenblüte und hellgrüner Pflanzensaft ergibt einen schönen Sommerduft.
Dunkel dimmen lässt sich das Ganze dann wieder mit "Fougère".
Noch nicht ausprobiert habe ich die Kombination der komplexeren Lehmann-Düfte (Reseda, L'Avion, Vamos) mit Lotus. Auch die Kombination mit einem warmen Basiston (Oud, Ambra) wäre zu erforschen. Ganz eigenwillig erscheint mir die Variante Springfield (Würze, Zitrone) x Lotus, gerade weil ich ersteren auch ausgesprochen solo liebe und sicher noch einen Kommentar zu ihm verfassen werde.
Soviel für heute aus dem Labor des Duft- und Giftmischers.
Wir sehen uns wieder, wenn es heißt: Gutes muss nicht teuer sein.
Lotus jedenfalls könnte schon mal ein Anfang einer kostengünstigen, qualitativ hochwertigen Duftsammlung sein.
Sie sind jung? Sie sind naiv? Sie haben ihre Düfte bisher in Kaufhäusern und Drogerien gekauft und waren eigentlich immer zufrieden, bis ihre besten Freunde Sie auf Parfumo aufmerksam gemacht haben? Ihr Konto ist überzogen und für teure Düfte reicht es grad nicht? Sie waren sowieso schon immer der Meinung, dass exorbitant teure Düfte dekadent sind? Dann könnten die Düfte von Harry Lehmann, für die ich nun aber bald genug geworben habe, genau das Richtige für Sie sein!
Und ja: Nicht alles, was Lutz Lehmann macht, ist wirklich rundum gut. Außerdem sind einige seiner Kreationen wirklich olfaktorisch betagt (im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie stammen von Vaters oder Großvaters Rezeptblock aus der Zeit der Gründung dieser Firma: 1926 und kurz danach). Macht aber nix. Bei diesen moderaten Preisen kann man sich ohne Sorgen durchs ganze Sortiment testen, was ich inzwischen auch fast getan habe. Außerdem lassen sie sich durch Mischen (macht Lehmann für Sie) oder durch Layern (machen Sie, in dem Sie zwei oder mehr Lehmann-Düfte übereinander sprühen) beliebig zu einer ganzen Parfum-Sammlung mit unendlich vielen Kombinationsmöglichkeiten erweitern und pimpen.
Lotus ist dabei tatsächlich ein interessanter Tipp im Portfolio von Lehmann. Gefolgt bin ich dabei dem Hinweis von Ohderberlin (danke, Mann!), der mich auf den Gedanken des Layerns mit Lotus brachte (s. sein gutes Statements unten).
Tatsächlich ist dieser Duft sowohl einzeln als auch gemixt tragbar - und das mit vielen anderen Lehmann-Düften, die sich wirklich und wahrhaftig gut kombinieren lassen, wie ich inzwischen weiß - und mir ganz nebenbei die Aversion gegen's Mischen und Layern ein bisschen ausgetrieben haben. Das aber nur nebenbei.
Erst mal zum Duft in Reinform: Lotus ist grün. Klar, was sonst. Ziemlich grün sogar und auch moosig, wie Ohdeberlin ganz richtig bemerkt. Auch etwas Helleres meine ich zu bemerken. Doch ein Spritzer Bergamotte oder Zitrone? Das Grün aber, dass dann in voller Breite wuchert (bämm!), ist grün im engeren Sinne des Wortes, so grün, dass es an ein Gewächshaus, an den Eintritt in einen Dschungel, an ein Bett auf der Wiese in der Nähe eines kühlen Bachs im Sommer erinnert. Das allein ist schon mal so schön, dass ich den Duft auch gerne allein trage. Da ist also von Layern noch gar nicht die Rede.
Welcher Lotus da nun gemeint ist, ist mir nicht so ganz klar. Ergänzungen von Pflanzenkenner/innen sind erwünscht: Hornklee? Lotos (das Zeug, das z.T. auf Wasser wächst)? Ein belgisches Karamellgebäck (heißt auch Lotus, können wir aber ausschließen, süß ist hier nichts)?
In jedem Fall hat der Duft auch etwas Florales. Ein sanfter Blütenduft schimmert durch, jedoch ohne jemals schwül und stark zu wirken: keine Verwandtschaft mit Jasmin, Ylang-Ylang, Rosen... Zum Glück! Das bleibt alles hellgrün, licht, wässrig, grasig, moosig, ein wenig erinnert es auch an frisches Heu. Als wir noch Kaninchen hatten, habe ich gelegentlich Bergblumenheu, das sie so mochten, im Beutel gekauft. Kurz nach dem Aufreißen roch es so. Glaube ich. Jetzt haben wir eine Katze. Die Zeit der Kaninchen ist vorbei, so wie die Zeit, als unsere Kinder noch klein waren. Die Erinnerung, auch an Gerüche, bleibt.
Das Grün des Duftes wirkt bei längerer Tragedauer fast ein wenig kühl-frisch, so dass man dem Irrtum aufsitzen könnte, es handele sich um einen aquatischen Duft, was aber nicht der Fall ist. Vielleicht erinnert die Aura des Duftes die Umgebung des Trägers aber an Meer oder See. Das könnte sein und wäre ja auch ganz schön.
Die Vermutung Ohdeberlins, dass auch Moschus in der Basis enthalten sein könnte, erscheint mir nachvollziehbar, wirkt hier aber nicht schwer, sondern hell und nur wenig pudrig.
Nun zum Kombinieren und Layern: Sehr gut geht das mit "Feige" von Lehmann, auch wenn die schöne Kombination aus frisch-grün (Lotus) und fruchtig-süß (Feige) nur eine Weile anhält und dann die Süße von Feige eher noch unterstreicht.
Erwartungsgemäß auch ganz hübsch macht sich die Kombination mit Neroli: Orangenblüte und hellgrüner Pflanzensaft ergibt einen schönen Sommerduft.
Dunkel dimmen lässt sich das Ganze dann wieder mit "Fougère".
Noch nicht ausprobiert habe ich die Kombination der komplexeren Lehmann-Düfte (Reseda, L'Avion, Vamos) mit Lotus. Auch die Kombination mit einem warmen Basiston (Oud, Ambra) wäre zu erforschen. Ganz eigenwillig erscheint mir die Variante Springfield (Würze, Zitrone) x Lotus, gerade weil ich ersteren auch ausgesprochen solo liebe und sicher noch einen Kommentar zu ihm verfassen werde.
Soviel für heute aus dem Labor des Duft- und Giftmischers.
Wir sehen uns wieder, wenn es heißt: Gutes muss nicht teuer sein.
Lotus jedenfalls könnte schon mal ein Anfang einer kostengünstigen, qualitativ hochwertigen Duftsammlung sein.
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