08.03.2019 - 15:04 Uhr
Meggi
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Meggi
Analyse Top Rezension
28
‚Il Duomo‘ zum Auftakt und andernorts
Große Erlebnisse sind es wert, ein zweites Mal berichtet und damit zugleich anderen abermals wärmstens anempfohlen zu werden.
Vorvergangene Ostern war ich mit meiner Familie in Mailand. Eine Sehenswürdigkeit von globalem Rang ist der Mailänder Dom, dessen Dach sich begehen lässt. Mit Treppe oder Fahrstuhl geht es nach oben, ein kleiner Gang führt ins Freie. Marmor ohne Ende, tief unten ameisenhafte Menschen und ein Panorama-Blick über die Dächer der Stadt ringsum. Doch auch der Dom selbst bietet während des Rundgangs immer neue Perspektiven: Überraschend schmale Wege und Nischen wechseln sich ab mit breiteren Abschnitten bis hin zur riesigen Freifläche links und rechts des Firsts. Und jene ist schlichtweg überwältigend.
An einer Stelle drangen durch einige wohl der Belüftung dienende Gitter nicht nur Orgelmusik und Gesang der ostersonntäglichen Messe, sondern ganz deutlich zudem der Geruch von Weihrauch. Als Norddeutscher habe ich zuvor überhaupt nicht gewusst, wie hell und säuerlich, geradezu grün das riechen kann.
Einen ähnlichen Duft finde ich im Auftakt von ‚Wazamba‘ wieder: Hell-säuerlich-harziger Rauch, hier allerdings rasch frucht-begleitet. Für eine Weile verstört ein Dunst wie von kokelndem Plastik, aber das legt sich und im Laufe der ersten Stunde gesellen sich der zunächst beherrschenden Kirchen-Anmutung mehr und mehr Frucht sowie dunklerer Rauch bei. Im Fortgang spannt der Duft einen schönen, weiten Bogen vom Hellen zum Dunklen, vom Herben zum Süßen.
Ich bilde mir Schoko-Patchouli ein, nach rund eine Stunde zeigt sich dunkles Holz, duro-haft in seiner Kompaktheit. Apart ist das Wechselspiel zwischen Säure aus dem Weihrauch und aus der Frucht, Madame Pflaume gibt sich insgeheim gar etwas (rosig) beschwipst und lehnt sich bei, so denke ich, Herrn Cashmeran an. Vermutlich hilft im Hintergrund Vetiver der Heller-Weihrauch-Idee über die Zeit. Kehre ich nämlich nach Abwesenheit in mein Büro zurück, denke ich nicht „Weihrauch“, sondern „Vetiver“.
Um die Mittagszeit erscheint mehr Süße, Honighaftes löst die Frucht allmählich ab. Wiederum entsteht ein Wechselspiel, diesmal zwischen herb-säuerlichen und süßen Aspekten des Rauchs. Insbesondere gefällt mir das Schwebende daran. Und erneut denke ich an den Dom, an die Fülle der liebevollen Verzierungen, die teils verwinkelten Eckchen auf dem Dach, die dem monumentalen Bau – im Rahmen des Möglichen – tatsächlich eine gewisse Leichtigkeit verleihen.
Eine selbige bleibt im Duft lange gewahrt, bis in den Nachmittag hinein. Behutsam treten cremigere Beigaben und mehr dunkles Holz hinzu und werden zu Ausgleichern der anschwellenden Süße. Erst zum späteren Nachmittag und Abend hin übernimmt endgültig die sanfte, zunehmend honighafte Süße und erinnert an die leidenschaftlicheren Raucher wie Tom Fords ‚Sahara Noir‘ oder ‚Calling All Angels‘von April Aromatics.
Allein das Plastik vom Beginn und der sichere Eindruck, praktisch alles schon mehrfach erlebt zu haben, hindern mich heute am Überschwang. Das mag insofern ungerecht sein, als unter den zahlreichen Referenzen (keine Zwillinge, bloß Geschwister und Vettern diversen Grades, dafür jede Menge davon!) auch jüngere Vertreter sind, etwa der schöne ‚Incense Pure‘ von Sonoma Scent Studio (2010), der einen ähnlichen Bogen spannt, oder besagtes ‚Calling all Angels‘ (2012). Nicht zu ändern. Dennoch: 8,5 Punkte sind doch ganz ordentlich!
Wem Weihrauchdüfte schnell mal zu glutvoll-vereinnahmend oder zu wuchtig sind, darf hier den Test wagen und sich über den Tag hinweg dorthin vortasten.
Ich bedanke mich bei Yatagan für die Probe.
Vorvergangene Ostern war ich mit meiner Familie in Mailand. Eine Sehenswürdigkeit von globalem Rang ist der Mailänder Dom, dessen Dach sich begehen lässt. Mit Treppe oder Fahrstuhl geht es nach oben, ein kleiner Gang führt ins Freie. Marmor ohne Ende, tief unten ameisenhafte Menschen und ein Panorama-Blick über die Dächer der Stadt ringsum. Doch auch der Dom selbst bietet während des Rundgangs immer neue Perspektiven: Überraschend schmale Wege und Nischen wechseln sich ab mit breiteren Abschnitten bis hin zur riesigen Freifläche links und rechts des Firsts. Und jene ist schlichtweg überwältigend.
An einer Stelle drangen durch einige wohl der Belüftung dienende Gitter nicht nur Orgelmusik und Gesang der ostersonntäglichen Messe, sondern ganz deutlich zudem der Geruch von Weihrauch. Als Norddeutscher habe ich zuvor überhaupt nicht gewusst, wie hell und säuerlich, geradezu grün das riechen kann.
Einen ähnlichen Duft finde ich im Auftakt von ‚Wazamba‘ wieder: Hell-säuerlich-harziger Rauch, hier allerdings rasch frucht-begleitet. Für eine Weile verstört ein Dunst wie von kokelndem Plastik, aber das legt sich und im Laufe der ersten Stunde gesellen sich der zunächst beherrschenden Kirchen-Anmutung mehr und mehr Frucht sowie dunklerer Rauch bei. Im Fortgang spannt der Duft einen schönen, weiten Bogen vom Hellen zum Dunklen, vom Herben zum Süßen.
Ich bilde mir Schoko-Patchouli ein, nach rund eine Stunde zeigt sich dunkles Holz, duro-haft in seiner Kompaktheit. Apart ist das Wechselspiel zwischen Säure aus dem Weihrauch und aus der Frucht, Madame Pflaume gibt sich insgeheim gar etwas (rosig) beschwipst und lehnt sich bei, so denke ich, Herrn Cashmeran an. Vermutlich hilft im Hintergrund Vetiver der Heller-Weihrauch-Idee über die Zeit. Kehre ich nämlich nach Abwesenheit in mein Büro zurück, denke ich nicht „Weihrauch“, sondern „Vetiver“.
Um die Mittagszeit erscheint mehr Süße, Honighaftes löst die Frucht allmählich ab. Wiederum entsteht ein Wechselspiel, diesmal zwischen herb-säuerlichen und süßen Aspekten des Rauchs. Insbesondere gefällt mir das Schwebende daran. Und erneut denke ich an den Dom, an die Fülle der liebevollen Verzierungen, die teils verwinkelten Eckchen auf dem Dach, die dem monumentalen Bau – im Rahmen des Möglichen – tatsächlich eine gewisse Leichtigkeit verleihen.
Eine selbige bleibt im Duft lange gewahrt, bis in den Nachmittag hinein. Behutsam treten cremigere Beigaben und mehr dunkles Holz hinzu und werden zu Ausgleichern der anschwellenden Süße. Erst zum späteren Nachmittag und Abend hin übernimmt endgültig die sanfte, zunehmend honighafte Süße und erinnert an die leidenschaftlicheren Raucher wie Tom Fords ‚Sahara Noir‘ oder ‚Calling All Angels‘von April Aromatics.
Allein das Plastik vom Beginn und der sichere Eindruck, praktisch alles schon mehrfach erlebt zu haben, hindern mich heute am Überschwang. Das mag insofern ungerecht sein, als unter den zahlreichen Referenzen (keine Zwillinge, bloß Geschwister und Vettern diversen Grades, dafür jede Menge davon!) auch jüngere Vertreter sind, etwa der schöne ‚Incense Pure‘ von Sonoma Scent Studio (2010), der einen ähnlichen Bogen spannt, oder besagtes ‚Calling all Angels‘ (2012). Nicht zu ändern. Dennoch: 8,5 Punkte sind doch ganz ordentlich!
Wem Weihrauchdüfte schnell mal zu glutvoll-vereinnahmend oder zu wuchtig sind, darf hier den Test wagen und sich über den Tag hinweg dorthin vortasten.
Ich bedanke mich bei Yatagan für die Probe.
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