Pollita
23.02.2021 - 09:32 Uhr
73
Top Rezension
6
Preis
8
Flakon
9
Sillage
7
Haltbarkeit
9.5
Duft

„Komm, lass die Sau raus“

Hätte mir das jemand vor 2-3 Jahren gesagt, hätte ich den Kopf geschüttelt und mich über das Verhalten desjenigen unmittelbar mokiert. Heute würde ich gerne mal wieder richtig abfeiern, doch das ist, wie wir alle wissen, aktuell und auf unbestimmte Zeit leider nicht möglich.

Derzeit bin ich, wie viele von euch wissen, sehr nostalgisch unterwegs und träume oftmals von der Vergangenheit. Diejenigen, die mich näher kennen, wissen auch, weshalb das so ist. Ich hatte mich für lange Zeit zu sehr auf den Leistungssport fokussiert. Hatte vergessen, dass dieser und der Beruf eben nicht alles sind und vergessen, eben auch mal die Sau rauszulassen.

Doch ganz verlernt habe ich das anscheinend doch nicht. Dabei helfen mir oft die Düfte aus meiner Jugend. Und genau so einer ist Safanad von Parfums de Marly, der mich mit seiner traumhaften Orangenblüte, garniert mit Früchten und tropischen Blüten und gebettet auf einem verlocken süßem Fond von Amber, Sandelholz und Vanille, unmittelbar in Feierlaune bringt.

Fabrice Pellegrin hat mit Safanad die Vintage-Version von JPG Classique wiederauferstehen lassen. Die Noten decken sich zwar nicht komplett, doch dieses moderne Blütenparfum steht Jacques Cavallier-Belletruds Komposition aus dem Jahr 1993 in nichts nach. Ich meine, Safanad liegt mir sogar noch etwas mehr, da hier kein Ingwer-Störfaktor im Spiel ist, aber um das genau beurteilen zu können, müsste ich den Vintage-Classique nochmals schnuppern. Ich behaupte jetzt einfach mal, der ist noch einen Zacken geiler *grins*. Zumindest für meine Nase.

Springen wir nochmals in die Zeit zurück. Es war 1996, als ich meinen ersten Classique-Flakon erhielt und den Duft regelmäßig trug. Dieser Duft begleitete mich lange und ich habe so viele wunderbare Erlebnisse im Kopf, dass ich heute gar nicht mehr sagen kann, was mir am besten gefallen hat. Eines verbinde ich unmittelbar mit Classique, den ich heute, ebenso wie Safanad, als einen Duft zum Abfeiern sehe. Hier gibt’s keine Zurückhaltung. So ein Duft ist laut, offensiv, sehr sinnlich und setzt ein Statement. Selbst bei angebrachter, niedriger Dosis fällt man auf und muss das auch so wollen. Mit dieser Art Duft verbinde ich stundenlang durchgetanzte Nächte, wilde Partys, Clubs, Konzerte und alles, was dazugehört. Die Sau rauslassen? Klaro. Sofort! Nur die Musik muss passen, ansonsten bin ich raus. Von Achtziger-Jahre-Klassikern über New Wave und Gothic bis zu Metal war alles erlaubt. Mich verschlug es auf die Tanzfläche und ich sang so laut mit, wie ich nur konnte. Ich denke an Musikfestivals mit meinen Lieblingsbands, ausgelassene Menschen überall. Genau dort wäre ich jetzt so gerne wieder.

Böse Zungen könnten jetzt behaupten, „Polly, was willst Du mit so einem Blütenwummser. Der passt doch nicht zu Dir.“ Und wie das passt, würde ich antworten. Denn diese Seite, auch wenn sie in den letzten Jahren bei mir leider etwas in den Hintergrund gerückt ist, gibt es nach wie vor und ich möchte sie sehr gerne wieder aufleben lassen. Drauf sch******, wann ich abends nach Hause komme. Spontanes wagen. Jetzt und wann immer mir danach ist. Heute trage ich diesen Duft und lächle genau deshalb still vor mich hin.

Man muss sich im Leben etwas gönnen. Das musste auch ich wieder lernen. Und damit meine ich nicht nur Materielles, wie unsere Düfte, sondern Lebensfreude, Genuss, Spaß. Dinge, die oft in Vergessenheit geraten, hat uns der Alltag einmal fest in den Fängen. Bei den einen ist es wie bei mir der Sport, bei den anderen der Beruf oder die Familie, weshalb man sich wieder einmal nichts gönnt. Umso schöner, dass dieser Duft mich daran erinnert hat, dass auch ich eine wilde Seite ohne Zwänge besitze und diese wieder feiern möchte. Mit Safanad.

Wer Orangenblüte liebt und sich von einer gewisse Opulenz nicht abschrecken lässt, just give it a try!

Anmerkung der Redaktion: Was Frau Pollita 2019 zu Classique geschrieben hat, ist so wohl nicht mehr ganz aktuell. Oder wie man auf gut Schwäbisch sagt: „Was gohd mi heid me G’schwätz von geschdern a.“

Natürlich möchte ich ihn unbedingt haben.
Herzlichen Dank, liebe Gschpusi.
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