Chypre Mojo/45 2018

Jingle
23.02.2021 - 05:23 Uhr
12
Hilfreiche Rezension
10
Flakon
6
Sillage
4
Haltbarkeit
7
Duft

Got my mojo working

Chypre mit Patchouli und Frucht. Ich gebe zu, nicht nur war ich verwundert über die Kombi, ich war auch sehr misstrauisch. Befürchtete altmodisch-moosige Erde, pappige synthetische Frucht und olles Patchouli. Fantasierte ein höllisches Gebräu. Jedoch, ihr ahnt es bereits: Ich lag daneben. Der Duft ist toll!

Ein galaktischer Auftakt – ich möchte jubeln. Die Mango noch mit grüner Schale und festem Fruchtfleisch, Bergamotte gibt angenehme Frische, trotzdem ist das Bitzeln einer überreifen Frucht mit angedacht, aber ausschließlich lecker, kribbelnd, aufregend. Nicht zu süß, Gott sei Dank, und nicht die generic Mango aus dem Eistee oder dem Pflegeprodukt respektive Raumduft.
Patchouli, ja, untermalend und sauber, seifig fast. Der Duft ist nicht dampfig, sondern wirklich schön erfrischend, wässrig-klar (und ich meine nicht aquatisch) in der Herznote.
Da ist nichts Kantiges, ein easygoing Geruch, wenn man die generelle Richtung mag. Nichts Erdiges bei mir, nichts Moosiges. Gefällig, auf eine gute Weise!

Mein Vorredner muss ich, was das „Geil, geil, geil“ betrifft, beipflichten. Also: Das ist auch ein sexy Duft, und zwar einer, der zu allen Geschlechtern super passt. Intellektuelle, tongue-in-cheek Sexyness mit einem Spritzer Ironie. Mehr der Flirt im Lift als die Verführung über die Tischfunzel hinweg in einer Cocktailbar. Leichtfüßig.

Haltbarkeit und Sillage keine Monster, zumindest nicht auf meinem Handgelenk. Ein leichter, klarer Duft für den Frühling oder den Sommer. Einen Kaffee oder eine Limo in der Sonne mit dem Date, aber auch im Büro, warum nicht? Kaufen werde ich ihn mir nicht, weil seine Vibes nah an Eau de Rhubarbe Écarlate sind, den ich zu solchen Anlässen gerne trage. Und er dürfte für meinen aktuellen Geschmack auch etwas femininer sein, Chypre Mojo/45 ist schon ein Hosenduft sozusagen.

Die Komposition ist nicht das, was ich Chypre nennen würde, niemals, aber das, was ich Mojo nennen würden. Und ich leite über zum obligatorischen Laberteil:

Das titelgebende Mojo ist nicht nur das, was Austin Powers in einem seiner Filme verliert, sondern auch und vielmehr ein Amulett oder gleich der ganze Zauber, den man bei sich trägt. Als Talisman oder als Beutel, jedenfalls nah am Körper. Mojos kennt man aus afroamerikanischer Musik (Anspieltipp: Muddy Water – Got my mojo working); Mojo kommt aus der afrikanischen Hoodooreligion der in die USA verschleppten Sklaven. Südstaaten ja, sumpfiges Chypre, Louisianamoos dagegen nein. Es handelt sich aber um eine romantische, über Bilder, Songs und Bücher kommunizierte Vorstellung, eine ins Parfüm übersetzte Stimmung, nicht um die matschig-organischem Swamps. Das begrüße ich hier!
Aber zurück zum Mojo: Da Liebeszauber immer viel Nachfrage finden und durch Gebrauch und Bedeutungsveränderung des Worts wurde es auch mit dem bereits oben im Zusammenhang mit Austin Powers erwähnten Beiklang anreichert, der da heißt: Libido. Und das passt ja herrlich zu Musik, dem Anlock- und Anbahnungsmittel für amouröses Diesdas seit Anbeginn der Menschheit, eigentlich ganz ähnlich zur Parfümiererei.
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