Paul Smith Rose 2006

Parma
24.03.2023 - 15:59 Uhr
18
Top Rezension
10
Preis
8
Flakon
7
Sillage
9
Haltbarkeit
7.5
Duft

Bath, England

Bath im Südwesten Englands - etwa auf dreiviertel Wegstrecke zwischen London und Cardiff (Wales) - ist eine wunderschöne, geschichtsträchtige Stadt. Gelegen in den südlichen Ausläufern der leicht hügeligen, grünen Landschaft der Cotswolds (einem „Gebiet von außergewöhnlicher Naturschönheit“ – frei übersetzt nach der britischen Bezeichnung AONB = "Area of Outstanding Natural Beauty", vergleichbar mit den Landschaftsschutzgebieten hier) und durchzogen vom Fluss Avon, weckt sie durch ihre prachtvollen, außerordentlich gut erhaltenen Bauten aus verschiedenen Epochen eine ganz eigene Stimmung. Ein bisschen museal, jedoch sehr lebendig. Dort finden sich u.a. römische Bäder, eine Kathedrale, eine im Halboval angelegte, überwältigend große Wohnanlage (Royal Crescent) mit davor liegendem englischen Garten und eine über den Fluss führende Brücke aus dem 18. Jh., auf der damals schon Wohn- und Geschäftszeilen gebaut wurden. Aufgrund der Ansammlung so vieler besonderer Baudenkmäler zählt die Stadt unweit der quirligen Studentenstadt Bristol zum Weltkulturerbe.

In Bath trug es sich nun zu, dass ich Paul Smiths Rose kennenlernte. Wie immer auf Reisen nach Parfümerien Ausschau haltend, traf ich in einer solchen an der belebten Haupteinkaufsstraße auf einen einsamen, letzten Flakon im untersten Regal. Ich hatte ihn schon lange auf dem Radar, vornehmlich aufgrund seines Namens. Ähnlich wie bei den Helmut Lang-Düften, übte dieser durch seinen Personenbezug und seine Einfachheit eine besondere Faszination auf mich aus. Zudem war er hier wenig besprochen und ist in Ladenlokalen im Prinzip nicht vertreten. Alles Gründe, die mich stets triggern. Hinzu kommt, dass er die Rose in den Mittelpunkt stellt, meine nach dem Maiglöckchen liebste florale Note in Parfums.

Und wie duftet er?

Kurz gesagt: Unspektakulär, jedoch angenehm nach einer sauberen, taufrischen Tee-Rose auf schonend dosierter Moschuscremeseife. Eine Grünteenote ist deutlich auszumachen, die der hellen, dezent fruchtigen Protagonistin ihre unverbrauchte Frische verleiht. Zitrischsäuerlich-prickelnd und sacht herb. Sie kontrastiert effektvoll und passend die dezent cremige Blumigkeit und schenkt dem Duft jenen Pfiff, der ihn von anderen Moschusrosen (die ich kenne) absetzt. Alle drei genannten Bestandteile sind bei Dominanz der Rose - und etwa ausgeglichener Verwendung des Tees und Moschus - so gewichtet, dass sich ein prägnanter, klarer, harmonischer, grünrosiger Duftcharakter ergibt. Für mich in seiner erfrischend und unerwartet einfach wirkenden, reduzierten Konstruktion vergleichbar mit den Düften der australischen Marke Aēsop. Lediglich die Qualität der Zutaten kann da nicht mithalten und lässt ein wenig zu wünschen übrig, denn es stellt sich ein leicht künstlicher Eindruck ein, den ich auf die Moschus- und Teenote zurückführe, wobei v.a. letztere in ihrer zitrischen Säuerlichkeit für mich ein µ zu hoch reguliert und etwas kratzig wirkt. Wenn man es positiv interpretieren möchte, könnte dieser Effekt die Dornen der Blume symbolisieren. Aber auch die Rosennote wirkt auf mich eher wie Rosenwasser, welches die qualitativ einfachste Möglichkeit ist, einen Roseneindruck zu erwecken. In der Abstrahlung ergibt sich jedoch durchgängig ein grünteeig-frischrosiger Eindruck – understated, ohne schüchtern zu sein –, der erstaunlich lang anhält und im Verlauf kaum an Ausdruckskraft einbüßt, was ich in erster Linie den kompositorischen Fähigkeiten des Parfumeurs Antoine Maisondieu zuschreibe und erst in zweiter den synthetischen Bestandteilen, die erfreulicherweise keinen unschönen Verlauf nehmen. Seine grüne, frische Anlage macht ihn dabei zu einem frühlingshaft-sommerlichen Duft, der durch die ausdrucksstarke Teenote nach traditionellen Maßstäben zarte Unisextendenzen aufweist. Im Charakter unkompliziert, unaffektiert, optimistisch, sympathisch, lebendig und casual-elegant. Vielleicht so etwas wie das robustere Geschwisterkind der zwei Jahre älteren Rose Ikebana oder der deutlich jüngeren Eau Rose und Eau Plurielle von Diptyque.

Ich habe ihn mir vor Ort übrigens nicht gekauft - obwohl er mir gut gefiel und mit einem rabattierten Preis von 30 £ für 100ml ausgesprochen günstig angeboten wurde - , da ich am Tage des Tests noch weiter reiste, bereute es im Nachgang jedoch immer ein bisschen. Gesehen habe ich ihn danach trotz weiterer Parfümeriebesuche leider nicht mehr. Nun hatte ich vor ein paar Wochen das Glück ihn in hiesigen Gefilden sehr preiswert zu erstehen und ausgiebig testen zu können. Obwohl er mich nun nicht mehr ganz so überzeugt, trage ich ihn regelmäßig, da er unanstrengend ist und durch die Teenote interessant genug. Und weil er mich immer an die wunderbare Stadt am Avon erinnert.

**Kurzinfo zur Marke:**
Paul Smith gilt mit seiner 1970 gegründeten Marke als wirtschaftlich erfolgreichster Modeschöpfer Großbritanniens. Er stellt Kleidung für Damen, Herren und Kinder her, die er weltweit in fast 150 eigenen Boutiquen (darunter zwei in Deutschland: Hamburg und München) sowie dem gehobenen Einzelhandel vertreibt. Dazu gesellen sich Schuhe, Accessoires, Uhren, Schmuck, Einrichtungsgegenstände und seit dem Jahr 2000 auch Parfums. Im gleichen Jahr wurde er für seine Verdienste um die britische Mode zum Ritter geschlagen.
(Quelle: Wikipedia)
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