06.02.2021 - 04:07 Uhr
Parfümlein
123 Rezensionen
Parfümlein
Top Rezension
21
Kensington: der beste Ort für Zitronen-Gewächshäuser
Bei meinem Neffen und seiner Nicht-Angetrauten ist eine Zitrone in die Wohnung eingezogen. Die lebt jetzt mit ihnen. Eine kleine runde Zitrone, im Moment zumindest, die in den nächsten Monaten wenigstens mal so groß wie eine Honigmelone wird, hoffentlich nicht das Gewicht einer Wassermelone erreicht und dann irgendwann als gut duftendes, weiches, zartes kleines Etwas seine Zitronenidentität ablegen und ein echter Londoner oder eine echte Londonerin (?) werden wird. Bis dahin dauert es noch ein paar Monate. Die kleine Zitrone wird vier Staatsbürgerschaften haben: die deutsche und englische ihres Vaters und die amerikanische und karibische ihrer Mutter. So krass ist das bei den Briten. Zitronen bekommen, wenn sie es erstmal an die Oberfläche des Fruchtsalats geschafft haben, gleich ALLE Staatsbürgerschaften, die zur Verfügung stehen. Und weil der Zitronenpapa für eine noble Kanzlei arbeitet und die Zitronenmama gerade ihren Wetterdoktor gemacht hat, werden sie dann ihr cooles Zitronenwohnheim im hipsten Stadtteil (ok, den verschweige ich mal wegen der Anonymität, aber was ist wohl der hipste in London? ) aufgeben und nach Kensington ziehen. Denn Kensington ist sozusagen das Zitronen-Gewächshaus Londons: Hier gibt es kleine Gärtchen und Gartenzäunchen, Laura-Ashley-Sofas und Nannys. Hier ist es einfach schön. Aber nicht auf die doofe, spießige Art. Sondern auf die feine, englische. Ein Ort, an dem man kleinen Früchtchen ein ganz gutes Zuhause bieten kann. Und wenn man schon mal auf Wohnungssuche durch Kensington streift, sollte man es unbedingt jetzt im Winter tun: Dann kann man nämlich Penhaligon's Kensington Amber idealerweise tragen. Diesen Traum aus Zimt und Amber. Diesen wunderbar weichen, unaufdringlichen, zurückhaltenden Semi-Gourmand. Semi, weil:
Kensington Amber ist kein echter Gourmand, Gott bewahre. Beim Aufsprühen entweicht dem wunderschönen Flakon eine leicht zitrisch-strahlende Zimtwolke, die nach wenigen Minuten weich und rund, nicht spitz und stechend ist, würzig, aber sanft, und überhaupt kaum süß. Keine Milchreis-Assoziationen, keine gebrannten Mandeln. Es handelt sich um das pure Gewürz, das so auch im indischen Curry verwendet wird, und dabei denkt ja auch keiner an Milchreis. Ein zauberhafter Zimt ist das, ich liebe diesen Auftakt, der mich in einem würzigen Wintertraum wiegt. Perfekt passend zur Kälte dieser Jahreszeit, benutze ich ihn schon am Morgen - nur so habe ich die Gelegenheit, seinen fantastischen Verlauf den Tag über zu genießen. Denn der strahlende Zimt öffnet sich nach einiger Zeit für andere Noten: für die harzigen, weichen, holzigen und süßen.
Am feinsten steht dem Zimt der Amberton, den das Labdanum verursacht, und sicher deshalb trägt der Duft diesen Namen: Dieser Amberton nämlich trägt den Zimt im wahrsten Sinne des Wortes; er gesellt sich nach etwa zwanzig Minuten dazu und lässt dann den Zimt nicht mehr aus den Augen. Er nimmt dem Zimt die Kindlichkeit, und was der Zimt angenehmerweise an Gourmand-Süße vermissen ließ, wird nun durch eine leichte Basissüße von Vanille und Tonka hinzugefügt - man spürt es schon: keine flache Zuckersüße, sondern eine tiefe, vielfacettierte Würzsüße. Alles passt perfekt zusammen. Es ist einfach ein außergewöhnlicher und dabei, das muss ich deutlich betonen, sehr, sehr dezenter und unauffälliger Duft: das inkarnierte britische Understatement. Und wenn ich mir so überlege, dass der minimal spritzig-zitrische Auftakt von einer niedlichen kleinen Bergamotte verursacht wird, denke ich mir, dass sich dieses kleine Zitrusfrüchten vermutlich perfekt mit der kleinen Zitrone meines Neffen verstehen würde. Ich erwäge ernsthaft, Kensington Amber von Penhaligon's direkt als Geschenk zu ihnen schicken zu lassen. Ich muss zugeben, auf meine Penhaligon's-Düfte bin ich immer irgendwie sehr stolz, sie sind etwas absolut Besonderes für mich. Und sie eignen sich perfekt als Geschenk, weil sie so elegant sind. Dann würde sich der Kensington-Zitronen-Kreis doch wunderbar schließen.
P.S. Nein - ich bin noch nicht 70! :-) Ich bin nur 14 Jahre älter als mein Neffe! (Hab einen ziemlich alten Bruder...)
Kensington Amber ist kein echter Gourmand, Gott bewahre. Beim Aufsprühen entweicht dem wunderschönen Flakon eine leicht zitrisch-strahlende Zimtwolke, die nach wenigen Minuten weich und rund, nicht spitz und stechend ist, würzig, aber sanft, und überhaupt kaum süß. Keine Milchreis-Assoziationen, keine gebrannten Mandeln. Es handelt sich um das pure Gewürz, das so auch im indischen Curry verwendet wird, und dabei denkt ja auch keiner an Milchreis. Ein zauberhafter Zimt ist das, ich liebe diesen Auftakt, der mich in einem würzigen Wintertraum wiegt. Perfekt passend zur Kälte dieser Jahreszeit, benutze ich ihn schon am Morgen - nur so habe ich die Gelegenheit, seinen fantastischen Verlauf den Tag über zu genießen. Denn der strahlende Zimt öffnet sich nach einiger Zeit für andere Noten: für die harzigen, weichen, holzigen und süßen.
Am feinsten steht dem Zimt der Amberton, den das Labdanum verursacht, und sicher deshalb trägt der Duft diesen Namen: Dieser Amberton nämlich trägt den Zimt im wahrsten Sinne des Wortes; er gesellt sich nach etwa zwanzig Minuten dazu und lässt dann den Zimt nicht mehr aus den Augen. Er nimmt dem Zimt die Kindlichkeit, und was der Zimt angenehmerweise an Gourmand-Süße vermissen ließ, wird nun durch eine leichte Basissüße von Vanille und Tonka hinzugefügt - man spürt es schon: keine flache Zuckersüße, sondern eine tiefe, vielfacettierte Würzsüße. Alles passt perfekt zusammen. Es ist einfach ein außergewöhnlicher und dabei, das muss ich deutlich betonen, sehr, sehr dezenter und unauffälliger Duft: das inkarnierte britische Understatement. Und wenn ich mir so überlege, dass der minimal spritzig-zitrische Auftakt von einer niedlichen kleinen Bergamotte verursacht wird, denke ich mir, dass sich dieses kleine Zitrusfrüchten vermutlich perfekt mit der kleinen Zitrone meines Neffen verstehen würde. Ich erwäge ernsthaft, Kensington Amber von Penhaligon's direkt als Geschenk zu ihnen schicken zu lassen. Ich muss zugeben, auf meine Penhaligon's-Düfte bin ich immer irgendwie sehr stolz, sie sind etwas absolut Besonderes für mich. Und sie eignen sich perfekt als Geschenk, weil sie so elegant sind. Dann würde sich der Kensington-Zitronen-Kreis doch wunderbar schließen.
P.S. Nein - ich bin noch nicht 70! :-) Ich bin nur 14 Jahre älter als mein Neffe! (Hab einen ziemlich alten Bruder...)
20 Antworten