02.05.2015 - 17:28 Uhr
loewenherz
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loewenherz
Sehr hilfreiche Rezension
20
Genugtuung
Eine Anhöhe im Morgengrauen, irgendwo am Rande einer stillen Heide. Darauf fünf Männer in schwarzen Mänteln, behandschuht und mit Zylindern, einer von ihnen ist ein Arzt. Kaum ein Wort wird gesprochen. Zwei der Männer überprüfen den Inhalt zweier Koffer, rotsamten ausgekleidet alle beide. Ein dritter Mann nimmt einen Schluck aus einer Silberflasche, rastlos und voll Ungeduld, wie ein gehetztes Tier. Der Arzt sieht unruhig auf seine Taschenuhr und schaut sich furchtsam um. Der fünfte Mann schließlich steht abseits und mit dem Gesicht der Heide zugewandt - er ist voll Ruhe, sein Blick geht gleichsam in die Ferne wie ins Nirgendwo.
Die beiden Männer an den Koffern nicken sich kurz zu. Der Mann, der abseits stand, und jener mit der Trinkflasche treten hinzu. Sie halten nun Pistolen in den Händen, die Griffe kunstvoll in Silber eingefasst, mit Einlegearbeiten aus Elfenbein im glatt polierten Holz.
Jetzt stehen sie Rücken an Rücken, entfernen sich im Gleichschritt voneinander - zwanzig Schritte, dreißig. Die hohen, schwarzen Stiefel glänzen feucht im morgennassen Gras. Sie bleiben stehen, halten inne, dann wenden sie sich einander zu, gleichzeitig - keiner um den Bruchteil einer Sekunde später als der andere. Sie heben den rechten Arm - den mit der Pistole - wiederum völlig synchron, wie Zinnsoldaten. Dann folgt ein Knall, und Rauch verweht ganz zart im Wind - schneller als das Auge folgen kann.
Beide Männer stehen aufrecht. Der, der geschossen hat, lässt die Pistole sinken - es ist jener mit der Trinkflasche aus Silber. Der andere blickt ihn wortlos an. Ohne ein Wort stehen auch der Arzt und daneben die Sekundanten. Sind es Sekunden oder Jahrhunderte, die vorüberziehen? Dann noch ein Knall, von gleichem Klang wie kurz zuvor - sein Echo jedoch scheint unendlich, umherirrend zwischen den Bäumen. Der als zweiter geschossen hat, er lässt den Arm ebenfalls sinken. Zwei Drosseln steigen hoch im bleichen Morgenlicht, es ist Empörung im Schlagen ihrer Flügel, als sie sich entfernen, aufgeweckt vom Knallen der Pistolen. Langsam begreifen die vier Männer, dass er in die Luft geschossen hat, der fünfte - weit vorbei an seinem Gegner. Er blickt ein letztes Mal hinüber, unmerklich beinahe nickt er ihnen zu. Dann geht er wortlos fort.
Penhaligon's Opus 1870, das ist ein dunkler Duft von geschliffener, formeller Schönheit. Einer, der einen altmodischen Ehrbegriff umschreibt und eine nachgerade anachronistisch zu nennende Maskulinität, deren Herkunft aus den androgyn-metrosexuellen 2000er Jahren seltsam unwirklich erscheint. Den Weg von tiefschwarzen Kräutern und Gewürzen und ihren harzig bittersüßen Säften über betörend duftende, kleine Blüten - wächsern und beinahe artig arrangiert - hin zu gediegen weichen Hölzern beschreitet er voll Akkuratesse und großer Würde, fast hat er etwas Schreitendes. Der Pfeffer - rauchig interpretiert wie Feuerstein - beschreibt den initialen Moment des Schusses, Moschus und Zeder - sanft und nur ganz vage zärtlich - versichern eilig, dass niemand ernsthaft zu Schaden kam. In seiner endlosen Basisnote - süße Hölzer, balsamisch und von scheuer Wärme - schließlich liegt etwas zutiefst Versöhnliches, ohne jeden Anklang von Zorn oder Vergeltung.
Sie werden einander zunicken, wenn sie sich wieder begegnen - bei Brooks's oder bei White's - und vielleicht wird der eine dann den Arm des anderen kurz berühren.
Fazit: ein Duft von ritualisierter Männlichkeit, in ihrer formellsten Art und Weise arrangiert. Kein Faustkampf und kein Balgen zwischen Hunden auf dem Scheunenboden. Bäume im Morgengrauen. Schwarze Handschuhe. Elfenbeinern intarsierte Pistolen. Olfaktorische Genugtuung vom ersten bis zum letzten Augenblick.
Die beiden Männer an den Koffern nicken sich kurz zu. Der Mann, der abseits stand, und jener mit der Trinkflasche treten hinzu. Sie halten nun Pistolen in den Händen, die Griffe kunstvoll in Silber eingefasst, mit Einlegearbeiten aus Elfenbein im glatt polierten Holz.
Jetzt stehen sie Rücken an Rücken, entfernen sich im Gleichschritt voneinander - zwanzig Schritte, dreißig. Die hohen, schwarzen Stiefel glänzen feucht im morgennassen Gras. Sie bleiben stehen, halten inne, dann wenden sie sich einander zu, gleichzeitig - keiner um den Bruchteil einer Sekunde später als der andere. Sie heben den rechten Arm - den mit der Pistole - wiederum völlig synchron, wie Zinnsoldaten. Dann folgt ein Knall, und Rauch verweht ganz zart im Wind - schneller als das Auge folgen kann.
Beide Männer stehen aufrecht. Der, der geschossen hat, lässt die Pistole sinken - es ist jener mit der Trinkflasche aus Silber. Der andere blickt ihn wortlos an. Ohne ein Wort stehen auch der Arzt und daneben die Sekundanten. Sind es Sekunden oder Jahrhunderte, die vorüberziehen? Dann noch ein Knall, von gleichem Klang wie kurz zuvor - sein Echo jedoch scheint unendlich, umherirrend zwischen den Bäumen. Der als zweiter geschossen hat, er lässt den Arm ebenfalls sinken. Zwei Drosseln steigen hoch im bleichen Morgenlicht, es ist Empörung im Schlagen ihrer Flügel, als sie sich entfernen, aufgeweckt vom Knallen der Pistolen. Langsam begreifen die vier Männer, dass er in die Luft geschossen hat, der fünfte - weit vorbei an seinem Gegner. Er blickt ein letztes Mal hinüber, unmerklich beinahe nickt er ihnen zu. Dann geht er wortlos fort.
Penhaligon's Opus 1870, das ist ein dunkler Duft von geschliffener, formeller Schönheit. Einer, der einen altmodischen Ehrbegriff umschreibt und eine nachgerade anachronistisch zu nennende Maskulinität, deren Herkunft aus den androgyn-metrosexuellen 2000er Jahren seltsam unwirklich erscheint. Den Weg von tiefschwarzen Kräutern und Gewürzen und ihren harzig bittersüßen Säften über betörend duftende, kleine Blüten - wächsern und beinahe artig arrangiert - hin zu gediegen weichen Hölzern beschreitet er voll Akkuratesse und großer Würde, fast hat er etwas Schreitendes. Der Pfeffer - rauchig interpretiert wie Feuerstein - beschreibt den initialen Moment des Schusses, Moschus und Zeder - sanft und nur ganz vage zärtlich - versichern eilig, dass niemand ernsthaft zu Schaden kam. In seiner endlosen Basisnote - süße Hölzer, balsamisch und von scheuer Wärme - schließlich liegt etwas zutiefst Versöhnliches, ohne jeden Anklang von Zorn oder Vergeltung.
Sie werden einander zunicken, wenn sie sich wieder begegnen - bei Brooks's oder bei White's - und vielleicht wird der eine dann den Arm des anderen kurz berühren.
Fazit: ein Duft von ritualisierter Männlichkeit, in ihrer formellsten Art und Weise arrangiert. Kein Faustkampf und kein Balgen zwischen Hunden auf dem Scheunenboden. Bäume im Morgengrauen. Schwarze Handschuhe. Elfenbeinern intarsierte Pistolen. Olfaktorische Genugtuung vom ersten bis zum letzten Augenblick.
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