loewenherz
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'Fiddle-dee-dee'
ist einer derjenigen englischen bzw. hier: amerikanischen Begriffe, die sich nur kaum vernünftig übersetzen und auch nur recht mühselig umschreiben lassen. 'Schnickschnack' oder 'Papperlapapp' kommen ihm noch am nächsten, doch anders als diese beiden ist 'Fiddle-dee-dee' geographisch eindeutig begrenzt verortet - in den US-amerikanischen Südstaaten - und wird bzw. wurde auch dort im Grunde ausschließlich von weißen Frauen benutzt. Heute hört man 'Fiddle-dee-dee' fast nur noch, wenn weiße - womöglich etwas affektierte oder auch gestrige - Frauen aus den Südstaaten imitiert werden sollen. Nicht immer ist das liebevoll gemeint. Seine berühmteste Benutzerin war übrigens die älteste Tochter eines irischstämmigen Pflanzers namens Gerald O'Hara, der sein Herrenhaus nahe Atlanta nach dem Sitz der altirischen Hochkönige 'Tara' nannte.
Die berühmte Geschichte der Baumwollpflanzertochter Scarlett O'Hara beginnt bekanntermaßen mit einem Gartenfest auf der Nachbarplantage Zwölfeichen, in deren Erben Ashley Wilkes sie heimlich verliebt ist. Durch abwechselndes Einschmeicheln und Drohen überredet Scarlett die ihr freundlich zugetane Mammy entgegen geltender Sittenvorstellungen ihr das tiefdekolletierte, lebhaft grün-weiß gemusterte Kleid (mit dazu passendem Strohhut mit einem reizenden grünen Band) anzuziehen, das sie selbst für diesen Nachmittag ausgewählt hat. Als Mammy am Ende der Auseinandersetzung äußert, 'sie habe noch nicht gemerkt, dass Mr. Ashley sie heiraten wolle', schleudert Scarlett ihren Sonnenschirm aufbrausend unter den Schrank und stopft sich - wie ein Landarbeiter auf der Treppe sitzend - den Mund mit ihrem eben noch verschmähten Frühstück voll.
Wir lernen viel über die noch junge Scarlett O'Hara in dieser frühen Szene - erfahren von ihrer Eitelkeit und mitunter berechnenden Durchtriebenheit, von ihrem hochfahrenden, launischen Wesen, ihrem störrischen Stolz und ihrer hingebungsvollen Leidenschaft. Da sitzt dieses lebenshungrige, kapriziöse Mädchen, gehüllt in einen duftigen Traum aus weißem Organza, mit Rüschen am Saum und Dekolleté, mit grünen Ranken und Blütendolden fein bestickt, das sein Temperament nur kaum zu bezügeln in der Lage ist - jenes Temperament, das noch so viel Glück und Unglück über sie selbst und jene, die sie lieben, bringen wird. Vieles an Peoneve, einem der jüngeren, wenngleich verblüffend 'unmodern' arrangierten Düfte von Penhaligon's, erinnert an diese junge Scarlett - am Morgen vor jenem verhängnisvollen Gartenfest auf Zwölfeichen.
Da ist die Duftigkeit der Pfingstrose, die jedoch nicht blass, nicht scheu oder gar schüchtern ist, sondern präsent und selbstbewusst vom ersten Augenblick. Peoneve hat etwas leicht Affektiertes in seinem Wesen, wie auch die 'Southern Belle', wie die Töchter der alten Südstaatenaristokratie seinerzeit genannt wurden, oft etwas Geziertes hat. Da ist die Märzfrische des Veilchens - in seiner Süße beinahe provozierend - und ist die Sinnlichkeit und die erwachende Fraulichkeit einer tiefdunklen Rose. Entgegen der initialen Mädchenhaftigkeit reift seine Basisnote aus Holz und Moschus nach und gibt ihm etwas Dramatisches - wie Scarlett in ihrem rubinrot funkelnden Abendkleid viele Jahre später auf Ashleys Geburtstagsfest, das Rhett sie zu besuchen zwingt, während er zu ihr sagt: 'Und bemal dich dick mit Rouge - damit jeder sehen kann, was du bist!'
Fazit: seine wildduftige Kopfnote, die an die eingangs beschriebene Szene im grün-weißen Organzakleid erinnert, als Scarlett zum ersten Mal 'Fiddle-dee-dee' benutzt (im Deutschen etwas ungelenk: 'blödes Gerede'), ist hinreißend. Dann wird er schwerer, beinahe schleppend, als wolle er sagen: 'verschieben wir's doch einfach auf morgen...'