Belgravia Chypre Penhaligon's 2018
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Top Rezension
Mit dem Luftschiff durchs Londoner West End.
Nur selten hat eine Neuerscheinung von Penhaligon's in den letzten Jahren ein solch einhellig positives Echo hervorgerufen wie Belgravia Chypre. Man möchte sogar meinen, dass es der großen, alten Marke nur acht Jahre nach dem formvollendeten Sartorial gelungen sei, einen weiteren Neo-Klassiker höchster Qualität ins Feld zu führen - keine schlechte Quote, was die zahlreichen Fehlschläge und zeitgeisthörigen Schnellschüsse vergangener Jahre verzeihlich erscheinen ließe. Anlässlich der Transaktion im Souk frage ich die Verkäuferin (eine der bekanntesten und fachkundigsten Damen auf Parfumo) also nach dem Grund für die Veräußerung. Die Antwort wird charmant verweigert, mein Urteil solle nicht beeinflusst werden. Verständlich. Umso gespannter war ich darauf, was an diesem angeblichen Superduft denn bitteschön derart Anstoß erregen könnte, dass eine verdiente Parfuma dazu verleitet wird, nach 0,5 der vorhandenen 10 Milliliter "Nein, danke" zu sagen. Nach wochenlangen Tests habe ich eine Vermutung.
Zunächst jedoch muss sich meine Stimme in den Chor der Lobeshymnen einreihen: Belgravia Chypre ist bemerkenswert. Ein durch und durch moderner, fruchtiger Chypre, der in Kopf- und Herznote dennoch derart unmissverständlich alte Welt atmet, dass es eine Freude ist. Und ausgerechnet die zur Zeit so angesagte Himbeernote ist dabei die Angel, an welcher der Duft mühelos zwischen 19. und 21. Jahrhundert hin und her schwingt. In Verbindung mit dem aufgelockerten, niemals wächsernen oder schwülen Chypre-Gerüst (flirrend blumig, leicht holzig, säuerlich frisch) ergibt sich eine eigentümlich utopisch-heitere, wohlerzogen-puppenstubige Retrovintage-Konstellation, welche - zumindest meine - Phantasie stark anregt. Der gute User Loewenherz sprach in seiner Rezension ja schon von dem Londoner Stadtteil Belgravia und der Art, in der dieser Duft dessen "genius loci" abbildet. Ich würde nur hinzufügen, dass er eine pastellig nachkolorierte, beinahe steampunkige Alternativ-Version dieses Bezirks zeichnet. Man gebe in die Google-Bildersuche "Belgravia house fronts" ein und denke sich ein tief fliegendes, messingbeschlagenes Luftschiff dazu, aus dem ein freundlicher Herr unbestimmten Alters mit gezwirbeltem Schnurrbart beiläufig grüßt.
Klingt bis hierhin alles nach mindestens 9,5 Punkten, oder? In der Tat, und meine 8,5 Punkte sind, auch wenn es seltsam klingt, als enttäuschtes Lob zu verstehen. Denn nach hinten raus bzw. nach unten hin verliert der Duft an Zauber und Substanz. Wie bei so vielen zeitgenössischen Kompositionen drängelt sich auch hier ab etwa der Mitte des Duftverlaufs zunehmend eine leicht spitze, synthetisch riechende Allerweltsholzigkeit ins Bild, die das Vorangegangene zwar nicht entwertet, aber in seiner Konstruktion doch fragwürdig und seltsam hohl erscheinen lässt: Waren die Häuserwände nur Fassade? Waren die Anzüge und Sonntagskleider von Zalando? Hängt das Luftschiff gar an Nylonfäden? Das klingt esoterischer, als es ist: Im Rückblick macht Belgravia Chypre auf mich tatsächlich den Eindruck, als sei alles auf einer Basis entworfen worden, die dazu dient, bis in die Kopfnote hinein einen gewissen Effekt zu erzeugen. Dieser Eindruck verstimmt mich spürbar und lässt in mir den Wunsch aufkommen, Fabrice Pellegrin mit einer Reformulierung ohne Budgetgrenzen zu beauftragen; eine Art "Belgravia Chypre - Premium Edition", sozusagen.
Trotz aller Einschränkungen ist Penhaligon's für den Mut zu loben, einen derart eigentümlichen, zugleich zeitlosen und aus der Zeit gefallenen Duft zu lancieren. Und wäre die neue Serie der "Downton Abbey"-Macher namens "Belgravia" nicht erst in diesem Jahr gestartet: Den Trailern nach hätte sie diesem Duft allemal als Inspiration dienen können.
Zunächst jedoch muss sich meine Stimme in den Chor der Lobeshymnen einreihen: Belgravia Chypre ist bemerkenswert. Ein durch und durch moderner, fruchtiger Chypre, der in Kopf- und Herznote dennoch derart unmissverständlich alte Welt atmet, dass es eine Freude ist. Und ausgerechnet die zur Zeit so angesagte Himbeernote ist dabei die Angel, an welcher der Duft mühelos zwischen 19. und 21. Jahrhundert hin und her schwingt. In Verbindung mit dem aufgelockerten, niemals wächsernen oder schwülen Chypre-Gerüst (flirrend blumig, leicht holzig, säuerlich frisch) ergibt sich eine eigentümlich utopisch-heitere, wohlerzogen-puppenstubige Retrovintage-Konstellation, welche - zumindest meine - Phantasie stark anregt. Der gute User Loewenherz sprach in seiner Rezension ja schon von dem Londoner Stadtteil Belgravia und der Art, in der dieser Duft dessen "genius loci" abbildet. Ich würde nur hinzufügen, dass er eine pastellig nachkolorierte, beinahe steampunkige Alternativ-Version dieses Bezirks zeichnet. Man gebe in die Google-Bildersuche "Belgravia house fronts" ein und denke sich ein tief fliegendes, messingbeschlagenes Luftschiff dazu, aus dem ein freundlicher Herr unbestimmten Alters mit gezwirbeltem Schnurrbart beiläufig grüßt.
Klingt bis hierhin alles nach mindestens 9,5 Punkten, oder? In der Tat, und meine 8,5 Punkte sind, auch wenn es seltsam klingt, als enttäuschtes Lob zu verstehen. Denn nach hinten raus bzw. nach unten hin verliert der Duft an Zauber und Substanz. Wie bei so vielen zeitgenössischen Kompositionen drängelt sich auch hier ab etwa der Mitte des Duftverlaufs zunehmend eine leicht spitze, synthetisch riechende Allerweltsholzigkeit ins Bild, die das Vorangegangene zwar nicht entwertet, aber in seiner Konstruktion doch fragwürdig und seltsam hohl erscheinen lässt: Waren die Häuserwände nur Fassade? Waren die Anzüge und Sonntagskleider von Zalando? Hängt das Luftschiff gar an Nylonfäden? Das klingt esoterischer, als es ist: Im Rückblick macht Belgravia Chypre auf mich tatsächlich den Eindruck, als sei alles auf einer Basis entworfen worden, die dazu dient, bis in die Kopfnote hinein einen gewissen Effekt zu erzeugen. Dieser Eindruck verstimmt mich spürbar und lässt in mir den Wunsch aufkommen, Fabrice Pellegrin mit einer Reformulierung ohne Budgetgrenzen zu beauftragen; eine Art "Belgravia Chypre - Premium Edition", sozusagen.
Trotz aller Einschränkungen ist Penhaligon's für den Mut zu loben, einen derart eigentümlichen, zugleich zeitlosen und aus der Zeit gefallenen Duft zu lancieren. Und wäre die neue Serie der "Downton Abbey"-Macher namens "Belgravia" nicht erst in diesem Jahr gestartet: Den Trailern nach hätte sie diesem Duft allemal als Inspiration dienen können.
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