05.11.2021 - 11:39 Uhr

Intersport
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PG & SL à Tipasa
Albert Camus Essay 'Noces à Tipasa' (ca. 1936), Pierre Guillaume's Inspiration für 7.2 Morning in Tipasa, liefert ein von olfaktorischen Impressionen strotzendes Landschaftsportait der algerischen Küstenstadt Tipasa, samt Umland. Ein fast zu einladender Text für ein Parfum. Gleich ab der ersten Seite wird von üppigen aromatischen Pflanzen, der betörenden Hitze des algerischen Sommers am Mittelmeer gesprochen, bevor Camus konkret wird: Bougainvilleas, Hibiscus, Teehybride Rosen, Schwertlilien, Mastic Bäume, Ginsterpflanzen, Geranien, Heliotrop und immer wieder Artemisia absinthium: Wormwood, Absinthblätter. Stets dabei Küstenbriese und Sonne. Zumindest in den offiziellen Noten ist nichts davon zu finden, erwähnt wird hier: "Wild Lemongrass, Peppermint, Mediterranean Pine, Bergamot, Jujube Tree Honey". Zitronengras, vermutlich auch wildes, und Jujube hätte ich eher von Malaysia ab ostwärts vermutet, aber in Summe ist das was Guillaume hier vorschlägt stimmig. Meeresnaher Nadelwald, minzartiger, herbal-aquatischer Start, gefolgt von viel Pinie und Spuren von Honig, und das alles in leicht.
Noch bin ich mit der Arbeit des ursprünglich hauptberuflichen Michelin-Chemiker nicht allzu vertraut. Dass seine Produktionsstätte, wie Michelin in der Auvergne, in Clermont-Ferrand sitzt, ist sympathisch, die Idee eigene Düfte einen hausinternen Remix zu unterziehen auch - die 7.2 im Titel soll auf die Vorgänger 7.1 und 7 verweisen. Ich bin mir aber nicht sicher wie weit hier noch ein Eigen-Remix oder schon Styletransfer vorliegt. 7.2 Morning in Tipasa, erinnert durch die Honig/Pinien Kombination - wie bereits von AugustA observiert - an Fille en Anguilles (2009), oder vielmehr an eine feinere, aquatische Verdünnung davon. 'Mediterraner Pinienwald' ist ähnlich wie Aquatik ein Dauerbrenner und unerreichbares Hirngespinst der Parfümiere, fine wie applied. Ich war schon eine ganze Weile nicht mehr in mediterranen Kiefernwäldern unterwegs, dafür oft in atlantischen, und bin jedesmal hin und weg von der Komplexität und Leichtigkeit dieser. Neben den massgeblich beteiligenden Strandkiefern & co. sind es ja auch die Summe der anderen Gräser, Gestrüpp, Gestein und Sediment die das Ganze ausmachen. Lutens' Nadelwald ist camp, es ist ganz klar bekennendes Parfum und nicht abgefüllte Landschaft. Morning in Tipasa ist auch Parfum, nur macht die weit dezentere Dosierung hier den Unterschied aus, Minze und Honig (hat Guillaume schon in 25 Indochine gekonnt eingesetzt) ergeben tatsächlich etwas das wie langsam Vertrocknendes in Meeresnähe ohne dabei tief ins Aquatische zu driften, hier von der anderen Mittelmeerseite.
Ca. 810 km sind es von Tipasa zur korsischen Scandola Halbinsel, Luftlinie. An deren warme herbale Aquatik muss ich entfernt denken, 7.2 setzt ähnliche Weichzeichner ein, wenn auch weniger differenziert. 3134 km, mit Auto, via Paris, ist die Strecke Tipasa -> Blenheim Castle. Würde erwähnter Weichzeichner oder photografisches Bokeh nochmals um einiges übersteuert, so sind auch Spurenelement der Reise Paris - Edinburgh, die ja nie ganz in Schottland, aber zumindest im Bouquet Schloss angekommen ist, zu vernehmen. Und, um nochmals auf AugustA's treffend kompakten Umriss zurück zu kommen, die dieses reduzierte, einfachere Volumen passt dem Parfum ganz ausgezeichnet, eine gezielt inszenierte honig-harzige Pinie, mit minimalen grün-aquatischen Details.
Noch bin ich mit der Arbeit des ursprünglich hauptberuflichen Michelin-Chemiker nicht allzu vertraut. Dass seine Produktionsstätte, wie Michelin in der Auvergne, in Clermont-Ferrand sitzt, ist sympathisch, die Idee eigene Düfte einen hausinternen Remix zu unterziehen auch - die 7.2 im Titel soll auf die Vorgänger 7.1 und 7 verweisen. Ich bin mir aber nicht sicher wie weit hier noch ein Eigen-Remix oder schon Styletransfer vorliegt. 7.2 Morning in Tipasa, erinnert durch die Honig/Pinien Kombination - wie bereits von AugustA observiert - an Fille en Anguilles (2009), oder vielmehr an eine feinere, aquatische Verdünnung davon. 'Mediterraner Pinienwald' ist ähnlich wie Aquatik ein Dauerbrenner und unerreichbares Hirngespinst der Parfümiere, fine wie applied. Ich war schon eine ganze Weile nicht mehr in mediterranen Kiefernwäldern unterwegs, dafür oft in atlantischen, und bin jedesmal hin und weg von der Komplexität und Leichtigkeit dieser. Neben den massgeblich beteiligenden Strandkiefern & co. sind es ja auch die Summe der anderen Gräser, Gestrüpp, Gestein und Sediment die das Ganze ausmachen. Lutens' Nadelwald ist camp, es ist ganz klar bekennendes Parfum und nicht abgefüllte Landschaft. Morning in Tipasa ist auch Parfum, nur macht die weit dezentere Dosierung hier den Unterschied aus, Minze und Honig (hat Guillaume schon in 25 Indochine gekonnt eingesetzt) ergeben tatsächlich etwas das wie langsam Vertrocknendes in Meeresnähe ohne dabei tief ins Aquatische zu driften, hier von der anderen Mittelmeerseite.
Ca. 810 km sind es von Tipasa zur korsischen Scandola Halbinsel, Luftlinie. An deren warme herbale Aquatik muss ich entfernt denken, 7.2 setzt ähnliche Weichzeichner ein, wenn auch weniger differenziert. 3134 km, mit Auto, via Paris, ist die Strecke Tipasa -> Blenheim Castle. Würde erwähnter Weichzeichner oder photografisches Bokeh nochmals um einiges übersteuert, so sind auch Spurenelement der Reise Paris - Edinburgh, die ja nie ganz in Schottland, aber zumindest im Bouquet Schloss angekommen ist, zu vernehmen. Und, um nochmals auf AugustA's treffend kompakten Umriss zurück zu kommen, die dieses reduzierte, einfachere Volumen passt dem Parfum ganz ausgezeichnet, eine gezielt inszenierte honig-harzige Pinie, mit minimalen grün-aquatischen Details.
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