25.09.2020 - 17:22 Uhr
Anosmia
14 Rezensionen
Anosmia
Sehr hilfreiche Rezension
22
Pubertäre Rebellion wider das Bildungsbürgertum
Das Parfum hatte mich schon mit dem Namen. Vor allem in diesem Layout. Wie ein T-Shirt mit blödsinnigen Selbstbezeichnungen oder kilometerlangen politischen Ansagen. Das Parfum selbst wurde von meiner Mitbewohnerin für "ganz typisch du" befunden, süß-fruchtig (und deutlich mehr süß als Frucht) und quietschig an der Grenze zum Kitsch, aber mit einer - strangen? - Note, die das ganze unterwandert und davor bewahrt, in Poison Girl-Gefilde abzudriften - die das Parfum aber dennoch ansteuert. Die strange Note ist scheinbar schwer einzuordnen, würzig war immer mal wieder ein Vorschlag.
Generell scheint das Parfüm schwer einzuordnen. Es ist - wie hier ja schon häufig gesagt wurde - eigentlich viel zu platt und süß für Nische aber eben doch auch kein klassischer Mainstreamer für junge Mädchen. "Interessant", "merkwürdig" und "süß" waren jedenfalls die Begriffe, die am häufigsten fielen.
Ich schenkte das Parfum meinem 13jährigen Ich, nachträglich. Das hätte ich damals haben müssen, das hätte meine ganze Attitüde in Geruchsform und Flakongestaltung festgenagelt: Ein Mädchen aus einem dieser nervigen linksliberalen Bildungsbürgerhaushalte mit meterweise Büchern und Platten, ökologisch bewussten Holzspielzeug und stapelweise Zeitungen über deren Inhalt schon zum Frühstück diskutiert werden musste, damit alle ihre rhetorischen Fähigkeiten für den demokratischen Diskurs entwickeln. Mütter in solchen Elternhäusern tragen übrigens weite Leinenröcke und ziehen lange Schwaden Opium hinter sich her.
Mädchen aus solchen Elternhäusern brennen in Büchern und Filmen (die ich liebte!) gern mal durch und werden Sängerin oder verlieben sich in irgendeinen Bad Boy. Sie sollen eigentlich schon mal ihre Karriere als Anwältin für Amnesty planen, dabei wollen sie sich vielleicht nur die Finger pink-schwarz lackieren, Risse in ihre Jeans reißen, ein T-Shirt mit der ironischen Aufschrift "Superlady" versehen und auf der nächsten Party ein bisschen rumknutschen. Sie träumen vor allem davon, dass etwas einfach nur mal banal sein und Spaß machen darf, auch wenn der Nahost-Konflikt immer noch nicht gelöst ist.
Und dazu passt dieser Duft ganz wunderbar, weil er Spaß macht und seine Herkunft trotz plakativer Süße und mangelnder Tiefe doch nicht ganz verleugnen kann. Den Flakon mit dem Namen kriegt man auch den Bildungsbürger-Eltern untergejubelt, die checken vermutlich vor lauter Begeisterung darüber, dass die Tochter sich ein "individuelles Nischenparfum" ausgesucht hat die Ironie erst gar nicht.
Danke für diesen olfaktorischen Seitenhieb, Pierre Guillaume.
Generell scheint das Parfüm schwer einzuordnen. Es ist - wie hier ja schon häufig gesagt wurde - eigentlich viel zu platt und süß für Nische aber eben doch auch kein klassischer Mainstreamer für junge Mädchen. "Interessant", "merkwürdig" und "süß" waren jedenfalls die Begriffe, die am häufigsten fielen.
Ich schenkte das Parfum meinem 13jährigen Ich, nachträglich. Das hätte ich damals haben müssen, das hätte meine ganze Attitüde in Geruchsform und Flakongestaltung festgenagelt: Ein Mädchen aus einem dieser nervigen linksliberalen Bildungsbürgerhaushalte mit meterweise Büchern und Platten, ökologisch bewussten Holzspielzeug und stapelweise Zeitungen über deren Inhalt schon zum Frühstück diskutiert werden musste, damit alle ihre rhetorischen Fähigkeiten für den demokratischen Diskurs entwickeln. Mütter in solchen Elternhäusern tragen übrigens weite Leinenröcke und ziehen lange Schwaden Opium hinter sich her.
Mädchen aus solchen Elternhäusern brennen in Büchern und Filmen (die ich liebte!) gern mal durch und werden Sängerin oder verlieben sich in irgendeinen Bad Boy. Sie sollen eigentlich schon mal ihre Karriere als Anwältin für Amnesty planen, dabei wollen sie sich vielleicht nur die Finger pink-schwarz lackieren, Risse in ihre Jeans reißen, ein T-Shirt mit der ironischen Aufschrift "Superlady" versehen und auf der nächsten Party ein bisschen rumknutschen. Sie träumen vor allem davon, dass etwas einfach nur mal banal sein und Spaß machen darf, auch wenn der Nahost-Konflikt immer noch nicht gelöst ist.
Und dazu passt dieser Duft ganz wunderbar, weil er Spaß macht und seine Herkunft trotz plakativer Süße und mangelnder Tiefe doch nicht ganz verleugnen kann. Den Flakon mit dem Namen kriegt man auch den Bildungsbürger-Eltern untergejubelt, die checken vermutlich vor lauter Begeisterung darüber, dass die Tochter sich ein "individuelles Nischenparfum" ausgesucht hat die Ironie erst gar nicht.
Danke für diesen olfaktorischen Seitenhieb, Pierre Guillaume.
13 Antworten