Tapage Nocturne 2018

Floyd
11.06.2021 - 17:27 Uhr
47
Top Rezension
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft

Das Fenster zur Nacht

Seit Stunden schon staut sich der Sommer durch die Schluchten der Stadt. Nun geben die Ziegel die Glut in die Nacht. Kein Wind weht durchs offene Fenster, aus einer Lampe leuchtet noch schwach etwas Lorbeer, da ist noch Geschmack von scharfem Ingwer, er wandert mit den Lichtern am Himmel im Zimmer. Das Leben dort draußen rauscht wie das Meer.
Es muss wohl aus Cola sein. Seine Gischt treibt lautlos durch den Raum, mit den Resten der Flaschen im Hof, dem Rum und dem Rauch der dort noch steht, durch welchen das alte Sofa geht, fort mit dem Leder, das ihm noch blieb. Dann dampfen die Fugen im Kopfsteinpflaster, dort sickert der Rum mit den Cola-Resten zwischen Tabakfasern und Pfirsichfetzen in die warmen Striemen aus Erde.
Du liegst an der Decke Deiner Altbaukammer, die flimmert in rauchigen Farben wie Amber, fließt ein warmes Tuch aus Sommerduft durch dein offenes Fenster zur Nacht.
***
Anne-Sophie Behagel schuf mit Black Tar und Type Writer zwei Düfte, die meiner Meinung nach Meisterwerke der Nutzung von Zwischenräumen in dichter Materie sind. In Black Tar wächst die Natur scheinbar leichtfüßig durch den Teer, in Type Writer flirren grüne Hölzer durch Ruß und Leder.
"Tabage Nocturne" schlägt eine ähnliche Richtung ein, nur, dass hier nichts schweben mag, deutlich weniger Leichtigkeit vorhanden ist. Die Materie ist ein dicht verwobenes Tuch, in welchem zu Beginn für einige Momente die frischen Komponenten (Litsea, Limette und Ingwer) aufflackern, ehe die im Herzen dominante Cola mit weißem Rum, pfirsichfruchtigem Osmanthus, einem Hauch hellem Tabak und minimal ledrig-erdigem Oud zusammenfließt um am Ende ein rauchig-ledrig ambriertes, fast schon urban stickiges Gesamtbild zu hinterlassen. Der Duft aus dem Hof fließt moderat bis leise gute sieben Stunden lang durch das Fenster zur Nacht.

(Mit Dank an DufterMann)
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