L'Homme 2016

ThomC
16.11.2020 - 11:22 Uhr
24
6
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
3
Duft

Das hat man nun davon...

... ja, wenn man von Kinderbeinen an mit Muttis Extraladung Wäscheweich und gutem deutschen Persil aufgewachsen ist. Ja, dann assoziiert man solche Düfte wie Prada L'Homme als sauber, positiv, rosafarbene Kindheit, Samstagsabenddusche, frische Wäsche, deutscher Mittelstand, heile Welt. Widerstand zwecklos, Nörgler sind eh Spielverderber. Ich mag allerdings dezentes Nörgeln ganz gern, so in der Art Spiegelvorhalten. Nach dem Motto: Macht es Euch in eurer kuscheligen Comfortzone nicht allzu gemütlich, denn auch in der ist nichts sicher. Da helfen auch keine flauscheweichen sauberen Persildüfte, die die dafür empfänglichen Seelen bis zum Sterbebett begleiten.

Zum Duft: es gibt für mich keinen Duft aus meinem Portfolio, der so dermaßen glatt poliert und kantenlos wirkt wie Prada L'Homme. Das allerdings auf hohem Niveau. Und genau das ärgert mich: hier wird mit sehr gutem Parfümeurshandwerk und jede Menge hochprofessionellem Marketinggeklapper versucht, zu kuscheln und tätscheln und Brillen rosa zu färben, was das Zeug hält, und das mit einem Visionenmangel, der seines Gleichen sucht. Prada L'Homme bietet keinerlei Überraschungen - (was mich wiederum überrascht), nur jede Menge anbiedernden VW-Golf-Konsens, für den viele gerne etwas mehr zahlen. Fürs gute Gefühl.

Ja, ja, der Duft an sich: die schönste Iris mit Vergissmeinnichtblümchen drinnen und der dezente Büroduft drumherum. Apropos: es ist diese Art von dezentem Büroduft, den sich nur der blasse Büromann in der unteren Hierarchie traut zu tragen, damit er denen da oben bloß nicht unangenehm auffällt mit individuellen stilechten Düften ("Herr Schulze, was tragen sie denn da bitte heute?!?") - und ihm womöglich dann noch die nächste Karriererunde versaut, auf die er schon sooooo lange wartet. Nee, dann doch besser kuschen und lieber den biederen Golf von Prada nehmen - also auf Nummer sicher - denn der ist zuverlässig, da weiß man, was man hat und macht es allen recht. Bingo!

Aber ich muss diesem Duft lassen, dass er eine wahnsinnig gute Haltbarkeit hat, dass er sich für einen dezenten "will-nicht-auffallen-Duft" erstaunlich gut durchsetzt zwischen anderen Oud- und Lapidus-Brechern, die sich zeitweilig auf meinen Unterarmen parallel ausdünsten. Wie schon gesagt: handwerklich und inhaltlich absolut gut gemacht in doch eher zweifelhafter Perfektion. Aber all dieser Goodwill hilft mir letztendlich nichts mehr bei diesem Duft: ich habe ihn verrissen. Das Kind ist in den Brunnen gefallen. Mein Lerneffekt? Unbezahlbar! Danke Prada.

* für Nasen, die auch Dior "Sauvage" lieben
** die Musik zum Duft ---> Die Superhits der 70er-, 80er- und 90er-Jahre
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