05.05.2021 - 02:01 Uhr
Parma
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Windgeschichten
Der Mistral ist ein katabatischer Wind - kalt, sehr trocken und ablandig fallend - der Polarluft aus der Arktis bis nach Frankreich und Italien trägt. Aufgrund seines starken bis stürmischen Charakters ist er besonders bei Windsurfern beliebt. Aus nordwestlicher Richtung kommend, zieht er sich - aufbauend durch die wärmere Landmasse - über Frankreich hinweg und entwickelt seine größte Kraft an der französischen (unteres Rhônetal) und italienischen Mittelmeerküste. Maestrale ist der korsische Begriff für Mistral.
Was hat der Duft nun mit diesem Wind zu tun?
Er hat insofern, als dass er in meinen Augen tatsächlich versucht, den Charakter des Mistral abzubilden. Zu eigen ist diesem, dass er zu Beginn noch recht sanft und durch die Landmasse aufgewärmt wehen kann. Erst nach einigen Stunden oder Tagen entwickelt er sein stürmisches Potential und über dem Meer seine kühle Temperatur. Dabei gelingt es ihm durch seine zunehmende Geschwindigkeit und Trockenheit auf dem Weg dorthin, dem Boden Nährstoffe zu entziehen.
Diese Eigenschaften spiegeln sich in der Komposition wieder, die ich ganz allgemein als trockenholzig-mineralisch-würzig beschreiben würde, mit einer ganz dezenten Frische. Die Konsistenz der Trockenheit ist dabei so intensiv, dass wirklich der Eindruck des Ausgetrocknet-Seins entsteht. Diese Kargheit wird jedoch aufgefangen durch eine wunderbar würzige Tönung, eine Ambivalenz aus Wärme und Kühle, die sich aus einer ordentlichen Dosis Kardamom und einem dezenten, krautigen Ton entwickelt, der anfangs wie eine frische Brise wirkt. Zusammen mit einem im Drydown immer besser wahrnehmbaren, trockenen Zedernholz geht diese Würze eine Symbiose ein, die jene bodennahe Aromatik entwickelt, die es in Strandnähe gibt. Eine Mischung aus würziger Holzigkeit und der warmen Stickigkeit des Sandes. Letztere wird meines Erachtens durch einen unaufgeregten, trockenpudrigen Ton, der Reismehl ähnelt (Ambrettsamen, Iris), mit erreicht. Insgesamt erscheint diese Melange ausdrucksstark, aber nicht überbordend. Von daher kann man vermuten, dass hier der Mistral in seinem Wesen auf dem Weg zum Meer entworfen wurde. Noch nicht in voller Stärke, sondern sich in Küstennähe weiter nährend.
Den in der Kopfnote so prominent angegebenen Rhabarber kann ich kaum ausmachen. Im Hintergrund schwingt manchmal ganz zaghaft ein fruchtig-säuerlicher Ton mit, für den ich mich aber anstrengen muss, will ich ihn wahrnehmen. Vielleicht trägt er minimal zur Auflockerung bei. Eventuell ist dieser zitrische Bestandteil im Flakon schon fast verflogen, was mit dem Alter des inzwischen eingestellten Eau de Parfums zusammenhängen könnte. Allerdings passt der Duftcharakter ohne Rhabarber meines Erachtens besser zur Gestalt des titelgebenden Windes.
Jetzt kommt ein gewisser Sprung, denn in meiner ersten Wahrnehmung - bevor ich mich über den Mistral informierte - erinnerte mich dieser Duft stark an Cartiers Déclaration, jenes kardamomlastige Statement, allerdings in einer deutlich leichteren Ausführung und ohne die schwitzige Schwülstigkeit des Ellena-Duftes. Diese Assoziation ist bei allen Tragegelegenheiten immer sehr präsent geblieben. Durch seinen luftigeren Ansatz ist der Profumi di Pantelleria tragbarer, wenngleich weniger markant. Das erklärt möglicherweise im Ansatz - zusammen mit dem leicht reismehligen Einschlag - warum ich bei diesem ein Gefühl von Strandnähe oder zumindest Naturweite bekomme, beim Cartier hingegen nicht.
Für mich ist der Maestrale zusammenfassend ein wirklich gut komponierter und vor allem das Thema hervorragend umsetzender Duft, was ihm einen halben Pluspunkt in meiner Bewertung beschert. Bezüglich seiner Abstrahlung und Tragedauer ist er am oberen Ende der Understatement-Skala anzusiedeln und dadurch einer, der ganzjährig Wirkung entfalten kann. Das hätte er dann mit seinem realen Namensvorbild gemein.
Ein herzliches Dankeschön geht an den lieben Parfumo Stulle für die Möglichkeit, diesen mittlerweile seltenen Duft kennen zu lernen.
Was hat der Duft nun mit diesem Wind zu tun?
Er hat insofern, als dass er in meinen Augen tatsächlich versucht, den Charakter des Mistral abzubilden. Zu eigen ist diesem, dass er zu Beginn noch recht sanft und durch die Landmasse aufgewärmt wehen kann. Erst nach einigen Stunden oder Tagen entwickelt er sein stürmisches Potential und über dem Meer seine kühle Temperatur. Dabei gelingt es ihm durch seine zunehmende Geschwindigkeit und Trockenheit auf dem Weg dorthin, dem Boden Nährstoffe zu entziehen.
Diese Eigenschaften spiegeln sich in der Komposition wieder, die ich ganz allgemein als trockenholzig-mineralisch-würzig beschreiben würde, mit einer ganz dezenten Frische. Die Konsistenz der Trockenheit ist dabei so intensiv, dass wirklich der Eindruck des Ausgetrocknet-Seins entsteht. Diese Kargheit wird jedoch aufgefangen durch eine wunderbar würzige Tönung, eine Ambivalenz aus Wärme und Kühle, die sich aus einer ordentlichen Dosis Kardamom und einem dezenten, krautigen Ton entwickelt, der anfangs wie eine frische Brise wirkt. Zusammen mit einem im Drydown immer besser wahrnehmbaren, trockenen Zedernholz geht diese Würze eine Symbiose ein, die jene bodennahe Aromatik entwickelt, die es in Strandnähe gibt. Eine Mischung aus würziger Holzigkeit und der warmen Stickigkeit des Sandes. Letztere wird meines Erachtens durch einen unaufgeregten, trockenpudrigen Ton, der Reismehl ähnelt (Ambrettsamen, Iris), mit erreicht. Insgesamt erscheint diese Melange ausdrucksstark, aber nicht überbordend. Von daher kann man vermuten, dass hier der Mistral in seinem Wesen auf dem Weg zum Meer entworfen wurde. Noch nicht in voller Stärke, sondern sich in Küstennähe weiter nährend.
Den in der Kopfnote so prominent angegebenen Rhabarber kann ich kaum ausmachen. Im Hintergrund schwingt manchmal ganz zaghaft ein fruchtig-säuerlicher Ton mit, für den ich mich aber anstrengen muss, will ich ihn wahrnehmen. Vielleicht trägt er minimal zur Auflockerung bei. Eventuell ist dieser zitrische Bestandteil im Flakon schon fast verflogen, was mit dem Alter des inzwischen eingestellten Eau de Parfums zusammenhängen könnte. Allerdings passt der Duftcharakter ohne Rhabarber meines Erachtens besser zur Gestalt des titelgebenden Windes.
Jetzt kommt ein gewisser Sprung, denn in meiner ersten Wahrnehmung - bevor ich mich über den Mistral informierte - erinnerte mich dieser Duft stark an Cartiers Déclaration, jenes kardamomlastige Statement, allerdings in einer deutlich leichteren Ausführung und ohne die schwitzige Schwülstigkeit des Ellena-Duftes. Diese Assoziation ist bei allen Tragegelegenheiten immer sehr präsent geblieben. Durch seinen luftigeren Ansatz ist der Profumi di Pantelleria tragbarer, wenngleich weniger markant. Das erklärt möglicherweise im Ansatz - zusammen mit dem leicht reismehligen Einschlag - warum ich bei diesem ein Gefühl von Strandnähe oder zumindest Naturweite bekomme, beim Cartier hingegen nicht.
Für mich ist der Maestrale zusammenfassend ein wirklich gut komponierter und vor allem das Thema hervorragend umsetzender Duft, was ihm einen halben Pluspunkt in meiner Bewertung beschert. Bezüglich seiner Abstrahlung und Tragedauer ist er am oberen Ende der Understatement-Skala anzusiedeln und dadurch einer, der ganzjährig Wirkung entfalten kann. Das hätte er dann mit seinem realen Namensvorbild gemein.
Ein herzliches Dankeschön geht an den lieben Parfumo Stulle für die Möglichkeit, diesen mittlerweile seltenen Duft kennen zu lernen.
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