Acqua di Sale 1996

Apicius
15.06.2010 - 17:12 Uhr
20
Top Rezension
7.5
Haltbarkeit
3
Duft

Popcorn mit Salz

Es ist vielleicht gut, dass nicht alles auf dem Parfummarkt einem gängigen Schema folgt. Und gerade einem Nischenlabel darf man es nachsehen, wenn mal ein Parfum allzu experimentell gerät. Dies könnte bei Aqua die Sale durchaus der Fall sein.

Trotzdem, wer unter der Kategorie "Aquatics" im wesentlichen nur die hellblauen Parfums à la Bulgari Aqua Marine kennt und sich folglich hellen Moschus, synthetische Frische und Grapefruit Kopfnote vorstellt, hat keine Ahnung von der Welt.

Mit Tirrenico von Profumi di Forte und Aqua die Sale gibt es zwei Aquatics, die ihrer Duftkategorie auf eigentümliche Weise gerecht werden. Erste Erkenntnis: ein aquatischer Duft muß nicht immer gleich frisch riechen. Das haben ja bereits einige Parfumo User an Tirrenico erfahren, schließlich wurde es mit Assoziationen wie "Hafenbecken", "Fischreste" und Ähnlichem bedacht. Während ich Tirrenico mit seiner marinen Note recht aufregend fand, streiche ich bei Aqua di Sale allerdings die Segel.

Aqua die Sale beginnt äußerst merkwürdig mit einer ausgewachsenen Rum-Note im Kopf. Kein heller Bacardi, sondern österreichischer Stroh-Rum mit 80 Umdrehungen. Eine halbe Minute später ist das schon verschwunden und der Duft wird auf der Haut richtig eklig. Ich rieche eine Mischung aus Petersilie, Liebstöckel und Spülwasser. Das ist nicht Aqua die Sale, sondern Aqua di Ristorante! Eine widerlich breite und künstliche, helle, harzige Note ergänzt das dann noch. Das ist wirklicht Übelkeit erregend.

In einiger Entfernung von der Haut ergibt sich ein anderes Bild. Da wirkt der Duft unwahrscheinlich salzig. Weder Tirrenico, noch Annick Goutal's Vetiver, dem man salzige Noten nachsagt, können Aqua di Sale in dieser Hinsicht das Wasser reichen. Neben dem Salz gibt es eine Frische-Note, irgendwelche Aldehyde, die von dem harzigen Grundton getragen werden.

Dieses Parfum ist wie Popcorn mit Salz. Die cremig-harzige Note, die hier verwendet wurde ist im Grunde nicht neu. Man kennt sie in lieblichem, floralen, holzigen oder ambratischen Zusammenhang. Man greift also aus Versehen in die falsche Popcorn Tüte und merkt zu spät, dass da nicht Zucker, sondern Salz drin ist.

Dieses Parfum ist auf der Haut unerträglich und in einigem Abstand zur Haut experimentell. Faszinierend-scheußlich!
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