Acqua di Parisis Porto Fino pour Homme

DerOlfaktor
21.10.2017 - 16:32 Uhr
7
Sehr hilfreiche Rezension
7
Flakon
5
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft

Heute morgen führte mich mein Weg ...

... in den Osten des Kantons St. Gallen. Und immer, wenn ich in dieser Richtung und Region unterwegs bin, verbinde ich diesen Aufenthalt mit einem kleinen Schlenker zu meiner Leib-und-Leben-Parfümerie.
Bevor die Welle der schweren und süßen Düfte irgendwann abebben wird - und dies wird sie bestimmt, wollte ich auf diesem Wege mir noch einmal ein spezielles Geschenk machen.
Im Geschäft angekommen, stand ich vor einem Tischchen mit Flakons der Fa. Reyane Tradition. Bisher kannte ich die überhaupt nicht - und nun auf einmal ein kleiner Berg mit ca. 10 - 12 verschienden Parfüms dieses Herstellers. Ein Griff und die Entscheidung war gefallen: Du kommst mit!

Wen hat es erwischt? Genau, Acqua di Parisis Porto Fino pour Homme. Gut, dass ich mit dem Kombi unterwegs war, da konnte ich das Wässerchen mit so einem langen Namen einladen.

Zum Start sticht es ordentlich in der Nase. Ingwer, aber noch stärker der Pfeffer sind die ersten Akteure auf der Bühne. Die ersten 5 Minuten sind dann etwas zwiespältig. Wer die nicht aushält, bekommt die Furcht, dass er hier in ein Töpfchen mit Wasserpumpenfett gegriffen hat. Aber hier muss man etwas Geduld zeigen, denn danach wird der Duft richtig gut. Es sind die Pfefferkörner, die dann durchgehend die Regie übernehmen. Dieser leicht säuerliche Unterton - fast wie ein bisschen Gurkenwasser - verschwindet dann sukzessive. Und wenn man über eine lange Zeit keinen Jasmin gerochen hat und die Erinnerung schon fast erloschen ist, hier kann man sich sein Gedächtnis wiederauffrischen. Es ist der Jasmin, der diesen leicht öligen, ätherischen Charakter dem Parfum verleiht. Ob das jetzt noch echter Jasmin ist oder ein Derivat aus den Erlenmeyerkolben der Fa. Givaudan, weiß ich nicht. Aber es ist gut gemacht. Nach ca. 1 bis 2 Std. kommen dann Weihrauch, ein wenig Leder und auch Moschus hinzu. Aber keine Bange, wer Weihrauch hört, muss jetzt nicht an weihrauchgeschwängerte Tabernakel oder den Botafumeiro von Santiago de Compostela denken. In manchen Parfums benehmen sich ja die Ingredienzien wie Autos in der Hauptverkehrszeit. Hier ist dies anders, hier kommen die Dinge nach einem Drehbuch, nach einem Plan auf die Bühne. Um in einem Bilde zu sprechen: Ein aus Pfefferkörnern und mit Ingwer zusammengeklebter und leiser Flieger startet ziemlich zügig und setzt dann zu einem Flug über eine dünne aber geschlossene Wolkendecke aus Weihrauch- und Jasminwölkchen an.
Leider hat die Sache einen Haken: Der Flieger ist nur im Mittelstreckenflug unterwegs. Dafür, dass Acqua di Parisis Porto Fino pour Homme als Parfum dargeboten wird, fliegt er nicht sehr lange. Ca. 5 bis 6 Std. Flugzeit sind es wohl, mehr ist leider nicht drin. Und der Duft ist ein bisschen sehr hautnah. Eine stärkere Variante wäre schön; macht aber vielleicht auch wiederum alles kaputt. Es bleibt insgesamt ein leiser Duft, sofern Düfte überhaupt Töne von sich geben.
Insgesamt würde ich diesen Spontankauf als erfolgreiches Experiment verbuchen; zudem der Preis kein allzu großes Risiko darstellt. Wer also ein bisschen abseits der großen Routen etwas anderes sucht, findet hier vielleicht, wonach er sucht.

Was das übrigens mit meinem Wunsch nach einem schwereren, süßen Duft zu tun hat?
Nichts! Es ist der Beweis für die alte Weisheit: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Aber keine Bange, es waren zwei Düfte, die die Heimreise antraten. Denn so leicht lasse ich mich von meinen Vorhaben nicht abbringen - auch nicht von Pfefferfliegern.
2 Antworten