L'Insomnuit Robert Piguet 2016

Durch Insomnia in den Todesschlaf.
Durch Gewitter und Sturm, in die schwärzeste Pfütze dieser Welt treten?
Für manche die absolute Hiobs- Botschaft, für manch andere, ab und an ein wirklich erregender und zufriedenstellender Gedanke. Mal im Kopf abschalten. Alles dunkel machen. Schwarz einfärben und dann mit Gold alles voll gießen. Das alles kann man mit diesem wunderbaren Duft hier, der mich jedes Mal aufs Neue fasziniert und mir nicht nur schlaflose Nächte bereitet, sondern mein Herz so richtig zum Hüpfen bringt.

Die Gedanken greifen ziemlich durch mit mir - ich fasse gedanklich nach schwarzen Wolken und versuche die stickige Luft, die von Ihnen ausgeht, mir in den Körper zu treiben, so als hätte ich null Bock auf Sonnenschein.
Und das habe ich absolut nicht, wenn ich L'Insomnuit trage. Da will ich einfach nur alleine sein und ihn genießen. Ihn einfach spüren, wie er arbeitet, wie er vorankommt, wie er meine Haut liebkost. Denn dass kann er. Der Wicht!

Guido beschreibt den Duft wirklich gut, in seinen kurzen Sätzen. Und je mehr ich mich befasse, desto mehr bekomme ich auch den Gedankensprung hin - zu Grand Soir. Der Duft hat die selbe Tonlage, ist aber um einiges sensibler und um einen Tacken düsterer. Düster nicht im Sinne, er frisst uns alle auf und wir pissen uns vor lauter Schreck in die Hosen. Nein, es ist eine angenehme Finsternis, die hier über meinen Horizont einbricht und den Mond hell erstrahlen lässt. Eine leise Symphonie im Hintergrund und ich könnt schon heulen vor lauter Glück.

Der Duft fängt erstmals sehr knarzig, harzig an. Den Harzmantel hat er gleich um mich geworfen, ohne dass ich mit der Wimper gezuckt habe. Süffige Pflaume sackt ein, lauer Rauch umringt dies alles, lässt alles zu einem Nebel werden. Ein bisschen Tannenbalsam herbeigezogen und die Wolken decken den Himmel zu.
Es wirkt alles sehr in sich verfestigt. Kreuz und quer stabil miteinander verbunden. So als würde keine Kraft dieser Welt, die Verbindungen der Komponente brechen können. Sehr gut umgesetzt! Ich bin beeindruckt, wie kraftvoll und aussagekräftig so ein Duft sein kann. Wohlgemerkt, in den ersten Minuten schon. Balsamisch ist er aber hallo! Das Harz wirkt immer satter, umrandet und umschließt mein Herz. Goldig umschleiert alles, obwohl der Nebel immer dichter wird. Ich liebe solche Szenen im Kopf! Nach und Nach tritt eine listige Gestalt hervor. Hinterlässt Spuren auf der nassen Erde. Der Wind lässt Gewürze herumtreiben. Ein Gewitter zieht auf. Der kracht und blitzt so richtig. Er geht in einer Phase dermaßen ab, so dass ich mich mal wo anhalten muss, ohne gleich vom Wind weggefegt zu werden. Und dann diese Iris, die ihre Peitsche auspackt und wie wild durch die Gegend herumschießt. Immer fester, immer wilder. Ich finde es passt so übel gut hier herein, so dass es mich gar nicht stört, dass sie so dominant auf einmal auftritt. Ohne jegliche Vorwarnung. Sie ist auf einmal da und reißt so manchen eine Wunde in die Haut. Doch sie packt die Peitsche schnell wieder ein und liebkost sanfte die Haut. So, als würde sie einen streicheln wollen, nachdem sie Prügel ausgeteilt hat. SM Fans würden mich wahrscheinlich knutschen, wenn sie mich nach einem Duft fragen, welcher Peitschenhiebe austeilen kann und ich ihnen tatsächlich einen nennen kann. Nun ja, aber so arg ist er dann doch nicht. Denn die Prügel sind schnell vergessen ;D

Tonkabohne darf hier natürlich auch nicht fehlen. Sie ist das süße Herzblatt dieses Duftes und lässt auch mal etwas cremiges, mildes herein. Schön angepasst und wirklich satt in ihrer Erscheinung. Nichts wird hier extrem süß überlastet. Es wird nur ein weiteres Puzzleteil hinzugefügt. Etwas animalisch am Rande, dann mit einem deutlichen Beigeschmack von Sandelholz, welcher lange auf der Haut verbleibt. So mischt sich dass alles zu einem wahren Vergnügen. Immer satt würzig umschlossen. Harz ist aber eines der Haupthemen hier, genauso wie die Iris und natürlich auch die Tonkabohne. Doch auch der rauchige Aspekt ist keineswegs zu verachten. Er hat was. Macht den Duft etwas kühler, etwas unnahbarer. Dazu dieser balsamische Tacken, den er hat. Wahrlich, gut hinbekommen. Ich ziehe meinen Hut und erfreue mich sehr, dass ich einen Piguet schon bald in meiner Sammlung herzlich aufnehmen werde.

Die Haltbarkeit ist brachial. Und wenn diese schon so stark ist, dann kann es bei mir, Ergreifend, nur ein Schattenfresser werden. Und das ist er. Er macht diesem Begriff alle Ehre. Er greift über zum Nächsten und lässt diesen apathisch zurück. Ich habe dieses Wochenende ganze Stunden mit ihm verbracht und überwunden. Bei Regen und Sturm. In verrauchten Lokalen mit vielen hundert Menschen. Nach der Dusche spürte ich ihn immer noch. Von meinem Auto und den Klamotten, ganz zu Schweigen. Leider war aber dieser alte, fahle Zigarettenqualm bei den Klamotten dabei.

L'Insomnuit ist ein perfekter Duft, wenn man schlaflos ist, bzw. dies vorhat, zu sein. Denn er verlässt einem lange nicht und begleitet standhaft durch die Nacht. Und wenn man dann im Bett liegt, schlaflos, da er mir wirklich den Schlaf raubt und mich dazu zwingt durch zu machen, da er einfach auf einen Höllenritt auf schwarzen Wolken heiß ist. Ja dann, auch dann muss man immer an ihn denken. Wie schnell er dich und mich, um den Finger wickelt. Wie grandios er sich doch gibt. Mit seiner ganz eigenen Art. So eine Art, welcher kaum wer über die Bühne bringen kann. Piguet hat es aber fantastisch hinbekommen, ohne dabei aufsässig oder gar boshaft rüber zu kommen. Die einen werden ihn sicherlich lieben. Von Anfang an. Andere wiederum werden das ein oder andere Problem mit ihm haben. Denn eine liebliche Kost ist er nicht gerade und Piguet ist jetzt nicht gerade bekannt dafür, leise Töne von sich zu lassen. Mann muss eben mit Piguet können, um den Duft richtig zu fühlen und sezieren zu können. Doch auch für die ganz Neuen unter uns, die noch nichts mit Casbah oder Bois Noir zu tun hatten, für die wird vielleicht dieser Duft ein erster Schritt in eine etwas düstere, wenn auch mit Harz ausgefüllte Welt sein.

I cant get no sleep ..