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Top Rezension
Kontaktlinsen des Tigers
Mit dem Gesicht im Moos aufgeschlagen. Gott sei dank, die Sektflöte noch ganz. Ich grabe wie wild im torfigen Erdreich, klaube meine Zitronen zusammen. Viele sind es nicht. Ich starre auf meinen Handrücken. Dieses Mistvieh hat sein Revier markiert. Muss weiter. Spüre seinen fahlen Paprikaatem.
Eine kleine Pfütze Schaumwein auf grünüberwuchertem Untergrund. Ich schlürfe gierig den Tau, der seiner säuerlichen Note nach nur ein alter, edler Tropfen sein kann. Irgendwie abgelaufen, aber gewollt. Wie heute ein Norne, aber anstatt des Süß-Ätherischen, vergoren-holzig, wie in der Natur nichts Bekanntes. Echtes Eichenmoos eben. Ich denke an Success, Paco Rabanne, Lauder for Men. Wo Grasnarbe anfängt und Sexparty aufhört, ist da schwer auszumachen.
Ich stolpere durch eine dicht bewucherte, exotische Pflanzenwelt, die mich aber weiter nicht interessiert, zu beschäftigt bin ich, in die Flöte zu gucken, die Zitronen zu balancieren und mir verbliebene Erdreste aus den Zähnen zu pulen.
Dann halte ich inne. Es hat alles seine Richtigkeit. Ein Chypredschungel aus den 80ern, in den ich hineingeraten bin. Super dicht, mit vielen Schattierungen. Discolichter, Frotteebezüge und hygienisch Ausschweifendes in eine komplexe Naturwüchsigkeit hineingearbeitet. Wenig glattgebügelt, ohne den Drang alles in seine sterilen Einzelteile zu zerlegen. Und von latenter pflanzlich-schwüler Krautigkeit. Funkelnde Tigeraugen. Survivor.
Kurz bevor ich einen sehr erwachsenen, doch irgendwie zeitlosen Galbanumcocktail samt erdigem Zitrusfruchtmysterium in meinen Händen zu halten wähne, reißt es mich zu Boden.
Zwei dicke Zitronen hält sie mir vors Gesicht. Der Tiger schleicht elegant um die Farne und Lianen. Er tritt aus seinem Versteck heraus und würdigt mich keines Blickes.
„Aus reiner Freundschaft hat er dich nicht umgebracht. Er mag dich.“
Er pieselt in die Sektflöte.
Ich richte mich auf und streife den Schmutz von der Hose.
„Das ist nett von ihm. Ich mag ihn auch. Vor allem, weil er mich nicht angefallen hat. Als ob er eine Order dazu hatte. Es scheint hier überhaupt ein etwas rauerer Umgangston zu herrschen.“
Sie nähert sich mir und entfernt den Pfeil aus meinem Kopf.
„Rede keinen Unsinn. Er mag es, mit dir zu spielen. Und er ist nichts gegen die Kraft des alten Waldes.“
Aus einer samtenen Sitznische hält mir jemand eine volle Sektflöte entgegen. Ich nehme das Glas und trinke es. Weit entferntes Funkeln und Dröhnen.
Das einzig Vernünftige scheint mir, die Herrin des Waldes zu einem Dance-Off herauszufordern, 8 Minuten Boogie Wonderland.
Gute Idee, denke ich noch, eins werdend mit den Bewegungen, in grüner Säuerlichkeit überwuchernd.
(Danke, liebe Tabla, für die Probe.)
Eine kleine Pfütze Schaumwein auf grünüberwuchertem Untergrund. Ich schlürfe gierig den Tau, der seiner säuerlichen Note nach nur ein alter, edler Tropfen sein kann. Irgendwie abgelaufen, aber gewollt. Wie heute ein Norne, aber anstatt des Süß-Ätherischen, vergoren-holzig, wie in der Natur nichts Bekanntes. Echtes Eichenmoos eben. Ich denke an Success, Paco Rabanne, Lauder for Men. Wo Grasnarbe anfängt und Sexparty aufhört, ist da schwer auszumachen.
Ich stolpere durch eine dicht bewucherte, exotische Pflanzenwelt, die mich aber weiter nicht interessiert, zu beschäftigt bin ich, in die Flöte zu gucken, die Zitronen zu balancieren und mir verbliebene Erdreste aus den Zähnen zu pulen.
Dann halte ich inne. Es hat alles seine Richtigkeit. Ein Chypredschungel aus den 80ern, in den ich hineingeraten bin. Super dicht, mit vielen Schattierungen. Discolichter, Frotteebezüge und hygienisch Ausschweifendes in eine komplexe Naturwüchsigkeit hineingearbeitet. Wenig glattgebügelt, ohne den Drang alles in seine sterilen Einzelteile zu zerlegen. Und von latenter pflanzlich-schwüler Krautigkeit. Funkelnde Tigeraugen. Survivor.
Kurz bevor ich einen sehr erwachsenen, doch irgendwie zeitlosen Galbanumcocktail samt erdigem Zitrusfruchtmysterium in meinen Händen zu halten wähne, reißt es mich zu Boden.
Zwei dicke Zitronen hält sie mir vors Gesicht. Der Tiger schleicht elegant um die Farne und Lianen. Er tritt aus seinem Versteck heraus und würdigt mich keines Blickes.
„Aus reiner Freundschaft hat er dich nicht umgebracht. Er mag dich.“
Er pieselt in die Sektflöte.
Ich richte mich auf und streife den Schmutz von der Hose.
„Das ist nett von ihm. Ich mag ihn auch. Vor allem, weil er mich nicht angefallen hat. Als ob er eine Order dazu hatte. Es scheint hier überhaupt ein etwas rauerer Umgangston zu herrschen.“
Sie nähert sich mir und entfernt den Pfeil aus meinem Kopf.
„Rede keinen Unsinn. Er mag es, mit dir zu spielen. Und er ist nichts gegen die Kraft des alten Waldes.“
Aus einer samtenen Sitznische hält mir jemand eine volle Sektflöte entgegen. Ich nehme das Glas und trinke es. Weit entferntes Funkeln und Dröhnen.
Das einzig Vernünftige scheint mir, die Herrin des Waldes zu einem Dance-Off herauszufordern, 8 Minuten Boogie Wonderland.
Gute Idee, denke ich noch, eins werdend mit den Bewegungen, in grüner Säuerlichkeit überwuchernd.
(Danke, liebe Tabla, für die Probe.)
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