38
Top Rezension
Lebendig, sinnlich, frei ... FEMME
Als ich in der Bar ankomme, ist es rappelvoll.
Jan wuselt herum, bedient die Gäste und sieht ziemlich abgekämpft aus.
Wir kennen uns vom Sport und ich dusselige Trine bin seiner Einladung, ihn in seiner Bar bei der Arbeit zu besuchen, spontan gefolgt.
Jetzt steh ich hier, unangemeldet und völlig verloren in der Mitte des Raumes und frag mich, was in mich gefahren ist. Bin ich so einsam und bedürftig, dass ich schon einen Tag nach seinen Worten hinter ihm herdackeln muss? Wie alt bin ich denn, zwölf?
"Hallo Anne!", begrüßt er mich überrascht und abgehetzt, "mit dir hab ich heute gar nicht gerechnet, und leider ist kein Platz mehr frei."
"Schon okay, ähm, das ist kein Problem." Mist, soll ich wieder nach Hause geh'n?
Jan wirft mir einen Blick zu, packt mich energisch am Arm und zieht mich mit den Worten "Denk gar nicht dran!" hinter die Bar und bindet mir, bevor ich es überhaupt merke, eine Schürze um.
"So, hier ist ein Block, die beiden Tische am Fenster sind deine. Du hast erzählt, dass du in den Semesterferien gekellnert hast, also los!"
Mit dem Kellnern ist es wohl wie mit dem Fahrradfahren, man verlernt es nicht.
Ich hatte total vergessen, wieviel Spaß es mir macht!
Anfängliche Bedenken, mein dicker Hintern würde Getränke vom Tisch fegen oder ich würde mich mitsamt Tablett langmachen, lösen sich in Luft auf.
Ich fühle mich frei und beschwingt. Flirte und lache wie schon lange nicht mehr, und merke während ich eigentlich arbeite, wie sehr mich die Ernsthaftigkeit des Alltags, gefangengenommen hatte.
Mein Grinsen will gar nicht mehr weichen. Beim Abstellen der Gläser tritt Jan hinter mich, dreht mich an den Hüften zu sich, lächelt und küsst meine Nasenspitze "Du bist ein Naturtalent".
Mutig küsse ich ihn auf den Mund und strahle ihn an "Ich weiß!"
Rochas "Femme" ist ein unbeschwerter Duft.
Erwachsen, ja!
Ein Chypre, auch das, aber mit Augenzwinkern und Hinternwackeln und einer Unbeschwertheit trotz aller Perfektion.
"Lassen sie mich sagen, ich habe 'Femme' 1943 in Paris während der schlimmsten Tage des Krieges geschaffen. In einem Gebäude, das auf einer Seite Müllhalde und auf der anderen eine Farbenfabrik war."
Soll Meisterparfumeur Edmond Roudnitska gesagt haben.
Wie war es nur möglich , eine so eindringliche Schönheit und Sinnlichkeit in Zeiten des Krieges zu schaffen?
Der Parfumeur schuf ein Gleichgewicht zwischen Aldehyden, Früchten, Hölzern und Moos. Inspiriert von einem Molekülfund in einem alten Fass, brachte er den Geruch von Pflaumen und Aprikosen bei 'Femme' ein.
Marcel Rochas gründete 1944 neben seinem Modelabel "Parfum Rochas S.A." und brachte als ersten Damenduft Routniskas 'Femme' heraus. Aus dieser Zusammenarbeit gingen noch viele Düfte hervor, wie z.B. Mousseline, Mouche und Moustache.
Gegen Roudnitskas Willen, erhielt 1989 Olivier Cresp den Auftrag 'Femme' zu modernisieren, ohne jedoch den Geist der Urversion aus den Augen zu verlieren.
Seine Interpretation startet immer noch chypretypisch mit Zitrik und Bergamotten. Sehr schnell wird es fruchtig durch Pflaume und Pfirsich/Aprikose jedoch gedrosselt durch Kreuzkümmel. Keine Gefahr zu süß oder klebrig zu werden.
Warm, würzig, moosig und holzig wirkt 'Femme' auf mich. Immer wieder durchzogen vom Pfirsichakkord - wie ein fröhliches Lachen in sinnlicher Atmosphäre.
Ich mag diesen Duft sehr, dessen Blumen nur die Frucht stützen und nie madamig wirken, dessen Moos und Sandel mich wie immer umarmen. Leder kann ich nicht erkennen. Erinnert er mich zwar an Mitsouko und ist doch so anders - praller, sexier, leichter. Mitsouko ist ernsthafter, intellektueller und weniger anschmiegsam.
Mae Wests Hüften sind angeblich die Vorlage für die Rundungen des Flakons und die Spitze der Verpackung steht für die Corsage, die Rochas für seine berühmte Kundin designte. Dass der Duft eigentlich für dessen eher schüchterne Frau Helène gedacht war, machte sich marketingtechnisch wohl nicht so gut.
Da bediente man sich lieber der frivolen, kurvigen Darstellerin als Botschafterin für den Duft.
Der Erfolg gab ihnen Recht.
Das Edp. wird leider nicht mehr hergestellt, man sieht es manchmal noch auf Flohmärkten.
Das 'Femme' Edt.ist immer noch zu erwerben.
Jan wuselt herum, bedient die Gäste und sieht ziemlich abgekämpft aus.
Wir kennen uns vom Sport und ich dusselige Trine bin seiner Einladung, ihn in seiner Bar bei der Arbeit zu besuchen, spontan gefolgt.
Jetzt steh ich hier, unangemeldet und völlig verloren in der Mitte des Raumes und frag mich, was in mich gefahren ist. Bin ich so einsam und bedürftig, dass ich schon einen Tag nach seinen Worten hinter ihm herdackeln muss? Wie alt bin ich denn, zwölf?
"Hallo Anne!", begrüßt er mich überrascht und abgehetzt, "mit dir hab ich heute gar nicht gerechnet, und leider ist kein Platz mehr frei."
"Schon okay, ähm, das ist kein Problem." Mist, soll ich wieder nach Hause geh'n?
Jan wirft mir einen Blick zu, packt mich energisch am Arm und zieht mich mit den Worten "Denk gar nicht dran!" hinter die Bar und bindet mir, bevor ich es überhaupt merke, eine Schürze um.
"So, hier ist ein Block, die beiden Tische am Fenster sind deine. Du hast erzählt, dass du in den Semesterferien gekellnert hast, also los!"
Mit dem Kellnern ist es wohl wie mit dem Fahrradfahren, man verlernt es nicht.
Ich hatte total vergessen, wieviel Spaß es mir macht!
Anfängliche Bedenken, mein dicker Hintern würde Getränke vom Tisch fegen oder ich würde mich mitsamt Tablett langmachen, lösen sich in Luft auf.
Ich fühle mich frei und beschwingt. Flirte und lache wie schon lange nicht mehr, und merke während ich eigentlich arbeite, wie sehr mich die Ernsthaftigkeit des Alltags, gefangengenommen hatte.
Mein Grinsen will gar nicht mehr weichen. Beim Abstellen der Gläser tritt Jan hinter mich, dreht mich an den Hüften zu sich, lächelt und küsst meine Nasenspitze "Du bist ein Naturtalent".
Mutig küsse ich ihn auf den Mund und strahle ihn an "Ich weiß!"
Rochas "Femme" ist ein unbeschwerter Duft.
Erwachsen, ja!
Ein Chypre, auch das, aber mit Augenzwinkern und Hinternwackeln und einer Unbeschwertheit trotz aller Perfektion.
"Lassen sie mich sagen, ich habe 'Femme' 1943 in Paris während der schlimmsten Tage des Krieges geschaffen. In einem Gebäude, das auf einer Seite Müllhalde und auf der anderen eine Farbenfabrik war."
Soll Meisterparfumeur Edmond Roudnitska gesagt haben.
Wie war es nur möglich , eine so eindringliche Schönheit und Sinnlichkeit in Zeiten des Krieges zu schaffen?
Der Parfumeur schuf ein Gleichgewicht zwischen Aldehyden, Früchten, Hölzern und Moos. Inspiriert von einem Molekülfund in einem alten Fass, brachte er den Geruch von Pflaumen und Aprikosen bei 'Femme' ein.
Marcel Rochas gründete 1944 neben seinem Modelabel "Parfum Rochas S.A." und brachte als ersten Damenduft Routniskas 'Femme' heraus. Aus dieser Zusammenarbeit gingen noch viele Düfte hervor, wie z.B. Mousseline, Mouche und Moustache.
Gegen Roudnitskas Willen, erhielt 1989 Olivier Cresp den Auftrag 'Femme' zu modernisieren, ohne jedoch den Geist der Urversion aus den Augen zu verlieren.
Seine Interpretation startet immer noch chypretypisch mit Zitrik und Bergamotten. Sehr schnell wird es fruchtig durch Pflaume und Pfirsich/Aprikose jedoch gedrosselt durch Kreuzkümmel. Keine Gefahr zu süß oder klebrig zu werden.
Warm, würzig, moosig und holzig wirkt 'Femme' auf mich. Immer wieder durchzogen vom Pfirsichakkord - wie ein fröhliches Lachen in sinnlicher Atmosphäre.
Ich mag diesen Duft sehr, dessen Blumen nur die Frucht stützen und nie madamig wirken, dessen Moos und Sandel mich wie immer umarmen. Leder kann ich nicht erkennen. Erinnert er mich zwar an Mitsouko und ist doch so anders - praller, sexier, leichter. Mitsouko ist ernsthafter, intellektueller und weniger anschmiegsam.
Mae Wests Hüften sind angeblich die Vorlage für die Rundungen des Flakons und die Spitze der Verpackung steht für die Corsage, die Rochas für seine berühmte Kundin designte. Dass der Duft eigentlich für dessen eher schüchterne Frau Helène gedacht war, machte sich marketingtechnisch wohl nicht so gut.
Da bediente man sich lieber der frivolen, kurvigen Darstellerin als Botschafterin für den Duft.
Der Erfolg gab ihnen Recht.
Das Edp. wird leider nicht mehr hergestellt, man sieht es manchmal noch auf Flohmärkten.
Das 'Femme' Edt.ist immer noch zu erwerben.
32 Antworten
Friesin
