A Midsummer Dream 2016

Medianus76
15.07.2021 - 12:54 Uhr
51
Top Rezension
5
Preis
9
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft

Das Geheimnis eines Sommers...

„Da, sieh doch nur! Da vorne unter den alten Eichen unweit der Lichtung“ sagte Chris mit flüsternder Stimme zu seinem Freund Will und deutete mit seinem Zeigefinger grob in die Richtung. Will, der ganz nervös und unruhig auf seinen Knien kauerte, schob das vom Felsvorsprung herunterhängende dichte Gestrüpp zur Seite. Die Luft flirrte in der Hitze dieses Spätsommertages, als urplötzlich sich auch vor seinen Augen dieses unglaubliche und sagenhafte Szenario manifestierte...

Die beiden waren schon immer gute Freunde. Immer auf der Suche nach neuen Abenteuern haben sie unlängst einen alten Dachboden durchforstet. Dabei war Ihnen diese alte Karte in die Hände gefallen. Staubig und mit verwaschener Tinte geschrieben, war auf diesem zerbrechlichen Pergament ein Ort eingezeichnet, den sie tatsächlich zu kennen glaubten. Die Karte zeigte die verwunschene Lichtung im Düsterwald. Um diesen Wald im Allgemeinen und vor der Lichtung im Speziellen ranken sich viele unheimliche Erzählungen. Deswegen haben sie sich noch nie dorthin getraut, auch wenn die Neugierde sie schon immer gelockt hat. Aber nun, mit dieser alten Karte, konnten sie der Versuchung nicht mehr widerstehen diesen Platz aufzusuchen. Denn auf dem Ziel dieser Karte war etwas Unglaubliches abgebildet…

Will traute seinen Augen nicht. „Zwick mich mal ordentlich“, bat er seinen Kumpel. „Ich glaub ich träum…“
Auf einem alten knorrigen Stumpf aus Zedernholz saß ein Pan. Am Sockel des Stumpfes rankte sich ein Teppich orangefarbener, sommerlich zitrischer Blüten. Lieblich und wohlwollend erfüllten sie die Umgebung mit Ihrem herb süßlichen, cremigen Duft. Der Pan selbst, ein uraltes Wesen längst vergangener Zeiten, hatte zwei mit Moosen und Flechten überwucherte Beine, die eines Widders gleich waren. An seinem Kopf prangten zwei imposant geschwungene Hörner, welche in der dämmernden Abendsonne weich und samtharzig schimmerten. In den Händen hielt er eine Panflöte und jedes Mal, wenn er sie spielte, verströmte sie glitzernde Blasen aus feinem Moschus. Die Blasen verfingen sich in seinem langen holzigen Bart, platzten auf und vermischten sich mit den anderen Aromen zu einer dieser Gestalt würdigen Essenz.
Welch atemberaubendes Bild und welch atemberaubender Duft es war, den der Abendwind sanft und unscheinbar zu den beiden herübertrug. Eine Stimmung wie aus einer anderen Welt, die magischer nicht hätte sein können…

„Komm Will, lass uns wieder gehen, bevor er uns entdeckt“, forderte Chris seinen Freund auf. Will erwiderte mit leiser Stimme: „Ja, lass uns verschwinden und darüber schweigen. Das soll unser Geheimnis dieses Sommers sein…“

***

A Midsummer Dream war für mich überraschenderweise seit langem wieder eine olfaktorisch wegweisende Erscheinung. Zum einen hat mich die Aura dieses doch recht komplexen Werkes erreicht und zum anderen eben auch genauso überzeugt. Allein schon die Tatsache, dass ich unmittelbar während des ersten Tests eine imaginäre Brücke zu Terre d´Hermes und ein klein wenig auch zu The Tycoon schlagen konnte, ließ mich tief in dieser Komposition versinken.
Der Bezug ist meiner Meinung nach auf der Hand liegend. Die Orangenblüten sowie die zitrischen Sprenkler zu Beginn, sind mit all ihren Facetten bei Midsummer satter und deutlicher als bei TDH. Vor allem die Kopfnote punktet hier, wenngleich sie weniger trocken und spröde in Erscheinung tritt, sondern ausdrucksstark und gegenwärtig – einfach wunderschön.
Der weitere Verlauf wird aufgewertet durch die samtigen und weichen Harze, welche Fülle und Tiefe verleihen. Durch die magische Aura der Waldmoose glitzert es immerzu und jedes Mal, wenn besagte Seifenblasen zerplatzen und sich die Duftmoleküle als feiner Schleier in der Umgebung verteilen, ward es um mich geschehen! Der elegant verwobene Moschus charakterisiert und prägt die Duftstruktur maßgeblich und stellt für mich einen essenziellen Bestandteil im gesamten Spektrum dar. All diese Komponenten machen Midsummer schlussendlich zu dem was es ist:
Magisch, geheimnisvoll, tatsächlich ein wenig wie aus einem Märchen entsprungen und einen tief in der Seele berührend…

Da dies der erste Roja war mit dem ich mich näher beschäftigt habe, kann bzw. muss ich meine Meinung bezüglich des Labels ein wenig korrigieren. Maßgeblich die wahrscheinlich übertriebene Preispolitik, so erscheint mir auch bei Midsummer der Preis relativ hoch. Inwiefern das aber tatsächlich gerechtfertigt ist, kann ich nicht beurteilen. Ein anderes kleines Manko an dem Duft wäre wohl das Fehlen von Ecken und Kanten. Der Duft ist immerzu rund, weich, smooth…ein Seelenschmeichler eben. Aber genau das will er ja auch sein…ein Sommernachtstraum!

„Der Heitere ist der Meister seiner Seele“ (William Shakespeare)

Es hat mich sehr gefreut euch in dieser traumvollen Sommernacht begrüßen zu dürfen...
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