Un Amore Eterno 2016

LadyLuxifer
21.03.2021 - 10:53 Uhr
14
Top Rezension
6
Preis
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft

Scharlachrote Ekstase

Wenn die Liebe ein Duft wäre, müsste es der Duft der Freiheit sein, denn die absolute Schönheit der Liebe offenbart sich nur aus freien Stücken, unabhängig und vollkommen in ihrer Freiheit.

Ungeduld ist das Feuer, das jeder Liebe zum Verhängnis wird. Sie ist das uralte Thema, das mit Eifer die Liebe tötet. Ich spüre sie als tausende Spiegelungen meines „Appetitus Sensitivus“ - wie Fragmente versteckt in kleinen Intermezzi – pochend auf der Suche nach Befriedigung eines Mangels.

Daher entschied ich mich bewusst für die Geduld und gab dem Duft Zeit, testete „die Liebe“ oft und zu verschiedenen Tageszeiten.

„Un Amore Eterno“ soll eine Hommage an die duftenden Briefe von Casanova sein. Bereits die Idee finde ich als exaltiert und Over The Top.

Ich führe den Y-Schnitt am Duft durch und halte fest: Gerüche wie offene Damentasche, Lippenstift, Leder, dumpfe scharlachrote Süße, erdig-blumige und holzig-nüssige Gerüche würzen die Luft an meinem Wahrnehmungshorizont. Die stark markante, jedoch irgendwie affektive Kreation mit ihrer antiken Aura erreicht mich nicht wirklich. Sie fühlt sich schwer und erdrückend an, wie ein Requiem. Die Verbindung von Tuberose, Gewürznelke und Safran geben mir schlussendlich den Rest.

Meine Vorstellung von ewiger Liebe ist gebunden am Umfang der gelebten Gefühle. Wenn etwas ewig und unendlich ist, dann ist es auch überall. Ewige Liebe ist wie von einer Seele barlippig und unsicher geküsst zu werden. Ein Kuß, der aber in alle Ewigkeiten schallt. Liebe erwacht wie Frühling, unaufhaltsam und warm, lächelnd und tanzend.

„Un Amore Eterno“ ist leider eine Liebe, die auf dem Sterbebett liegt.

Der Duft ist eher „dreckig“. „Carnal Desire“ würde dem Duft besser stehen. Auch dann wäre der Duft für mich nicht tragbarer. Oft hervorrufen Düfte bei mir musikalische Assoziationen. Dieser jedoch lässt mich an wenig würdevolle Gestalt wie den einsamen Schriftsteller Gustav von Aschenbach, die Hauptfigur der Novelle „Der Tod in Venedig“, denken.

„Un Amore Eterno“ zeigt mir auch, dass die flüchtige Ekstase des Sündenfalls nur Verwirrung der Sinne stiftet und einem in die plötzliche Verlassenheit katapultiert. Eben diese Plötzlichkeit des Rätselhaften offenbart den Trieb, dem Roja nachgeht und Gustav paradox als beschämend empfindet, als den einen profunden Impuls des Schaffens. Stunden bewegen sich kriechend, ohne zu fliegen, poetisch blasphemisch und verschwenderisch rudimentär, wie ein letzter apokalyptisch gefärbter Wunsch nach Begierde, erblindet und unfähig wahrzunehmen, dass die Liebe in ihren viel zu engen Kleidern bereits verstarb. Der Duft des Britten wäre ein guter Duft zum Roman gewesen.

Dem Durcheinander des zerrissenen Schriftstellers ähnlich, erlebe ich bei „Un Amore Eterno“ ungewollten Stopp im Niemandsland. Stillstand. In dieser Phase, getragen von süßlicher Boudoir-Opulenz, erinnert Rojas Kreation ein wenig an „1889 Moulin Rouge“. Das bleibt nur kurz so. Es folgt einer der wenig positiven Aspekte des Duftes, die grandiose Hochzeit von Patchouli und Iris. Diese Augenblicke sind echte Entschädigung für das anfänglich fürchterliche Gewirr.

Der Duft beruhigt sich hier zunehmend und wird harmonischer. Die zu potenten würzig-blumigen und dumpf-nussigen Momente aus dem Opening, gepaart mit der antiken Nelkenwürze, sind jetzt nur noch schwach wahrnehmbar, wirken jedoch angenehm unterstützend und vor allem passend.

Es ist nicht die ewige Liebe, weit davon entfernt, aber ein durchschnittlich guter Roja Duft. Kein Duft, an dem man sich erinnern wird, dafür gibt es deutlich bessere bei ROJA Parfums. Es bleibt bei mir das Bedauern, dass Roger Dove eben dieses wunderschöne und ewige Thema aufgreift und es dann so gnadenlos verfehlt.
8 Antworten