10.04.2021 - 01:49 Uhr
Foxear
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Foxear
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56
Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen – aber zum!
Dali pour Homme – 1987 wurde dieses Gebräu vom avantgardistischen Surrealismus-Künstler Salvador Dali auf den Markt geschwemmt. Ein verruchter und überaus potenter Mooscocktail für kalte Tage, einzuordnen unter würziger Fougere mit animalischen Tendenzen. „Oh Schreck! Schon wieder ein animalischer Duft- fängt der jetzt wieder mit Primaten beim Liebesspiel an?“. Nein – dieses Mal wird es sogar wilder!
Der Auftakt ist geprägt von einer dunklen erdig-krautigen Aura, resultierend aus einem Zusammenspiel von Patchouli, Estragon und Lavendel – Zitrusfrüchte? Fehlanzeige! Im Verlauf steigt der finstere aber anmutige Mooskönig aus seinem Erdreich hervor und herrscht konsequent warm-würzig auf seinem Patchoulithron - nur wenige undefinierbare Blüten erheben ihre Stimmen gegen ihn. Sobald sich der Mooskönig verabschiedet hat, räumen Amber- und Moschusmännchen den Thronsaal auf. Im Ergebnis: geheimnisvoll, facettenreich, verführerisch, opulent!
Verantwortlich für die Duftkomposition – kein geringerer als ... Moment Mal, habe ich mich da auf der Seite verlesen? Sicherheitshalber erstmal die Brille geputzt. Tatsächlich: Parfümeur – Thierry Wasser. Der heute hochgelobte Parfumrockstar aus dem Hause Guerlain war die Wundernase hinter diesem himmlischen Hexentrank. Noch erstaunlicher: es war sein erstes kommerzielles (Männer-) Parfum.
Schon als Kind hegte er großes Interesse für Düfte sowie Aromen und bildete sich autodidaktisch mit Hilfe von Fachbüchern weiter – später machte er eine Ausbildung in dem Bereich, versprach sich aber keine Zukunft davon. Als junger Erwachsener erfuhr er von der Givaudan Parfumschule, eine Genfer Eliteschule für Personen, die bereits Erfahrung in den Bereichen Chemie oder Botanik hatten. Diese konnte er nicht vorweisen, trotzdem nahm er Kontakt mit Givaudan auf und wurde wider Erwarten nach Absolvieren zahlreicher Tests angenommen (den olfaktorischen Göttern sei an dieser Stelle gedankt). Dort konnte er sein angeborenes Talent weiter verfeinern und übte sich anfangs beim Herstellen von Waschmitteln und Toiletten-Gele. Später führte es ihn nach Paris, um im Auftrag von Givaudan für Salvador Dali sein erstes Parfum herzustellen: Dali pour Homme. Sein Erstlingswerk war sogleich ein kolossaler Kracher! Wenig verwunderlich, dass er zu einem Star der Branche emporstieg. Oder hatte er womöglich Starthilfe von einem mysteriösen Freund?
… Von einer Lavendel-Wendeltreppe die ins Unendliche führte, stieg ich hinab in einen dunklen Wald, der zunächst kilometerweit entfernt schien. Nach nur einen Augenblick und zwei Treppenstufen später, stand ich plötzlich sanft auf weichem Estragon. Flugs wurde ich von einem alten Mann bemerkt: „¡Hola, zorro!“. Ich sah zwei Spießgesellen, die unter einem Kessel standen. Angefacht von lodernden Feuerholz hing dieser verkehrt herum in der Luft und brodelte vor sich hin. Ich trat näher zu den Herren heran und setzte mich auf einen Baumstumpf aus Patchouli.
Neugierig beobachtete ich die beiden bei ihrem Tun. Einer mit komischen Bart, der andere ein junger Erwachsener mit glatt rasierten Wangen und mehr Fläschchen in seinen Händen, als er gemäß physikalischer Gesetze hätte halten können. „Was treibt ihr hier?“ fragte ich. „!skrewsgniltsrE seniem nereierK mieb rim tflih ,ilaD rreH ,dnuerF nieM“ – antwortete der bartlose. Interessant – das würde ich mir gespannt ansehen.
Die Zeit schmolz dahin, während die beiden geheimniskrämerisch tuschelten sowie ab und an die Kesselflüssigkeit abschmeckten. Ich beobachtete eine Nymphe zwischen den dichten Bäumen an uns vorbeihuschen. Eine atemberaubende Naturgöttin mit aschfahler Haut, feurig roten Haaren – die tatsächlich glühten! – und völlig entblößt, wäre da nicht das üppige Moos, welches die intimsten Stellen gekonnt bedeckte. Ob ihrer märchenhaften Schönheit war ich wie hypnotisiert- gut, dass sie keine Griechin war.
Indes hörte ich den Bartträger im Hintergrund wie wild brüllen: „Mehr Moos! !s0oM rh€M. M e H r M O_O $!“. Dass er spontan in Sonderzeichen und Großbuchstaben schrie, wunderte mich in diesem Szenario nicht sonderlich. Der bartlose kam seinem Geheiß nach und hantierte wie im Rausch mit seinen unzähligen Fläschchen in den Händen und goss diese gegen die Schwerkraft hinein in den brodelnden Kessel. Der Dirigent schien entzückt- auf seinem Gesicht lag ein breites, diabolisches Grinsen, welches sich von einem Ohr bis zum anderen zog – schräg!
Im tiefen Wald sah ich einen Baum, der sich verselbständigte und gen Horizont wanderte. An anderer Stelle schien der hell leuchtende Mond auf die Erde zu stürzen- ich sollte das mit den Pilzen in Zukunft sein lassen. Überraschend kamen Kobolde aus einem Erdloch direkt vor meinen Pfoten hervorgekrochen- jeder von ihnen trug einen Topf voll glänzender heller Flüssigkeit – gemeinsam tönten sie:
Wir bringen Töpfe voll Moschusgold,
aus Bernsteinhöhlen sind wir gekommen,
die Gaben wir euch bringen in Kolonnen,
wie uns befahl, unser Groß-Kobold!
Fröhlich singend und dazu rhythmisch tanzend, bewegten sich die Burschen zum siedenden Kessel. Als ein jeder in Reichweite war, verabschiedete er sich mit einem kräftigen „Jucheee“ und sprang in das kochende Kesselwasser hinein. Der Bartträger fing stumm laut zu lachen an, aus seinem Mund kamen Sprechblasen in den Lettern „HA HA HA HA HA HA HA HA“.
Der bartlose schien völlig erschöpft- seine Fläschchen ließ er kraftlos zu Boden stürzen, während sein Körper regungslos zum Himmel hoch fiel. Der andere schnappte sich flink eine leere Phiole und füllte mit einer Kelle das dunkelgrüne Gebräu ab. Er küsste die Phiole und warf sie mir zu – wie eine Rakete schoss sie durch die Luft und landete unbeschadet in meiner Pfote. Seine Lippen hingen noch an der Flasche, die plötzlich zu sprechen begannen: „¡Salvador Dali es mi nombre!“
Passende Musik: Jethro Tull – Velvet Green
Vielen Dank an Cappellusman – ein surrealer Vintage-Trip!
Der Auftakt ist geprägt von einer dunklen erdig-krautigen Aura, resultierend aus einem Zusammenspiel von Patchouli, Estragon und Lavendel – Zitrusfrüchte? Fehlanzeige! Im Verlauf steigt der finstere aber anmutige Mooskönig aus seinem Erdreich hervor und herrscht konsequent warm-würzig auf seinem Patchoulithron - nur wenige undefinierbare Blüten erheben ihre Stimmen gegen ihn. Sobald sich der Mooskönig verabschiedet hat, räumen Amber- und Moschusmännchen den Thronsaal auf. Im Ergebnis: geheimnisvoll, facettenreich, verführerisch, opulent!
Verantwortlich für die Duftkomposition – kein geringerer als ... Moment Mal, habe ich mich da auf der Seite verlesen? Sicherheitshalber erstmal die Brille geputzt. Tatsächlich: Parfümeur – Thierry Wasser. Der heute hochgelobte Parfumrockstar aus dem Hause Guerlain war die Wundernase hinter diesem himmlischen Hexentrank. Noch erstaunlicher: es war sein erstes kommerzielles (Männer-) Parfum.
Schon als Kind hegte er großes Interesse für Düfte sowie Aromen und bildete sich autodidaktisch mit Hilfe von Fachbüchern weiter – später machte er eine Ausbildung in dem Bereich, versprach sich aber keine Zukunft davon. Als junger Erwachsener erfuhr er von der Givaudan Parfumschule, eine Genfer Eliteschule für Personen, die bereits Erfahrung in den Bereichen Chemie oder Botanik hatten. Diese konnte er nicht vorweisen, trotzdem nahm er Kontakt mit Givaudan auf und wurde wider Erwarten nach Absolvieren zahlreicher Tests angenommen (den olfaktorischen Göttern sei an dieser Stelle gedankt). Dort konnte er sein angeborenes Talent weiter verfeinern und übte sich anfangs beim Herstellen von Waschmitteln und Toiletten-Gele. Später führte es ihn nach Paris, um im Auftrag von Givaudan für Salvador Dali sein erstes Parfum herzustellen: Dali pour Homme. Sein Erstlingswerk war sogleich ein kolossaler Kracher! Wenig verwunderlich, dass er zu einem Star der Branche emporstieg. Oder hatte er womöglich Starthilfe von einem mysteriösen Freund?
… Von einer Lavendel-Wendeltreppe die ins Unendliche führte, stieg ich hinab in einen dunklen Wald, der zunächst kilometerweit entfernt schien. Nach nur einen Augenblick und zwei Treppenstufen später, stand ich plötzlich sanft auf weichem Estragon. Flugs wurde ich von einem alten Mann bemerkt: „¡Hola, zorro!“. Ich sah zwei Spießgesellen, die unter einem Kessel standen. Angefacht von lodernden Feuerholz hing dieser verkehrt herum in der Luft und brodelte vor sich hin. Ich trat näher zu den Herren heran und setzte mich auf einen Baumstumpf aus Patchouli.
Neugierig beobachtete ich die beiden bei ihrem Tun. Einer mit komischen Bart, der andere ein junger Erwachsener mit glatt rasierten Wangen und mehr Fläschchen in seinen Händen, als er gemäß physikalischer Gesetze hätte halten können. „Was treibt ihr hier?“ fragte ich. „!skrewsgniltsrE seniem nereierK mieb rim tflih ,ilaD rreH ,dnuerF nieM“ – antwortete der bartlose. Interessant – das würde ich mir gespannt ansehen.
Die Zeit schmolz dahin, während die beiden geheimniskrämerisch tuschelten sowie ab und an die Kesselflüssigkeit abschmeckten. Ich beobachtete eine Nymphe zwischen den dichten Bäumen an uns vorbeihuschen. Eine atemberaubende Naturgöttin mit aschfahler Haut, feurig roten Haaren – die tatsächlich glühten! – und völlig entblößt, wäre da nicht das üppige Moos, welches die intimsten Stellen gekonnt bedeckte. Ob ihrer märchenhaften Schönheit war ich wie hypnotisiert- gut, dass sie keine Griechin war.
Indes hörte ich den Bartträger im Hintergrund wie wild brüllen: „Mehr Moos! !s0oM rh€M. M e H r M O_O $!“. Dass er spontan in Sonderzeichen und Großbuchstaben schrie, wunderte mich in diesem Szenario nicht sonderlich. Der bartlose kam seinem Geheiß nach und hantierte wie im Rausch mit seinen unzähligen Fläschchen in den Händen und goss diese gegen die Schwerkraft hinein in den brodelnden Kessel. Der Dirigent schien entzückt- auf seinem Gesicht lag ein breites, diabolisches Grinsen, welches sich von einem Ohr bis zum anderen zog – schräg!
Im tiefen Wald sah ich einen Baum, der sich verselbständigte und gen Horizont wanderte. An anderer Stelle schien der hell leuchtende Mond auf die Erde zu stürzen- ich sollte das mit den Pilzen in Zukunft sein lassen. Überraschend kamen Kobolde aus einem Erdloch direkt vor meinen Pfoten hervorgekrochen- jeder von ihnen trug einen Topf voll glänzender heller Flüssigkeit – gemeinsam tönten sie:
Wir bringen Töpfe voll Moschusgold,
aus Bernsteinhöhlen sind wir gekommen,
die Gaben wir euch bringen in Kolonnen,
wie uns befahl, unser Groß-Kobold!
Fröhlich singend und dazu rhythmisch tanzend, bewegten sich die Burschen zum siedenden Kessel. Als ein jeder in Reichweite war, verabschiedete er sich mit einem kräftigen „Jucheee“ und sprang in das kochende Kesselwasser hinein. Der Bartträger fing stumm laut zu lachen an, aus seinem Mund kamen Sprechblasen in den Lettern „HA HA HA HA HA HA HA HA“.
Der bartlose schien völlig erschöpft- seine Fläschchen ließ er kraftlos zu Boden stürzen, während sein Körper regungslos zum Himmel hoch fiel. Der andere schnappte sich flink eine leere Phiole und füllte mit einer Kelle das dunkelgrüne Gebräu ab. Er küsste die Phiole und warf sie mir zu – wie eine Rakete schoss sie durch die Luft und landete unbeschadet in meiner Pfote. Seine Lippen hingen noch an der Flasche, die plötzlich zu sprechen begannen: „¡Salvador Dali es mi nombre!“
Passende Musik: Jethro Tull – Velvet Green
Vielen Dank an Cappellusman – ein surrealer Vintage-Trip!
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