De profundis 2011

Mariechen
17.02.2012 - 06:18 Uhr
18
Sehr hilfreiche Rezension
9
Duft

Memento mori

Der Tod geht Hand in Hand mit dem Leben und auch wenn wir es vielleicht so nicht immer wahr haben wollen, aber ein massgeblicher Teil unseres Alltags richtet sich nach unserem Ableben. Die Lebenswerwartung - wir finden sie auf so manchem Dokument. Ein Wort, ein theoretischer Richtwert, der sich doch aus einer feststehenden Tatsache des Lebens ableitet. Gerne wird er auch ein "Mysterium" genannt, wahrscheinlich nicht zu letzt, weil die Wenigsten gerne über ihn sprechen. Daher findet man in den Kommentaren zu Serge Lutens "De Profundis", das nicht nur den Tod, sondern auch das Betrauern als Inspiration begreift, oft den Hinweis auf den Mut des Parfumeurs sich einem solchen Thema hinzugeben.
Das erste was mir zum Thema Tod und Parfum einfällt sind die Patchouli behangenen, weiss gesichtigen Schwarromantiker meiner Jugend. Davon könnte "De Profundis" nicht weiter entfernt sein. Es ist keine süsse Sehnsucht die sich in wallenden Wogen ausbreitet, sondern eine klare, kühle Stille. Ja, "De Profundis" ist ruhig, beinah besinnlich, von schlichter Eleganz und Kälte. Auf meiner Haut entwickelt sich sofort die Chrysantheme, die eine erdige Frische mit sich bringt, wie ich sie bisher tatsächlich nur beim Besuch eines Friedhofs erlebt habe. Es ist aber nicht mehr als ein leichter Unterton, der nach etwa 30 Minuten vollends verschwunden ist. Die Chrysantheme weicht darauf allmählich einem Veilchen, das dem nun gänzlich entfalteten Weihrauch bis zum Ende Gesellschaft leistet. Beinah wie ein warmer Hoffnungsschimmer, der, der stillen Trauer entspringt. Zumindest nehme ich das so wahr, auf meiner Haut, für einen halben Tag etwa, danach erhasche ich nur noch eine Erinnerung. Von kandierten Früchten bekomme ich - bewusst - offensichtlich nichts mit. Und das ist gut so. Weihnachtsgebäck, wie mein Vorredner hatte ich nicht erwartet, nicht erhofft und auch nicht bekommen - zum Glück! Für mich ist es ein nachdenklicher Duft des Innehaltens, den ich ganz bewusst trage, wenn ich einen Moment der Besinnung benötige.
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