L'Innommable 2018

Valrahmeh
26.10.2018 - 03:04 Uhr
19
Top Rezension
8
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
3
Duft

Essensgeruch beim Inder

Müffelige Gerüche in Hotelschränken und abgestandene Kneipengerüche, die sich in Klamotten festgesetzt haben, bringen mich regelmäßig an den Rand des Todes. Kürzlich im Zug von Strasbourg nach Paris genoss ich 2 Stunden die olfaktorischen Überreste aus Zwiebeln, Munsterkäse, Speck und Qualm, die eindeutig einer elsässischen Flammkuchenbude entstammten. Und nun entströmten sie einer Jeansjacke, die direkt hinter meinem Kopf am Haken hing. Da der Zug voll war, konnte ich mich nicht umsetzen und band mir behelfsweise ein mit Chanel 22 eingesprühtes Seidentuch um die Nase. Obwohl in Frankreich die Gesichtsverschleierung verboten ist. Aber ich hätte gute Argumente dafür gehabt. Irgendwie taumelte ich nach knapp 2 Stunden am Gare de l'Est aus dem Zug und empfand sogar den staubig-süßlichen Metrogeruch als Erleichterterung. Das will schon was heißen, denn den hasse ich eigentlich auch. Zum Glück ging mein beruflicher Termin schneller vorbei als geahnt und so hatte ich unerwartet den Nachmittag frei. Also nix wie hin in den Palais Royal, in den Garten, an üblichen blöden Selfie-Touristen vorbei, unter die Arkaden - zu Lutens. Geschafft!!
Ich wollte mir El Attarine kaufen, keine Ahnung warum, vermutlich waren mir die subtilen Trockenfrucht-Noten in den Synapsen hängen geblieben.
In dem abgedunkelten Lutens-Lädchen wuselt immer eine bildschöne Verkäuferinnen-Madonna mit wallendem Haupthaar herum und sagt ihr übliches Sprüchlein auf: "Je peux vous aider?"
Ja, klar, El Attarine. Aber erst einmal musste ich die Neuheit des Hauses probieren, L'innomable, also das, was man nicht benennen kann, schwärmte die Madonna. Klang sehr vielversprechend.
Bis ich einen Spritzer davon auf die Hand bekam. Und mich fast übergeben hätte: Ein Teller Safran-Reis mit Curryhuhn beim Inder, dessen Geruch in einer Jeansjacke hängen geblieben ist. Ich war fertig, mir saß noch die Zugfahrt geruchstechnisch im Nacken, ich musste kurz vor die Tür, so ein zierliches automatisches Eisentürchen, die Verkäuferinnen-Madonna kriegte einen Schreck, ich atmete draußen tief durch und starrte in den Garten. Ich-will-keinen-Geruch-nach-Essen!! Verdammt noch mal.
Als ich wieder reinkam, belehrte mich die Madonna, das sei bestimmt das "Siam-Benzoe". Ich lächelte freundlich. Es hätte ja nix gebracht, ihr zu sagen, das sei wohl eher der Geruch einer in Curry gedämpften Siamkatze.
Also schnappte ich mein El Attarine und flüchtete. In dem schwarzen Edeltütchen fand ich auch mehrere Proben, darunter L'innomable. Die Madonna wollte mich wohl unbedingt bekehren.
Ein paar Tage später und nach überwundenem Klamottenmief sprühte ich es tapfer in die Luft. Nee, Leute. Wer will nach einem indischen Restaurant riechen? Geht überhaupt nicht.
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