Collection Noire

Chergui 2001 Eau de Parfum

Fran
15.03.2011 - 10:56 Uhr
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
2
Duft

Trockenobst-Tabak

Ich erinnere mich, dass einige Raucher damals eine Apfelscheibe in ihren Van Nelle, Drum, Samson oder Ascot-Beutel getan haben, damit der Tabak nicht so schnell austrocknet und etwas Feuchtigkeit bewahrt. Macht man das heute noch?
Dies war jedenfalls eines der ersten Bilder, die mir vor mein geistiges Auge kamen, als ich Chergui aufsprühte. Ich musste sofort an Trockenfrüchte in Tabak denken – viele Trockenfrüchte in viel Tabak. Trockenfrüchte sind ja viel süßer als frische, sie bestehen ja quasi nur aus konzentriertem Fruchtzucker mit sehr starken Fruchtaromen. Denn Chergui ist ganz schön süß. Aber nicht so zuckrig süß oder blumig süß, sondern schwer süß. Irgendwie „dick“, wie Sirup, zäh-süß. Das macht wohl der Honig. Und das Heu bringt eine Art welke Duftnote rein, die zusammen mit dem Honig in meiner Nase diese Trockenfrucht-Assoziation zaubert.

Chergui ist für mich ein typischer Serge Lutens. Zu schwer, zu schwierig, zu würzig, zu kräftig, zu laut, zu grob, zu süß, zu rauchig, zu dunkel, zu mysteriös. Eine Keule. Sehr viel Tabak, sehr viel Süße, bei aller Sirupartigkeit trotzdem irgendwie auch trocken. Als Farbe kommt mir sofort ein verbranntes Rot in den Sinn. Kein Leuchten, kein Strahlen, sondern etwas Mattes, Verwaschenes, Staubiges, Bräunliches. Trocken-rauchig.

Alles in Chergui ist nicht frisch: die Blumen sind nicht frisch, sondern welk, modrig, vielleicht sogar schon vertrocknet. Wahrscheinlich denke ich deswegen so vehement an ein Gewürzregal. Das Heu war mal frisches Gras, jetzt ist es verblasst, vertrocknet, muffig. Das Obst ist fermentiert. Leder, Weihrauch und Hölzer tun ihr übriges, dass Chergui garantiert einen kräftigen und herb-dunklen Eindruck hinterlässt. Auf Männerhaut kann ich ihn mir besser vorstellen, aber ich weiß, welche Damen in unserer Gemeinde auf genau solche Kaliber stehen. Jede Duftrichtung hat ihre Liebhaber. Zu recht. Diese Kreation ist natürlich bemerkenswert und ein Kracher. Für mich allerdings untragbar. Meine Nase findet keinen Zugang, Chergui ist, wie viele andere Düfte von Serge Lutens, für mein Empfinden zu angestrengt komponiert, zu sehr auf einen dramatischen Effekt aus, will bewusst schwierig und „künstlerisch“ sein und bleibt mir daher zu distanziert. Und abgesehen davon ist es einfach nicht meine Duftrichtung. Ist aber nicht schlimm, bin sonst soweit ganz gut versorgt.
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