Vrabec
10.05.2021 - 11:00 Uhr
16
Sehr hilfreiche Rezension
8
Preis
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft

Ach, Amsterdam

Es war warm und laut in den Straßen, du schlendertest durch die Gassen, abseits der drängelnden Touristen. Der Cannabisgeruch und der Lärm an den Kanälen bereitete dir Kopfschmerzen und so lenkte dich dein Weg fast fluchtartig in die schmalen Straßen, wo er quasi nicht mehr vorhanden war. Dir stand der Sinn nach einem Coffeeshop in dem Kaffee auch wirklich im Vordergrund steht. Müde lächelnd schüttelst du den Kopf. Ach, Amsterdam. Eine Stadt, die so anders ist, dass man sie lieben muss. Aber sie strengt auch an.
Dein Blick fällt auf eine Holzverkleidete Fassade, mit der schnörkeligen Aufschrift "SM Café", wobei du dir über die Buchstaben "SM" keine Gedanken machst - wohl die Initialien des Inhabers. (Du naiver Vollidiot)
Du trittst über die Schwelle und vor dir öffnet sich ein abgedunkelter Raum, von innen ebenfalls mit edlem Holz vertäfelt. Beruhigt stellst du fest, dass hier nur wohl nur hin und wieder Zigarren geraucht werden.
Die um die kleinen Tische stehenden Sessel sowie die Barhocker sind lederbezogen, glatt poliert von Jahrzehnten voller über sie rutschender Hintern. Du entscheidest dich für die Theke, hinter der eine gewisse Unordnung herscht. Krümmel von gemahlenem Kaffee liegen in den Ecken, der Duft des ölig schmierigen Feinstaubs, der sich in Mahlwerken findet, die oft benutzt und selten gereinigz werden, liegt in der Luft. Die Tür vom Nebenzimmer fliegt auf, ein Barrista richtet hektisch seine schief hängende Krawatte, wischt sich im Lauf den Schweiß von der Stirn und kaschiert mit seinem Kragen geschickt einen Striemen an seinem Hals. Er duftet nach Lavendel. Du starrst ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an, wärend er dir,zugegeben gekonnt, deinen Espresso doppio bereitet. Kirsche. Du hast die Domina nicht kommen hören, die plötzlich verrucht lächelnd neben dir steht. Ihr Lederkostüm zieht sich hauteng über den eleganten Körper und lässt dabei die intimsten Stellen frei. Als du nach Luft schnappst, schiebt ihre Zunge dir schon einen Mon Chéri in den Mund, wärend sich ihre Krallen unter dein Hemd in deinen Rücken Graben. Der Feste Griff an deinem Oberschenkel blockiert deinen Fluchtversuch und drückt dich fest auf den Barhocker. "Bitte! Ich will doch nur mein Kaffee trinken!" jappst du in die Luft aus Leder, Kirsche und Röstaromen.
"Wirklich? Sowas haben wir hier selten" schmunzelt die Dame in Leder. Sie schwebt zurück ins Nebenzimmer und mit ihr diese anrüchige Kirsche. Der Barrista serviert dir deinen Espresso und zwinkert dir zu. "Ah, Tom, du wieder hier!" Widmet er sich seinem nächsten Kunden. In der Tür steht Tom Ford, welcher sich sichtlich ertappt von meinen Blicken fühlt. Nach kurzem überlegen setzt er sich zu dir an die Bar, rutscht nervös auf seinem Hocker herum und bestellt sich seinen Alibi- Kaffee (als wäre er nur zum Kaffee trinken hier). Er trägt Tuscan Leather, scheint nach ein paar Minuten seine Selbsicherheit zurück gewonnen zu haben und begibt sich wie beiläufig in das Nebenzimmer, sein Duft nimmt er mit, Gott sei Dank.

Du sitzt schweigend an der Bar, genießt dein Espresso. Der Barrista, der dich dabei schon die ganze Zeit zu beobachten scheint kommt nun doch herrüber, beugt sich vor, erst jetzt nimmst du den Geruch von Patchouli wahr. Seine Halsschlagader pulsiert unter seinem Kragen.
"Ganz sicher? " raunt er dir zu.
"Ganz sicher." Erwiederst du. Innerlich musst du lachen.
Ach, Amsterdam.
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