Collectible PHI - Une Rose de Kandahar 2013

Sisyphos
03.03.2021 - 11:43 Uhr
23
Top Rezension
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft

Bitter Sweet Symphony

Wie schön die Zutat Rose in einem Parfum ist, in welcher Ausprägung auch immer, wurde mir vor vielen Jahren das erste Mal so richtig bewusst, als ich Zino von Davidoff kennenlernte (die Version mit kursiver Schrift vor der Verwässerung). Es gibt durchaus Parallelen zu Phi – Une Rose de Kandahar. Beide teilen sich das Würzig-Orientalische. Es gibt jedoch auch markante Unterschiede. Phi ist spürbar fruchtiger und floraler, insgesamt süßer, weniger holzig als Zino. Gleichwohl kontrastier Phi die blumige Süße mit einem dunklen, sehr öligen, leicht bitteren und pikanten Ton. Dieses Rosenöl-artige ist besonders bezeichnend. Es hat beinahe etwas Medizinisches zu Beginn, ohne scharf zu wirken. Eine famose Bitter Sweet Symphony.

Ein Bogen kann auch zu Lumière Noire pour Homme von MFK gespannt werden. Dieser ist gewiss heller, transparenter als Phi und in seiner Makellosigkeit auch abstrakter. LpH ist im Ganzen frischer. Phi wiederum sinnlicher. Der Duft macht keinen Hehl daraus, die Aprikosenfrucht und das Marzipan mitten ins Zentrum zu stellen. Aber nur, um beide Komponenten von frischem, dunkelwürzigen Tabak einzufangen. Hier könnten sich all jene angesprochen fühlen, die etwas mit Tobacco Vanille von Tom Ford anfangen können. Phi besitzen interessanterweise mehr Männer als Frauen auf parfumo (Stand: 03.03.2021). Bezogen auf das Votum Zielgruppe liegen die Frauen prozentual vorn. Das spiegelt eine mögliche geschlechtsspezifische Kategorisierung (für die, die es zur Orientierung als einen Aspekt heranziehen möchten) von Phi gut wider. Er ist unisex, bleibt ambivalent, entzieht sich einer Sortierung ein wenig. Ich mag das ungemein.

Phi ist ein Frühling-, Herbst- und Winterduft. Und eine Schlafgeh-Duft. Daher sind auch Bezüge zu Oud Satin Mood von MFK aus meiner Sicht möglich, wenngleich in Phi kein Oud enthalten ist. Der Ausklang ist wunderbar weich, warm und harmonisch. Hier leisten Moschus, Tonka und Ambra ganze Arbeit, fixieren fest. Allerding ist das nicht übermäßig wuchtig, wie man zunächst vermuten könnte. Projektion und Haltbarkeit sind zweifellos gut, aber im Ganzen wirkt Phi auf mich nicht überladen. Gewiss wird man eine Offenheit für Liebliches und Gourmandiges voraussetzen müssen. Die Klippe der Schwülstigkeit wird dann letztlich gekonnt umschifft. Was eine Kategorisierung von Phi anbelangt, so finde ich zudem, dass der Duft retro und progressiv zugleich ist. Er ist aus meiner Sicht tatsächlich so unique, dass ich ihn mir an einer älteren Frau und einem jüngeren Mann gleichermaßen vorstellen kann. Phi ist ein Parfum, das besonders durch den Träger/die Trägerin zu leben scheint. Ich finde das post-post-modern. Und zum Reinlegen.
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