08.09.2012 - 12:19 Uhr
Palonera
467 Rezensionen
Palonera
Sehr hilfreiche Rezension
6
Chill out in Großvaters Ohrensessel
Bücher waren meine erste große Liebe.
Ich sehe mich noch als Dreikäsehoch auf dem Schoß meiner Großmutter sitzen und ihrer Stimme lauschen, die mir Geschichten aus den Büchern erzählte, die aufgeschlagen auf meinen Knien lagen und wunderschöne Bilder enthielten, die mein frühestes Kopfkino inspirierten.
Ich liebte den etwas staubigen, holzigen und zugleich irgendwie farbigen Geruch der Bücher, das Rascheln der Seiten beim Umblättern, die phantastischen Welten, in die sie mich aus dem kleinen Universum meiner drei oder vier Jahre heraus eintreten ließen.
Jedes meiner Bücher roch anders, jedes schien seinen eigenen Charakter zu haben, manche hielt ich beim Einschlafen im Arm anstelle eines Kuscheltiers.
Jahre später verbrachte ich einen großen Teil meiner Kindheit und Jugend in der örtlichen Stadtbibliothek – Computer standen allenfalls in großen Firmen, das Internet war Science fiction, all mein Wissen und all meine Bildung bezog ich aus Büchern.
Abertausende waren es um mich herum, Hunderte von ihnen habe ich in meinen ersten zwanzig Jahren verschlungen, unauslöschlich eingebrannt hat sich in mein Gedächtnis der leicht muffige, fast schon stickige Duft der Bücher in ihren alten Holzregalen.
Jahrzehnte später steht vor mir ein kleines Fläschchen "Ex Libris".
Sollte sich darin tatsächlich die Essenz all jener Bücher, jener Geschichten, jener Stimmungen und Emotionen befinden, die mich über so viele Jahre hinweg begleitet, begeistert, bereichert und mitunter fast zu Tode betrübt haben?!
Sollte es möglich sein, zwei große Lieben zu einer einzigen zu verbinden?
Gespannt starte ich in dieses Experiment...
Feige.
Holzige, herbe, maskuline und ein wenig strenge Feige in einem kühl-luftigen Umhang aus zitrischen Noten, die schnell grün und immer grüner werden und einen milchigen Unterton bekommen.
Keine Ahnung, was mit diesem Auftakt bezweckt werden soll, denn die hier zum Ausdruck gebrachte Maskulinität entpuppt sich allzu bald als Imponiergehabe, hinter dem die eigentliche Natur des Parfums zum Vorschein kommt.
Vielleicht reift sie auch nur im Eilverfahren heran, unsere Feige, wird süßer und weicher, fruchtiger und appetitlicher – in jedem Fall gewinnt sie von Minute zu Minute mehr weibliche Facetten, ohne daß "Ex Libris" in diesem Stadium für einen Mann uninteressant oder gar untragbar würde.
Diese Feige präsentiert sich geschlechtsneutral, dürfte jedoch für all jene feigenliebenden Nasen schmeichelhafter sein, denen "Premier Figuier" zu holzig und spröde und "Ciel d'Airain" etwas zu unbestimmt in der Ausrichtung erscheint.
Nun gilt "Ciel d'Airain" zwar nicht als Feigenduft bzw. ist keine Feige gelistet, doch die olfaktorische Verwandtschaft läßt sich im direkten Vergleich schwerlich leugnen.
Unsere "Bücher-Feige" bleibt derweil über Stunden hinweg eindeutig als mäßig süße Frucht erkennbar, schattig-grün und noch immer von zitrischen Schlieren umschwebt.
Unmerklich verstärken sich süßlich-blumige Komponenten, tritt die Feige in den Hintergrund, bis sie nahezu verschluckt ist und ein sanfter, sauberer Hautduft zurückbleibt, der mit den Eingangsakkorden kaum noch Ähnlichkeit aufweist.
Tatsächlich habe ich nach gut sechs Stunden den Eindruck, einen völlig anderen Duft zu tragen als jenen, von dem ich doch ganz sicher weiß, daß ich ihn aufgesprüht habe.
Selten habe ich einen derart großen Unterschied zwischen Kopf/Herz und Basis eines Duftes wahrgenommen wie hier.
An dieser Basis ist nichts mehr maskulin, nicht einmal androgyn – women only, please.
"Ex Libris" ist ein in jedem Stadium sehr angenehmer, unaufgeregter Duft, weniger für Events als vielmehr zum introvertierten Chill-out – gern in Großvaters altem, bequemem Ohrensessel am weit geöffneten Fenster, zu dem ein leichter Wind den Duft der Feigenbäume von draußen hereinträgt, während im hereinfallenden Sonnenlicht die Staubkörner tanzen.
Und auf dem Schoß liegt noch unaufgeschlagen ein dicker Wälzer.
Mein kleines Paradies.
Ich sehe mich noch als Dreikäsehoch auf dem Schoß meiner Großmutter sitzen und ihrer Stimme lauschen, die mir Geschichten aus den Büchern erzählte, die aufgeschlagen auf meinen Knien lagen und wunderschöne Bilder enthielten, die mein frühestes Kopfkino inspirierten.
Ich liebte den etwas staubigen, holzigen und zugleich irgendwie farbigen Geruch der Bücher, das Rascheln der Seiten beim Umblättern, die phantastischen Welten, in die sie mich aus dem kleinen Universum meiner drei oder vier Jahre heraus eintreten ließen.
Jedes meiner Bücher roch anders, jedes schien seinen eigenen Charakter zu haben, manche hielt ich beim Einschlafen im Arm anstelle eines Kuscheltiers.
Jahre später verbrachte ich einen großen Teil meiner Kindheit und Jugend in der örtlichen Stadtbibliothek – Computer standen allenfalls in großen Firmen, das Internet war Science fiction, all mein Wissen und all meine Bildung bezog ich aus Büchern.
Abertausende waren es um mich herum, Hunderte von ihnen habe ich in meinen ersten zwanzig Jahren verschlungen, unauslöschlich eingebrannt hat sich in mein Gedächtnis der leicht muffige, fast schon stickige Duft der Bücher in ihren alten Holzregalen.
Jahrzehnte später steht vor mir ein kleines Fläschchen "Ex Libris".
Sollte sich darin tatsächlich die Essenz all jener Bücher, jener Geschichten, jener Stimmungen und Emotionen befinden, die mich über so viele Jahre hinweg begleitet, begeistert, bereichert und mitunter fast zu Tode betrübt haben?!
Sollte es möglich sein, zwei große Lieben zu einer einzigen zu verbinden?
Gespannt starte ich in dieses Experiment...
Feige.
Holzige, herbe, maskuline und ein wenig strenge Feige in einem kühl-luftigen Umhang aus zitrischen Noten, die schnell grün und immer grüner werden und einen milchigen Unterton bekommen.
Keine Ahnung, was mit diesem Auftakt bezweckt werden soll, denn die hier zum Ausdruck gebrachte Maskulinität entpuppt sich allzu bald als Imponiergehabe, hinter dem die eigentliche Natur des Parfums zum Vorschein kommt.
Vielleicht reift sie auch nur im Eilverfahren heran, unsere Feige, wird süßer und weicher, fruchtiger und appetitlicher – in jedem Fall gewinnt sie von Minute zu Minute mehr weibliche Facetten, ohne daß "Ex Libris" in diesem Stadium für einen Mann uninteressant oder gar untragbar würde.
Diese Feige präsentiert sich geschlechtsneutral, dürfte jedoch für all jene feigenliebenden Nasen schmeichelhafter sein, denen "Premier Figuier" zu holzig und spröde und "Ciel d'Airain" etwas zu unbestimmt in der Ausrichtung erscheint.
Nun gilt "Ciel d'Airain" zwar nicht als Feigenduft bzw. ist keine Feige gelistet, doch die olfaktorische Verwandtschaft läßt sich im direkten Vergleich schwerlich leugnen.
Unsere "Bücher-Feige" bleibt derweil über Stunden hinweg eindeutig als mäßig süße Frucht erkennbar, schattig-grün und noch immer von zitrischen Schlieren umschwebt.
Unmerklich verstärken sich süßlich-blumige Komponenten, tritt die Feige in den Hintergrund, bis sie nahezu verschluckt ist und ein sanfter, sauberer Hautduft zurückbleibt, der mit den Eingangsakkorden kaum noch Ähnlichkeit aufweist.
Tatsächlich habe ich nach gut sechs Stunden den Eindruck, einen völlig anderen Duft zu tragen als jenen, von dem ich doch ganz sicher weiß, daß ich ihn aufgesprüht habe.
Selten habe ich einen derart großen Unterschied zwischen Kopf/Herz und Basis eines Duftes wahrgenommen wie hier.
An dieser Basis ist nichts mehr maskulin, nicht einmal androgyn – women only, please.
"Ex Libris" ist ein in jedem Stadium sehr angenehmer, unaufgeregter Duft, weniger für Events als vielmehr zum introvertierten Chill-out – gern in Großvaters altem, bequemem Ohrensessel am weit geöffneten Fenster, zu dem ein leichter Wind den Duft der Feigenbäume von draußen hereinträgt, während im hereinfallenden Sonnenlicht die Staubkörner tanzen.
Und auf dem Schoß liegt noch unaufgeschlagen ein dicker Wälzer.
Mein kleines Paradies.
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