Bois Rouge 2007

loewenherz
12.06.2018 - 16:00 Uhr
19
Top Rezension
7.5
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft

Ombra mai fù

So lautet der Name der wohl berühmtesten Arie des Barock, aus der Oper Xerxes von Georg Friedrich Händel. 'Ombra mai fù...' heißt auf deutsch etwa: 'Nie war der Schatten...', und weiter geht es: '...einer Pflanze lieblicher und angenehmer, süßer.' ('...di vegetabile cara ed amabile soave più.') Besungenes Objekt der Arie ist die Platane, die den Menschen in Xerxes' Heimat Persien als heilig galt - deren Schatten so lieblich, süß und angenehm ist.

Ombra mai fù ist tändelnd und hinschmelzend - und doch aus gegenwärtiger Warte (selbst für fortgeschrittene Opernaficionados) nicht einfach zu hören. Denn gesungen wird sie von einem Männersopran - zu Händels Zeit tatsächlich von Kastraten, heute von Countertenören - und wer einmal einen Liederabend mit männlichen Sängern begleitet hat, die Oberstimme singen, weiß, wie ungewohnt das bei aller technischer Meisterschaft doch ist.

Dass 'nie ein Schatten lieblicher und angenehmer, süßer' gewesen wäre als jener dieser roten Hölzer (von denen verblüffend wenige in seinen Ingredienzen gelistet sind), wäre wohl übertrieben. Dennoch ist Tom Fords Bois Rouge - der vielleicht unbekannteste unter den inzwischen ja so zahlreichen Private Blends - Händels berühmter Arie wesensverwandt: tändelnd und hinschmelzend und doch selbst für geschulte Nasen herausfordernd und fremd.

Bois Rouge ist seltsamerweise kein Holzduft. Und dann doch einer. Er verblendet eine liebliche und süßliche, sehr feminin anmutende Blumigkeit - Maiglöckchen und Jasmin - mit einer ernsten, maskulinen Waldigkeit, bitter und spröde wie gegerbte Haut - raumgreifend und voluminös. Als sänge ein großer, muskulöser Mann in persischem Kriegsharnisch mit tändelndem Sopran hingebungsvoll von der Anmut und Schönheit des Schattens der Platane.

Fazit: in meinem Kommentar zu Purple Patchouli habe ich den die Blaue Mauritius unter den Tom Ford Private Blends genannt. Hier ist die Rote.
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