Noir (Eau de Parfum) von Tom Ford

Noir 2012 Eau de Parfum

KnowThis30
03.05.2020 - 08:03 Uhr
13
Sehr hilfreiche Rezension
9.5Duft 8Haltbarkeit 8Sillage 8Flakon

Der nächtliche Schatten

Intention:
Noir...das Dunkle, das Schwarze und die Nacht...je nach aktueller Verfassung und Lage vielleicht auch noch der Abgrund, sind Wörter, die gerne für Düfte mit diesem Etikett herangezogen werden.
Sicherlich nicht grundlegend falsch für dieses Werk aus dem Hause Tom Ford, doch würde es der tatsächlichen Tiefe - welche nämlich nicht weit bzw. genau passend hinabreicht - nicht gerecht werden. Denn denke ich an wirklich "dunkle" Düfte, so fällt mir - ebenfalls von Tom Ford - Noir de Noir oder die Encre-Reihe (nicht alle) von Lalique ein. Ja, der Flakon mag es vermuten lassen, doch "Noir" ist hell genug für den alltäglichen Einsatz, das kleine, Schatten spendende Licht im nächtlichen Raum.

Verwandschaft:
Klären wir vorweg: Nein, "Noir" besitzt beinahe mit keinem seiner Namensvetter aus der "Noir"-Reihe eine Ähnlichkeit! Während "Noir Extreme" ein süßlicher Gourmand ist und "Noir Anthracite" einen eher holzigen Einschlag verfolgt, ähnelt lediglich das "Noir EdT" dem originalen EdP ansatzweise. Anders als beim EdP, reduziert das EdT seine floralen Noten und setzt stattdessen auf zitrische und minzige Komponenten. Ein gleichwertiger Duft mit einer einem Eau de Parfum gegenüber relevanten finazieller Ersparniss? Nein! Wie auch der Flakon suggeriert, ist es eine eher frischere Variante für alle, denen das EdP "zuviel" ist.

Duft:
Wonach aber riecht "Noir" denn nun? Tja, vorweg sei gesagt, dass ich wie bei noch keinem anderen meiner Düfte erleben durfte, wie unterschiedlich Tester in meiner Umgebung "Noir" wahrgenommen haben! Von "leicht süßlich" zu "ich finde den Geruch nach Leder schön" über "riecht irgendwie altbacken" gab es beinahe alles zu hören, weshalb ich hier bei meiner eigenen Wahrnehmung bleiben werde.
Während in der Kopfnote insbesondere das Veilchen mit einem Spritzer Frische durch die eingesetzte Bergamotte regiert, wird die Basis aus der für Tom Ford-Düfte üblichen Kombination aus Komponenten wie Amber, Vanille und Patchouli kreiert und bildet eine angenehm süßliche, aber auch raue - hier hilft insbesondere das/der Vetiver, Leder und Styrax - Basis.
Das Veilchen kann insbesondere bei jüngeren Nasen für das Gefühl des Zahns der Zeit sorgen, während die für dieses Haus gern genutzte Basis bei Fans und Enthusiasten nicht unbedingt für Freudensprünge sorgen wird.
Dabei ist es die Herznote, die diesen Duft für mich so besonders macht!
Die Rosengeranie, die Iris und die bulgarische Rose sind es, die für meine Nase den größten und langlebigsten Akkord in dieser Duftkreation spielen dürfen, zumal dieser sich für einen Bruchteil der Lebensdauer auch noch mit in die Basisnote einschleichen darf.
Wäre ich gezwungen "Tom Ford Noir" mit so wenig Worten wie möglich beschreiben, es wären: "Edel" und "Floral"!

Sillage und Haltbarkeit:
Machen wir es kurz!? Sillage und Haltbarkeit sind gut! Nur gut? Ja, tatsächlich "nur" gut! Innerhalb seiner Duftreihe ist es - auf meiner Haut - "Noir Extreme", welcher die längste Haltbarkeit vorlegen kann. Dennoch leistet "Noir" einiges mehr als das EdT und "Noir Anthracite" es können!
Zwar vermag das EdT in der Kopfnote gerade aufgrund der zitrischen Komponenten stärker auszustrahlen, jedoch schwächelt es in der Herznote im Vergleich zum EdP doch sehr!
Und das "Anthracite"? Lassen wir es, okay!? Ein schöner Duft, der auf meiner Haut jedoch leider in keiner Kategorie stärker hervortritt.
In Zeitangaben zusammengefasst sprechen wir über ungefähr 15 Minuten für die Kopfnote, circa 2,5 bis 3,5 Stunden für die Herznote und weitere circa 4 Stunden in der Basis - insgesamt also ein Vergnügen von rund 7 bis 8 Stunden.

Einsatz:
Bei den Möglichkeiten zur Nutzung sollte man sich vom Flakon nicht täuschen lassen. Gerne auch für die Arbeit verwendet, schaffte es "Noir" noch keinem negativ aufzufallen. Aufzufallen im generellen hingegen, schafft dieser
Duft wunderbar! Modern genug für die heutige Zeit bewahrt sich dieser Duft dennoch genügend Eigenschaften der letzten Jahrzehnte und vermag es zwischen den - gefühlt bald nur noch erscheinenden - aquatischen und "blauen" Düften hindurch zu gucken!
Für den Sommer bzw. wärmere Monate sei gesagt: kein Problem! Zumindest wenn man die Zahl der Sprühstöße reduziert, da insbesondere die Herznote mit ihren floralen Komponenten doch ein wenig unterschiedlich auf die Temperatur und die schwitzende Haut reagiert. Nicht unangenehm oder schlecht, sondern einfach nur ein wenig anders!

Flakon:
Über den Flakon darf man gerne geteilter Meinung sein! Auch wenn der Duft nicht so dunkel ist wie eingangs erwähnt, so verkauft der Flakon mit seinem dunklen Glas und Deckel diese Intention doch hervorragend. Die Beschriftung - sowohl auf dem Flakon, als auch in Initialen auf dem dem Deckel - sind zwar gut zu erkennen und zu lesen, stechen jedoch nicht störend aus dem Gesamtbild heraus.
Der Sprühkopf verrichtet seinen Dienst - mehr ist hier kaum zu erwähnen. Er tut was er soll, ist jedoch meilenweit jenen der Marke Dior oder Chanel unterlegen.
Und über den Deckel mag man halten was man möchte: denn während der Flakon wertig und stabil daherkommt, besteht der geriffelte Deckel aus einfachsten Kunststoff und suggeriert schon durch das leichte Gewicht seine fehlende Wertigkeit. In wie weit man allerdings einen Duft anhand des Flakons bewerten möchte, soll jeder für sich selbst entscheiden. Hier wäre sicherlich mehr drin gewesen, was sich jedoch auch direkt auf den Preis niedergeschlagen hätte.

Preis:
Preislich rangiert "Noir" - mittlerweile - in einer annehmbaren Kategorie für Designerdüfte. Vertreten in der hauseigenen Signature-Linie und mit mittlerweile bald acht Jahren auf dem Buckel, mag "Noir" im Geschäft vor Ort zwar noch immer gerne 80 bis 90 € für 50 ml kosten, doch lässt er sich aufgrund seines "Alters" für sehr viel weniger Geld bei einem Online-Discounter ergattern. Ohne Gewährleistung aber dennoch zur Orientierung: meinen zweiten Flakon konnte ich für 54,90 € incl. Versand erstehen!

Ein besonderer Dank:
Wenn auch sie es vermutlich niemals lesen wird, so möchte ich dennoch einen kleinen Dank an die kompetente Fachverkäuferin (welche mittlerweile wohl wohlverdient ihre Rente genießen darf) aussprechen, die mir diesen Duft nahelegte. Amüsanterweise mit "Habit Rouge" von Guerlain als Geschenk an der Kasse stehend - es war kurz nach Ladenöffnungszeit an einem tristen Tag mit ohnehin schon wenig Publikumsverkehr - ging sie kurzerhand nach hinten ins Lager und holte einen Tester von "Tom Ford Noir" hervor. Sie erklärte mir, der Duft habe sich bislang nicht so gut verkauft, weshalb er nun im Lager sein Dasein fristen und einem anderen Duft den Platz im Regal freiräumen sollte.
So verließ ich den Laden noch immer mit "Habit Rouge" als Geschenk unterm Arm und einem halbvollen 50ml-Testflakon von "Noir" zu einem symbolischen Preis von ein paar Euro.
5 Antworten
CarpinteroCarpintero vor 5 Jahren
So ein wundervoller Kommentar. Du hast meinen allergrössten Respekt für diese Meisterleistung!
7TMGolf7TMGolf vor 5 Jahren
Wow, der Kommantar hat schon was akademisches an sich, Respekt für die Aufarbeitung!
ChevalierChevalier vor 5 Jahren
2
Danke für diesen Kommentar. Dieser sollte als Beispiel genommen werden für: Wie schreibe ich denn einen aussagekräftigen Beitrag. Nachtschatten Auszeichnung.
SalvaSalva vor 5 Jahren
Super gut den Duft beschrieben! Und vllt hat ja die Verkäuferin den letzten Part auch gelesen :)
PollitaPollita vor 6 Jahren
Glück muss der Mensch haben! So entdeckt man oft die besten Düfte. Schöner Kommentar mit zahlreichen Details.